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Energiepolitik: Putin sei Dank

Published On: 29. Juli 2022 9:10

Rainer Stadler /  Der Kreml-Chef ist ein gefährlicher Despot. Doch energiepolitisch könnte er unbeabsichtigt zu einem Retter werden.

Klar, der Herr in Moskau ist ein Aggressor und ein Freund der europäischen Faschisten. Man muss ihn deswegen in die Schranken weisen. Putins Krieg gegen die Ukraine ist fürchterlich. Doch Geopolitik ist hier nicht das Thema. Sondern die Energiefrage. Der russische Angriff treibt auch unser Versorgungssystem in die Krise, einerseits wegen der westlichen Boykottmassnahmen, anderseits wegen der mehr oder weniger kaschierten Drohung des Kremls, den Gashahn zuzudrehen. Seither herrscht in Europa latente Panik, was die Schlagzeilen der Medien und die Äusserungen von Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft manifest machen. Müssen wir im kommenden Winter – wie unsere Urahnen – mit Zipfelmütze ins Bett, weil mangels Gases laufend die Stromversorgung zusammenbricht?

Falls die Energiezufuhr aus dem Osten versiegt, wären die Auswirkungen dramatisch. Die Risiken für die Konjunktur, die Industrie, die Arbeitsplätze, den gewohnten Wohlstand und die allgemeine Versorgung mit Gütern – auch auf Grund von negativen Kettenreaktionen – kann man unmöglich unterschätzen. Vom Schreibtisch aus und in der derzeitigen Sommerhitze mögen entsprechende Szenarien noch reichlich abstrakt wirken. Und der Vorwurf der Abgehobenheit wird schnell im Raum stehen, wenn man nun folgende Frage stellt: Hat die drohende Energiekrise nicht auch ihr Gutes?

Wer vertraut den internationalen Klima-Vereinbarungen?

Seit Jahren treffen sich die Staatschefs, um Vereinbarungen zur Reduktion des CO2-Ausstosses zu treffen. Dass diese Pläne nur annähernd umgesetzt würden, mag höchstens die Hoffnung von Gutgläubigen sein. Zu einfach lassen sich die klimatischen Folgen unseres Energiekonsums zerreden. Zu leicht kann man sich mit relativierenden Einwänden herausreden, weil der letzte und nicht mehr zu widerlegende Beweis noch fehlt. Zu schwach ist der politische und gesellschaftliche Wille, ein Problem zu bekämpfen, das bloss während ein paar heissen Sommertagen als wirklich dringlich wahrgenommen wird.

Auch der gutgemeinte Versuch, mit verstärkter Klimaberichterstattung einen Gesinnungswechsel zu erzielen, wird nichts fruchten. Die sogenannten Earth Overshoot Days, die auf den übermässigen Energiekonsum aufmerksam machen sollen und hierzulande im Frühling mittlerweile zum Nachrichtenritual gehören, sind so schnell vergessen, wie sie deklariert wurden. Bloss wenige sind bereit, ohne Not ihre Gewohnheiten zu ändern und sich zu fragen, ob ein bisschen weniger nicht mehr wäre. Wer solches sagt, den kann man mit dem Argument, hier rede ja bloss ein Gesättigter, leicht zum Schweigen bringen.

Die altbürgerliche Tugend des sparsamen Lebens hat in den Boomjahren einen schlechten Ruf bekommen. Es ist paradox: Ausgerechnet die Skeptiker, die sich dem konservativen Lager zuordnen, verspotten die asketische Moral der Retter des Weltklimas. Entsprechend wächst der Energiekonsum – trotz dem technischen Fortschritt, der die Energieeffizienz stark verbesserte. Der monatliche Wochenendflug nach London und der Erwerb eines fettleibigen Autos scheinen zum Menschenrecht zu gehören.

Not schafft Chancen

Schaut man sich im Alltag um, kommt man unweigerlich zum Schluss: Es gäbe zahlreiche Möglichkeiten, den Energiekonsum zu drosseln, ohne dass deswegen unser Komfort wesentlich leiden müsste. Wir verschleudern die Ressourcen, weil wir uns das leisten können: sei es im Verkehr, bei den Lebensmitteln oder den Kleidungsstücken, die höchstens eine Saison lang im Gebrauch sind. Eine politische Diskussion, was zulässig sein soll, hat ihre Tücken und birgt die Gefahr diktatorischer Eingriffe. Wenn jedoch die Energie knapp beziehungsweise sehr teuer wird, können wir dem unangenehmen Thema nicht mehr ausweichen. Erst in einer unmittelbar drohenden Not ist man bereit, harte Fragen zu stellen; erst dann wird der Raum frei für Ideen, auf die man vorher nicht gekommen wäre. Das ist schmerzhaft, schafft aber – um es so banal wie fundamental zu sagen – Chancen. Wenn die Umstellung gelungen ist, wird es uns nachher besser gehen – auch den folgenden Generationen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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