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Die Ukraine und die Doppelmoral des Westens

Published On: 5. November 2022 0:05

Veröffentlicht am 5. November 2022 von RL.

Grosse Teile der Medien sehen für den Krieg in der Ukraine bloss einen Schuldigen: den russischen Präsidenten Vladimir Putin. Eigene Fehler und Provokationen werden verdrängt. Die Vorgeschichte des Krieges wird ausgeblendet. Und völkerrechtlich wird mit zweierlei Mass gemessen. – Hier setzt Kai Ambos mit seinem Buch «Doppelmoral – der Westen und die Ukraine» an.

Ambos ist Professor und Lehrstuhlinhaber für Internationales Strafrecht, Völkerrecht, Straf- und Strafprozessrecht sowie Rechtsvergleichung an der Georg-August-Universität Göttingen. Das Buch ist jüngst im Westend Verlag erschienen ist. Transition News veröffentlicht hier einen Auszug aus Kai Ambos Buch.

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Um die universelle Verurteilung des russischen Angriffskriegs zu belegen, verweisen westliche Politiker regelmässig auf die Resolution «Uniting for Peace» der UN-Generalversammlung (GV) vom 2. März 2022.

Diese Resolution, in der die russische Invasion als «Aggression» bezeichnet, «auf das Schärfste» verurteilt wird und die Einstellung der Feindseligkeiten sowie ein sofortiger, vollständiger und bedingungsloser Abzug der russischen Streitkräfte gefordert werden, fand in der Tat eine überwältigende Mehrheit von 141 (von insgesamt 193 grundsätzlich stimmberechtigen) UN-Mitgliedstaaten, bei nur 5 Gegenstimmen und 35 Enthaltungen.

Damit sandte sie ein viel deutlicheres Signal als die GV-Resolution von 2014 zur Verurteilung der Krim-Annexion, die nur von 100 Staaten bei 11 Gegenstimmen und 58 Enthaltungen unterstützt wurde. Diesem Abstimmungsergebnis wiederum entsprach die GV-Resolution vom 7. April 2022 zum Ausschluss Russlands aus dem UN-Menschenrechtsrat.

Bei näherer Betrachtung der Abstimmung zur Uniting-for-Peace-Resolution zeigt sich jedoch ein aus westlicher Sicht eher ernüchterndes Bild, insbesondere im Hinblick auf die regionale Verteilung und die Position einiger wichtiger Staaten.

Während die Ablehnung Russlands und seiner treuen Verbündeten (Weissrussland, Nordkorea, Syrien) zu erwarten war (mit Ausnahme von Eritrea vielleicht), haben sich viele wichtige Staaten der Stimme enthalten, unter anderem Algerien, Bangladesch, China, Indien, Südafrika. Der Schwerpunkt der Enthaltungen liegt auf Afrika (17) und Asien (14); die restlichen 4 entfallen auf Lateinamerika.

Auch die 12 Staaten, die sich nicht an der Abstimmung beteiligt haben, kommen von diesen Kontinenten und hätten sich wohl ebenfalls enthalten, wenn nicht sogar gegen die Resolution gestimmt.

Bereits diese regionale Verteilung des Abstimmungsverhaltens zeigt, dass die Resolution nur in Europa eine eindeutige und in Amerika noch eine starke Unterstützung fand, sie in Afrika (28 Ja-Stimmen von 54 Staaten) und Asien (29 von 47) hingegen weitaus geringer ausfiel.

Während die europäische Position von traditionellen westlichen Verbündeten (Australien, Kanada, Neuseeland, USA) sowie auch in Lateinamerika (z.B. Kolumbien, Costa Rica, Chile) und Asien (Japan, Südkorea) unterstützt wurde, distanzierte sich der Globale Süden, vertreten durch Afrika und in geringerem Masse Asien – angeführt von China und Indien – deutlich von der westlichen Position.

Dieses Bild könnte durch eine Analyse der individuellen Motivationen der sich enthaltenden Staaten weiter verfeinert werden, doch bedarf es dieser Einzelanalyse nicht für unser Argument: die schon verbale Distanzierung des Globalen Südens von der westlichen Position durch sein Abstimmungsverhalten.

Es soll hier der Hinweis genügen, dass sich die Stimmenthaltungen einerseits nicht einfach mit dem Verweis auf spezifische aktuelle Loyalitätsmuster zur Russischen Föderation erklären lassen, auch wenn dies für diejenigen Staaten zutreffen mag, die ehemalige Republiken der Sowjetunion wie zum Beispiel Kasachstan sind, sich immer noch als «sozialistisch» betrachten (wie Kuba und Vietnam) oder/und Regierungen haben, die russische Unterstützung benötigen, um an der Macht zu bleiben (Nicaragua).

