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Niemand hat die Absicht, eine Planwirtschaft zu errichten

Published On: 17. September 2022 6:00

Ob ein Unternehmen, zum Beispiel bei der Energiegewinnung, sozial und ökologisch nützlich ist, das soll laut Ursula von der Leyen bald Sache von Apparatschiks sein und keine Frage der Wirtschaftlichkeit, der Nachfrage und des Bedarfs.

„Wenn ich durch die Straßen gehe,

und etwas Neues, Schönes sehe,

weis‘ ich stolz darauf:

Das hat mein Freund getan!

Mein Freund, der Plan!“

Ursula von der Leyen spricht nicht in Reimen, wenn sie in Brüssel oder Straßburg Reden hält. Was sie seit geraumer Zeit von sich gibt, reimt sich wirtschaftspolitisch dennoch auf den kleinbürgerlich-niederschwelligen Fünfzeiler Walter Ulbrichts, dem längst verblichenen DDR-Staatsratsvorsitzenden, der 1961 die Mauer erbauen ließ, die angeblich niemand zu errichten beabsichtigte. Auch EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat (ganz sicher) „nicht die Absicht“, eine Planwirtschaft zu errichten. In ihrer Rede zur Lage der EU vom 14. September kündigte sie jedoch an, gestiegene Preise und überbordende Gewinne der Stromerzeuger zum Wohle der Bürger regulieren zu wollen. 140 Milliarden Euro sollten so aus „Übergewinnen“ bei den Konzernen abgeschöpft und umverteilt werden.

Da dies nach den Regeln der Marktwirtschaft nicht so einfach geht, bleibt uns Ursula von der Leyen die Erklärung schuldig, warum ausgerechnet das nachweislich dümmste Instrument sozialistischer Misswirtschaft, „der Plan“, in ihrer ökologisch-sozialen Postmoderne funktionieren sollte. Da sie uns auch vorenthält, wie genau das technisch vonstatten gehen soll mit der Abschöpfung überplanmäßiger Gewinne der Stromproduzenten (Kapitalismus), kann man nur mutmaßen, dass sie ein ökonomisches Exempel nach Art einer Enteignung statuieren möchte (Sozialismus).

Die soziale Sinnhaftigkeit von Unternehmen

Weil Planwirtschaft verdächtig muffig klingt, wurde mit dem Euphemismus „soziale Taxonomie“ schon vor Monaten ein Begriff eingeführt, der eine solche Operation am offenen Herzen der freien Marktwirtschaft wie die Vorführung der stabilen Seitenlage auf einem Erste-Hilfe-Kurs erscheinen lässt. Als Anfang des Jahres die „Taxonomie“-Debatte in Brüssel ausgeweitet wurde, ging es plötzlich nicht mehr nur um das ursprüngliche Thema „Nachhaltigkeit“, sondern auch um die soziale Sinnhaftigkeit von Unternehmen und Branchen. Da war man ideentechnisch bereits beim waschechten Sozialismus angelangt.

Es geht ab sofort um soziale Ordnungspolitik, um gelenkte Gerechtigkeit, um gesteuerten Ausgleich, um auferlegte Verantwortung – also die politische Steuerung in die „korrekte“ Richtung. Zum Plan gehört das Ansinnen, alle Eingriffe wie mildtätige Interventionen des Staatsapparats vor einer Drohkulisse aus Mangel, Krise und unternehmerischem Missverhalten erscheinen zu lassen. Die Utopie ist: Es nutzt dem Kollektiv. Dass genau diese Eingriffe aber die Ursachen für eklatante volkswirtschaftliche Missstände und Schäden sind, müsste anhand der historischen Beispiele eigentlich klar sein. In Brüssel ist aber derzeit gar nichts klar, außer „utopisch Gewolltes“ (Ernst Bloch).

Der Traum der Kommissionspräsidentin sieht ungefähr so aus: „Wohlgesinnte“ Politiker und hochbezahlte Beamte, die nach striktem Ermessen der Brüsseler Nomenklatura entscheiden, ob und inwieweit ein Unternehmen als sozial und nachhaltig eingestuft werden kann – und zwar unabhängig von dessen wirtschaftlichem Erfolg – setzen die Klima- und Politikziele der EU um, in der festen Überzeugung, dass Einmischung legitim ist, sobald sie „höheren“ Zielen dient – und zwar ebenfalls unabhängig davon, ob es dafür ein demokratisches Mandat gibt oder nicht. Noch vor wenigen Jahren war der ökonomische Erfolg das erste Merkmal marktwirtschaftlicher Daseinsberechtigung von Unternehmen.

