ein-katalog-der-grausamkeitenEin Katalog der Grausamkeiten
cora-stephan:-die-stimme-der-provinz,-diesmal-aus-dem-sommerlochCora Stephan: Die Stimme der Provinz, diesmal aus dem Sommerloch
italien-im-sommerwahlkampf

Italien im Sommerwahlkampf

Published On: 4. August 2022 10:00

Wer hat Mario Draghi – politisch – umgebracht? Die Frage bleibt aktuell, weil die Linke ihre Antwort zum Wahlkampfthema macht.

Schaut man sich den Verlauf der Regierungskrise an, dann ist eigentlich klar: Es war ein Suizid! Die 5Stelle unter der Führung des ehemaligen Premierministers Conte hatten Draghi in einem Gesetzesverfahren die Unterstützung entzogen und waren faktisch aus der Regierung ausgeschieden. Forza Italia und Lega, Berlusconi und Salvini, haben daraufhin dem Ministerpräsidenten den Vorschlag gemacht, eine Regierung Draghi 2 zu bilden, in der die Gewichte hätten neu ausbalanciert werden müssen – eine politische Selbstverständlichkeit, zudem ein in Italien vielfach praktiziertes Verfahren. Aber einem Draghi stellt man keine Bedingungen, Supermario bestand auf der alten Konstellation und ging auf die inhaltlichen Wünsche des centrodestra in seiner Rede im Senat mit keinem Wort ein.  FI und Lega blieb, außer einem politischen Selbstmord, nichts anderes übrig, als sich zu enthalten, bzw. bei der Vertrauensabstimmung den Saal zu verlassen, um nicht direkt gegen Draghi stimmen zu müssen 

Die 5Stelle waren die ersten, die aus der Draghi-Mehrheit ausgeschert sind – aber die Legende vom unverantwortlichen Verhalten des centrodestra wird Wahlkampfthema bleiben. Ob damit für die Linke viel zu gewinnen ist, angesichts der deutlich gesunkenen Zustimmung für Draghi und seine Regierung…? Mit dem Dahinsiechen der Anti-Partei 5Stelle und dem Aufstieg der Fratelli di Italia, Giorgia Melonis FdI, haben sich in den letzten zwei Jahren die politischen Gewichte massiv verschoben, sodass die Mehrheit der Italiener mit Neuwahlen nach 4,5 Jahren einverstanden sein dürfte (Umfragen dazu sind mir nicht bekannt).

Zur wahlpolitischen Ausgangslage

In Umfragen liegen die Parteien des centrodestra, FI – Lega – FdI, ca. 15 Prozentpunkte vor dem centrosinistra, Partito democratico – 5Stelle – diverse Kleinparteien. Vor allem liegen sie auch politisch weit vorn. Die Rechte kann unideologisch die Themen aufgreifen, die Italien bewegen: irreguläre Migration, explodierende Lebenshaltungskosten, seit Jahren massiv steigende Energiepreise, ein wenig effizientes Steuersystem etc. 

Die Themen des centrosinistra sind Rassismus, Gender, ius soli (Staatsbürgerschaft für jeden in Italien Geborenen), Antifaschismus.

Politisch ist der centrodestra auch besser positioniert, weil FI – Lega – FdI anscheinend zu einer gewissen Geschlossenheit gefunden haben. In der Villa Berlusconis in Rom ist verabredet worden, ein gemeinsames Wahl- bzw. Regierungsprogramm vorzulegen. Zudem, und dies ist ein zentraler Punkt, den Ministerpräsidenten stellt im Fall einer Mehrheit des centrodestra die Partei, welche die meisten Stimmen erhält. Gegenwärtig wäre das Giorgia Meloni. Ihre Umfragewerte haben allerdings sehr davon profitiert, dass ihre FdI die einzige Oppositionspartei war. Hingegen ist Salvinis Lega, um Regierungsfähigkeit und „Verantwortungsbewusstsein“ zu demonstrieren, vor allem in der Corona-Politik ständig Kompromisse eingegangen. 

Salvini kann jetzt frei agieren, und so können sich die Stimmenanteile innerhalb des Lagers noch erheblich verschieben – worauf er sicherlich spekuliert. Es wird sich zeigen, ob seine Maxime „uniti si vince“, vereint gewinnt man, im Wahlkampf tatsächlich gilt. 

Die wahlpolitische Lage für den centrosinistra ist aktuell ein Desaster: Der Vorsitzende des Partito democratico, Enrico Letta, phantasiert seit einigen Monaten von einem „campo largo“, einem „weiten Feld“ aller progressiven Parteien und geht gewissermaßen mit dem Käscher durch die politische Landschaft, um Parteien und Gruppierungen einzusammeln. Vornehmlich wären das die Reste der 5Stelle plus deren diverse Abspaltungen. Vorbild ist für Letta das linke Sammelbecken L’ulivo, das zwischen 1995 und 2007 die Basis einiger Regierungen war. Bisher ist nicht zu sehen, dass aus dem ersehnten „campo largo“ ein wirkungsvolles Wahlbündnis werden könnte. Der Pd ist die Partei des linksbürgerlichen städtischen Establishments, einst der Hauptgegner der 5Stelle. Alle übrigen Gruppierungen, die ideologisch infrage kämen, sind in der Formationsphase und zahlenmäßig unbedeutend.

Kampf gegen rechts?

Das „Anbräunen“ bzw. für Italien passender „anschwärzen“ vor allem der Giorgia Meloni in der italienischen und internationalen Presse hat begonnen. So erschien die linke Repubblica vor einigen Tagen mit einem Titelbild der Meloni und der Schlagzeile „Falange“, also der spanischen Variante des Faschismus. Direkt Fascista zu titeln, hat man sich wohl nicht getraut. In der deutschen Presse scheint die Kennzeichnung als „rechtsextrem“ mittlerweile verpflichtend zu sein.

Schon die von Staatspräsident Sergio Mattarella am 13. Februar 2021 eingesetzte Regierung Draghi hatte den politischen Sinn, Neuwahlen zu verhindern, in denen der centrodestra und vor allem Salvini eine gute Chance gehabt hätten. Der Hebel damals waren ca. 200 Mrd. Euro Hilfsgelder aus Brüssel, die der kompetente Technokrat Draghi effizient und quasi „unpolitisch“ einsetzen sollte. Wir werden sehen, welche Drohkulisse die Europäische  Kommission, möglicherweise in Kooperation mit der EZB, aufbaut, um das Brüsseler Imperium gegen die „sovranisti“, die mehr nationale Eigenständigkeit wollen, und gegen Rechts zu verteidigen.

Categories: AchgutTags: , , Daily Views: 1Total Views: 13
ein-katalog-der-grausamkeitenEin Katalog der Grausamkeiten
cora-stephan:-die-stimme-der-provinz,-diesmal-aus-dem-sommerlochCora Stephan: Die Stimme der Provinz, diesmal aus dem Sommerloch