Andererseits gibt es ein historisches Erbe, das bis zum Antikolonial- und Anti-Apartheid-Kampf zurückreicht, wo einige dieser Staaten wie Angola, Südafrika nur von der ehemaligen Sowjetunion und ihren Verbündeten unterstützt wurden – und Moskau spielt diesen Trumpf geschickt aus.

Die Enthaltung globaler bzw. regionaler Grossmächte wie China, Indien, Brasilien und Südafrika wiederum folgt einer ganz eigenen und länderspezifischen Logik, die sich jedenfalls auch als Antwort auf die westliche bzw. US-amerikanische Hegemonie in der – nun überwundenen – unipolaren Weltordnung verstehen lässt. Wir werden darauf zurückkommen.

Dieses vielschichtige und komplexe Bild ändert freilich nichts daran, dass die GV-Resolution, wie wir schon eingangs gesehen haben, rechtlich unmissverständliche und explizite Aussagen enthält, mit denen die russische Aggression ohne Wenn und Aber verurteilt wird.

Dieser eindeutige Inhalt der Resolution muss zum Abstimmungsverhalten in Beziehung gesetzt werden. Er gibt den zustimmenden Voten ein noch grösseres Gewicht und relativiert die Enthaltungen insoweit, als darin nicht ohne weiteres eine Ablehnung der rechtlichen Aussagen der Resolution gesehen werden kann und erst recht nicht eine rechtliche Billigung des russischen Angriffskriegs.

Anders gewendet, kann gerade die Eindeutigkeit der Resolution mit Blick auf die russische Verletzung des Gewaltverbots und die Forderung einer Beendigung der russischen Aggression für einige der sich enthaltenden Staaten zu «undiplomatisch» gewesen sein, um ihr zuzustimmen.

Doch ist dies aus rein völkerrechtspositiver (normativer) Sicht nicht Ausdruck eines abnehmenden Respekts gegenüber dem Gewaltverbot oder gar das Ende der «globalen Geltung universeller Werte» (Herfried Münkler).

Ganz im Gegenteil: Die normative (rechtliche) Bedeutung und Legitimität der GV-Resolution lässt sich vernünftigerweise nicht bestreiten. Von ihr geht ein starkes und eindeutiges (normatives) Signal zur kontrafaktischen Bestätigung des Gewaltverbots und einer regelbasierten Völkerrechtsordnung insgesamt aus. Davon zu unterscheiden ist allerdings die nun zu behandelnde Frage, ob den (rechtlichen) Worten auch (praktische) Taten folgen. (…)

Noch wichtiger als diese vordergründige Analyse des Abstimmungsverhaltens ist die Frage, ob und inwieweit Staaten über die blosse Zustimmung zur Resolution hinaus auch tatsächlich die westliche Ukraine-Politik mittragen. Bekanntlich kann sich eine Zustimmung zu einer Verurteilung des Verhaltens eines bestimmten Staates leicht als Lippenbekenntnis erweisen, wenn den blossen Worten nicht auch Taten folgen.

Konkret ist damit in unserem Zusammenhang zu fragen, welche Staaten die westliche Ukraine-Politik tatsächlich unterstützen, also insbesondere Sanktionen gegen Russland verhängen, die Ukraine (militärisch) unterstützen und sich an der Ermittlung und Verfolgung möglicher russischer Kriegsverbrechen beteiligen.

Diese Frage muss von vorneherein nur an die 141 Staaten gestellt werden, die für die Resolution gestimmt haben, denn offensichtlich werden diejenigen Staaten, die die Resolution ablehnten oder sich enthielten, erst recht keine tatsächlichen Gegenmassnahmen wirtschaftlicher, militärischer oder (völker-)strafrechtlicher Art gegen Russland ergreifen.

Doch auch für die meisten der die Resolution befürwortenden Staaten lässt sich – ohne eine detaillierte Einzelanalyse vornehmen zu müssen – relativ einfach feststellen, dass sie keineswegs die westliche Politik der Isolierung Russlands und der (militärischen) Unterstützung der Ukraine mittragen.

Vielmehr pflegen die meisten dieser Staaten weiterhin diplomatische, wirtschaftliche und sonstige Beziehungen zu Russland und beteiligen sich weder an Sanktionen noch leisten sie militärische Unterstützung.

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Kai Ambos ist Professor und Lehrstuhlinhaber für Internationales Strafrecht, Völkerrecht, Straf- und Strafprozessrecht sowie Rechtsvergleichung an der Georg-August-Universität Göttingen. Er ist List Counsel am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag und seit 2017 Richter am Kosovo-Sondertribunal. 2020 erhielt er den Wissenschaftspreis Niedersachsen in der Kategorie «Wissenschaftler».

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Kai Ambos, «Doppelmoral – Der Westen und die Ukraine». Westend, Frankfurt/Main 2022. ISBN: 978-3-86489-404-6, 96 Seiten. 15 Euro. Weitere Infos und Bestellung hier.

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