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Es stinkt nach verbranntem Zuckerguss

Published On: 2. August 2022 12:00

Von Oliver Lang.

„Es bricht mir das Herz, die Sächsische Schweiz so zu sehen“, gibt Sachsens Ministerpräsident nach einem Besuch in der gebeutelten Brandregion zum Besten. Da fragt man sich unwillkürlich, wo ist der Mann seit 2018 gewesen als sich im Nationalpark die mausetoten Fichten unübersehbar zu stapeln begannen, ganze Waldareale zu hölzernen Skelettparks mutierten? Man konnte schon damals die sich anbahnende Katastrophe mit Händen greifen.

Vielleicht hat man zu sehr auf Leute wie Hanspeter Mayr gehört, der auch noch im Angesicht der Feuerwalze unbeirrt die feste Ansicht vertritt, die massenhaften Ablagerungen furztrockenen Reisigs und toter Fichtenstämme im gesamten Nationalpark hätten „die Ausbreitung der Brände nicht beschleunigt, schließlich stünden ja auch Buchenwälder mit vitalen Bäumen voller Saft in Flammen“, so der Sprecher der Nationalparkverwaltung gegenüber SZ.

Im übrigen „habe man sich auf solche Gefahren bei Brandschutzkonzepten mit der Feuerwehr vorbereitet.“ Ob das Verbarrikadieren von Waldwegen mit Totholz Teil dieser Konzepte war, wissen wir natürlich nicht. Jedenfalls scheint das, was immer die Nationalparkverwaltung zusammen mit welcher Feuerwehr auch immer vorbereitet hat, gemessen an der Wirklichkeit krachend gescheitert zu sein. Oder, um im Bild zu bleiben, in schier endlosen Rauchsäulen aufgegangen zu sein.

Ebenfalls in Rauch aufgegangen sein dürften im Zuge dieses Natur-Natur-sein-lassen-Luxus-Experiments Abermillionen Steuerzahler-Euro. Unter der Überschrift „Teure Hubschrauber von Polizei und Bundeswehr“ schrieb das Feuerwehrmagazin vor nicht allzu langer Zeit: „Die Kosten für einen Flugeinsatz betragen etwa zwischen 4.000 und 23.000 Euro. Pro Flugstunde wohlgemerkt und je nach Modell beziehungsweise Größe.“ 12 Stück sind aktuell ununterbrochen im Einsatz.

Zu den Kosten der Flüge addieren sich viele weitere horrende Beträge, die im Einzelnen vermutlich noch gar nicht erfassbar sind. Den Wert des verbrannten Waldes, der vernichteten Natur, über den rein theoretisch wirtschaftlichen Schaden hinaus in Zahlen zu fassen, dürfte schier unmöglich sein. Zu diesen und den unmittelbaren Kosten der Brandbekämpfung durch die Wehren kommen noch die Ausfälle der für die Region überlebenswichtigen Tourismusbranche obendrauf.

Der hatte die Untere Forstbehörde des Landratsamtes mit dem generellen Waldbetretungsverbot bis hoch auf den Kamm des Erzgebirges (gibt es in Tschechien bis auf die unmittelbaren Brandgebiete bis heute nicht) noch ein besonderes Bonbon mitgegeben. So sieht das dann wohl aus, wenn der Landrat nach dem um fast drei Tage verschlafenen Katastrophenalarm Aktionismus vortäuschen möchte. Dass sich eine solche anbahnte, das hätte man nach dem bereits von Beginn an verheerenden Brand am Prebischtor wissen müssen.

All das und vieles mehr wird aber bereits wieder zugekleistert mit einem nicht enden wollenden Zuckerguss aus Solidaritätsadressen und „Gemeinsam-schaffen-wir-das-Parolen“ der Politik. Ganz deutlich und unmissverständlich: Denjenigen, die da seit vielen Tagen an vorderster Front in Staub, Dreck, Glut, Rauch und Flammenwänden ihr Leben riskieren, gehört tatsächlich und ohne jede Einschränkung unser Dank. Ebenso wie denen, die sich dahinter um die Logistik kümmern.

Heimat aus dem Hubschrauber

Es gibt aber eine andere Seite. Und was da zwingend auf den Tisch gehört, ist die Verantwortung derer, die solch eine Situation herbeigeführt, gefördert, verschlimmert, verschlafen oder was auch immer in dieser Art dazu beigetragen haben. Zur Tagesordnung überzugehen, wie es Kretschmer versucht, kann nicht der Weg sein: „Wir haben hier so viele freiwillige Helfer, Feuerwehren aus ganz Sachsen. Schön, das zu sehen, wir kämpfen zusammen, das ist unsere Heimat“.

Wenn du also was sehen willst von der Heimat, dann steig in einen Hubschrauber. Genau das haben sich möglicherweise Verteidigungsministerin Lambrecht (SPD) (die auf Sylt gute Erfahrungen damit sammelte) und Kretschmer gedacht. „Für beide stand am Montagnachmittag ein Hubschrauberflug auf dem Programm“, wie die SZ uns wissen lässt. Sachsens Neu-Innenminister und ehemaliger oberster Katastrophenschützer Deutschlands, Armin Schuster (CDU), dagegen kennt sich mit Katastrophen wohl doch nicht so aus.

Es sei eine „völlig neue Herausforderung in dieser Dimension, Flächenbrände bekämpfen zu können. Sachsen müsse zusätzlich investieren. Die Konzepte stehen. Da braucht es mehr Material – wir werden mit 20 bis 30 Millionen Euro Zusatzinvestition arbeiten müssen für große Tanklöschzüge, für spezielle Einheiten in der Luft und am Boden.“ (MDR) Dabei könnte es sich in Summe locker um etwa den Betrag handeln, der sich gerade in der Sächsischen Schweiz in Asche verwandelt.

Schluss-Seufzer: Wenn wir nur endlich Politiker hätten, die über den Konzept-Status hinauskommen. Doch Deutschlands Auswahl, Beschaffung und In-Dienst-Stellung sowohl von leistungsfähiger Technik als auch geeignetem Personal ist inzwischen geradezu jämmerlich begrenzt, wie beinahe täglich leidvoll zu erleben ist. Wir können uns also sicher auf weitere Katastrophen einstellen. Zumindest das steht fest.

Oliver Lang lebt in Pirna und ist als freiberuflicher Medienberater/Pressetexter für verschiedene Kunden tätig.

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