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Sprachlupe: Diese Gerechtigkeit hat seinen Preis

Published On: 13. August 2022 9:29

Daniel Goldstein /  Mit der Endung «-innen» Frauen zu zeigen, ist leicht. Aber wo nötig ein anderes Femininum zu finden, scheint schwieriger.

Wer hätte das gedacht: Das generische Maskulinum breitet sich aus. Also der Sprachgebrauch, grammatikalisch männliche Formen zu verwenden, wenn Personen beliebigen Geschlechts gemeint sind. Da weibeln Verfechter einer sprachlichen Geschlechtergerechtigkeit seit Jahrzehnten und mit zunehmendem Erfolg dafür, immer auch die weibliche Form zu nennen, wenn weibliche Wesen ebenfalls betroffen sind. Und nun das: Sie müssen einen Rückschlag verzeichnen, wenn sie genau hinschauen. Nicht etwa wegen einer Gegenkampagne von Sprachmachos legt das Maskulinum zu, sondern wahrscheinlich aus Gedankenlosigkeit.

Die Erscheinung betrifft nicht die ganze «Front» der als ungerecht empfundenen Maskulina: All die Personenbezeichnungen, die von einer Tätigkeit abgeleitet auf «-er» enden, werden emsig mit «-innen» ergänzt, um dem damit markierten Geschlecht Sichtbarkeit zu verschaffen. Aber ausgerechnet dort, wo die weiblichen Formen eigenständig sind, also nicht mittels Anhängsel geschaffen, ausgerechnet dort geschieht ihnen Unrecht: beim Pronomen sein/ihr. Einige neuere Beispiele aus der Presse: Wo ein Mikrofon ist, macht Michael Fehr Kunst, die seinesgleichen sucht. – Eine möglichst artgerechte Haltung hat seinen Preis. – Im Dienste seiner Majestät, der britischen Königin … – Seinen Anfang nimmt die Geschichte im Herbst 2021. – Seinen Weg an die Öffentlichkeit findet diese Information aber erst letzte Woche. Überall sollte «ihr» statt «sein» stehen, und fast überall hatten, nebenbei gesagt, Autorinnen geschrieben.

Versehen oder Sprachwandel?

Was geht hier vor? Vielleicht hat man sich beim Schreiben einfach nicht überlegt, worauf sich «sein» jeweils bezieht, also: Kunst, Haltung, Geschichte, Information, Königin. Vielleicht aber ist in einigen Fällen eine durchaus gängige Sprachentwicklung am Werk: Ein Ausdruck erstarrt zur festen Wendung, hier etwa: seinen Preis haben, seinen Anfang nehmen, seinen Weg finden. Dass man in solchen Fällen zuweilen «sein» schreibt, ohne aufs Geschlecht des jeweiligen Worts Rücksicht zu nehmen, fiel schon vor Jahren einer aufmerksamen Korrektorin auf. Sie war es, die mich darauf hinwies und auch bereits vermutete, die Ausdrücke seien am Erstarren.

Aus sprachfeministischer Sicht wäre es also höchste Zeit, sich in diesem Fall für grammatikalische Korrektheit zu wehren und darauf zu beharren, dass auch von einem Mann gemachte Kunst nicht seinesgleichen sucht, sondern ihresgleichen, und dass man der Königin gibt, was ihrer Majestät gebührt. Das wäre jedenfalls sinnvoller, als mit weiblichen Wortformen ein Eigentor zu schiessen wie in folgendem Fall.

Eigentore mit und ohne Sport

Da wurde der spanischen Wirtschaftsministerin die Befürchtung in den Mund gelegt, «ein Anspruch auf zusätzliche Krankentage könnte Frauen bei der Jobsuche benachteiligen, weil Chefinnen eher einen Mann einstellen könnten, in der Hoffnung, dass bei ihm das Risiko für mögliche Fehltage geringer ist». Wahrscheinlich ist hier «jefes» übereifrig feminin übersetzt worden: Die Ministerin wird ja den Chefinnen kaum unterstellt haben, Frauen schlechter zu behandeln, als es Chefs tun.

A propos Eigentor: Zu Recht ist ausgiebig über die Fussball-Europameisterschaft der Frauen berichtet worden, und zu Recht stiess dabei die Etikette «Frauenfussball» auf Kritik. Meines Laienwissens gelten dort genau dieselben Regeln, wie wenn Männerfüsse den Ball treten, es gibt also nur die eine Sportart «Fussball». Schon eher könnte man von «Fraueneishockey» reden, nur geschieht dies weniger. Dabei sieht dort das Sportgeschehen ganz anders aus als bei den Männern, denn die Spielerinnen knallen einander nicht in die Bande, und so kann man auch als Laie einem flüssigen Spiel folgen, ohne sich über Knochen- und Unterbrüche zu ärgern.

Weiterführende Informationen

  • Indexeintrag «Geschlechter» in den «Sprachlupen»-Sammlungen, Abruf bei der Nationalbibliothek: tiny.cc/lupen1 bzw. /lupen2.
  • Stichwortsuche und Links funktionieren nur im heruntergeladenen PDF (linke Spalte, ganz unten) oder in der Online-Anzeige bei Issuu (issuu.com/sprachlust).

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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