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Ein Fall für Frau Roth: Autokorso am Brandenburger Tor

Published On: 21. September 2022 11:00

Die Berliner Polizei verdirbt einer Großfamilie, die mit ihren Mittelklasse-Autos bis vor das Brandenburger Tor gerollt ist, die Hochzeitsfeier. Dem Bräutigam entzog man den Führerschein, die Braut musste aussteigen und zu Fuß gehen. Womit haben wir es hier zu tun? Mit rassistischer Diskriminierung oder kultureller Aneignung?

Tag für Tag verspricht Bundeskanzler Olaf Scholz, dem in Sachen Achtsamkeit niemand etwas vormacht: „You’ll never walk alone!“ Niemand bleibt unbeachtet. Das hätte am Montagabend auch eine Hochzeitsgesellschaft wissen müssen, die mit ihrem laut hupenden, extrem PS-starken Autokorso direkt vors Brandenburger Tor bretterte und gleich mehrere Verkehrsregeln und Verbote missachtete. Dabei soll eine Radfahrerin fast umgefahren worden sein. Immer wieder ließ man, einer alten levantinischen Tradition folgend, die XXXL-Motoren aufheulen. 

Wie es der Zufall wollte, hielt sich dort zu diesem Zeitpunkt eine Polizeihundertschaft auf, die sogleich tätig wurde. Laut BILD, B.Z. und Berliner Zeitung „fackelten die Beamten nicht lange und stoppten die Großfamilie, die u.a. in einem Maybach S-500 (455 PS), einem Jaguar F Type R (575 PS), einem Audi R8 (570–620 PS) und diversen Mercedes-Fahrzeugen unterwegs war. Der Grundpreis der Fahrzeuge liegt zwischen 129.000 und 162.000 Euro.“ 

Nach Rücksprache mit dem zuständigen Richter wurden Jaguar und Maybach „sichergestellt“, also beschlagnahmt und abtransportiert. Dem 22-jährigen Bräutigam entzog man den Führerschein, die Braut im traumhaften weißen Kleid musste aussteigen und zu Fuß gehen.

Struktureller Polizei-Rassismus in Reinkultur. Was sonst?

Da im rotrotgrünen Berlin schon der Satz gegenüber einer syrischen Asylbewerberin „Das ist mein Land und Du bist hier Gast“ als strafbewehrte, grobe „rassistische Diskriminierung“ (rbb-Abendschau) gilt, scheint die erste Reaktion auf das gnadenlose Verhalten der Polizei am Brandenburger Tor geradezu zwingend: Hier wurde der unbeschwerten, fröhlich-temperamentvollen Hochzeitsfeier einer mutmaßlich migrantischen Großfamilie, womöglich türkischer oder arabischer Herkunft, mit dumpf-deutscher Paragrafenreiterei ein brutales Ende bereitet. Ein Fall für die frisch gewählte Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman: Struktureller Polizei-Rassismus in Reinkultur. Was sonst?

Doch der antirassistische Blick, der dem Hammer ähnelt, der nur noch Nägel sieht, könnte auch die entgegengesetzte Richtung einschlagen. Frei nach Giovanni Trapattoni: „Was erlaube Großfamilie?!“ Sie nutzt das Brandenburger Tor, Symbol altpreußischer Herrlichkeit, also einer fremden Kultur, als Kulisse für die eigene posenhafte Protz-Inszenierung: „Kulturelle Aneignung“ in Reinkultur! Was sind dagegen schon die Dreadlocks von Carola Rackete?

Womöglich müssen wir die knifflige Frage der Bundeskulturbeauftragten, Staatsministerin Claudia Roth, zur Entscheidung vorlegen, die sich schon in Sachen „Documenta fifteen“ durch ihre herausragende Fähigkeit zur salomonischen Lösung qualifiziert hat. 

Bis es so weit ist, beherzigen wir die ganz praktische Lehre: You’ll never drive alone!

Foto: Imago

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