Bald reicht das nicht mehr aus. Der soziale Wert für die Gemeinschaft wird als Selbstverpflichtung von Unternehmen zur Voraussetzung der Teilnahme an einer nicht mehr marktorientierten, sondern einer ideologisch verfassten Wirtschaftsform. Das ist definitiv keine freie Marktwirtschaft mehr, sondern Haltungs-Ökonomie.

Mission, Moral, Moneten

Ob ein Unternehmen, zum Beispiel bei der Energiegewinnung, sozial und ökologisch nützlich ist, das soll bald Sache von Apparatschiks sein und keine Frage der Wirtschaftlichkeit, der Nachfrage und des Bedarfs. Hier wird die freie Marktwirtschaft ad absurdum geführt, weil die EU-Kommissionspräsidentin bestimmen will, welches Unternehmen ihrer Meinung nach unsozial ist.

Das ist das stereotype Muster politischer Systeme, die staatliche Planwirtschaft betreiben: Da bestimmen nicht mehr Unternehmer, wohin Gelder fließen, was produziert werden soll, wieviel und ob überhaupt. Nicht der Konsument, sondern der Beamte bestimmt, welches Unternehmen oder Produkt Sinn macht und was es kosten darf. Diese Art der Anmaßung brachte alle bisherigen Experimente sozialistischer Planwirtschaft zum Scheitern. Der regulationswütige Beamte ist der Fehler im System, nicht die Idee der Wohlstandserzeugung, die sich selbst tragen und organisieren kann.

Wenn Energieversorgungs-Unternehmen als unsozial gelten, weil sie entweder einen hohen Ressourcenverbrauch haben oder, wie gerade zu sehen, in Zeiten kriegsbedingter Überteuerung satte Gewinne einfahren oder wenn die Luxusgüterindustrie Bedürfnisse befriedigt, die fürs Fußvolk nicht notwendig erscheinen dürfen, ist das schlecht fürs Ranking und den Fortbestand des Unternehmens. So etwas kann „sozial“ hoch angesehenen Pharmakonzernen nicht zum Problem erwachsen. Denn hier stimmt zurzeit alles: Mission, Moral, Moneten.

Der Kapitalismus, wie wir ihn kennen, ist tot

Ein neuer Lobbyismus wird entstehen, bei dem Unternehmen und Branchen in erster Linie um ihren sozialen Status in Brüssel buhlen. Sustainability (Nachhaltigkeit), Compliance (Wohlverhalten), Commitment (Verpflichtung) … die Beratungs- und Zertifizierungsindustrie jubiliert bestimmt schon.

Wie wir wissen, arbeitet sich linke Wirtschaftskritik von Haus aus gern an den Auswüchsen eines „neoliberalen Marktkapitalismus“ ab. Seit einiger Zeit werden die ordnungspolitischen Marktregulierungen zugunsten einer grünen Agenda jedoch zunehmend auch als Tendenzen einer tiefgreifenden Krise gewertet, die der Kapitalismus nicht überlebt. Demnach sind die (planwirtschaftlichen) Marktregulierungen im Zuge der europäischen Energie- und Klimapolitik Teil einer inneren Abwendung und „Transformation“, mit denen sich der Kapitalismus peu à peu selbst abschafft.

Auf dem Weltwirtschaftsforum 2021 in Davos hatten die Veranstalter in ihrem Präsentationsfilm „What is the Great Reset?“ bereits verkündet „Capitalism, as we know it, is dead“ (Marc Benioff). Die ökologischen Assimilierungsstrategien eines zunehmend grünen Marktkapitalismus erfüllen sich also in einer Art Autoimmunreaktion, die sich gegen das eigene System richtet. Wenn das schon linke Intellektuelle behaupten, muss es wirklich ernst sein.

Noch geht es momentan darum: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“ Das ist auch so ein Bonmot von Walter Ulbricht, dem Ursula von der Leyen offenbar nacheifert. Unbekümmert verklärt sie ihre planwirtschaftlichen Umtriebe zu moral- und ordnungspolitisch notwendigen Maßnahmen, wie am vergangenen Mittwoch vor dem EU-Parlament in Straßburg. Ernst Bloch, bis 1961 der neomarxistische Haus- und Hofphilosoph der DDR, würde uns dazu schlicht mitteilten: „Die Fälschung unterscheidet sich vom Original dadurch, dass sie echter aussieht.“

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