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Verdrängen oder aufarbeiten – die Schuld der 2G-Apartheidsgottesdienste

Published On: 14. Januar 2023 19:05

„2G“ bedeutete die Ausladung und Ausgrenzung Nichtgeimpfter. Deshalb lehnt der Autor den Begriff „2G-Gottesdienste“ als Schönfärberei ab und spricht von „2G-Apartheidsgottesdiensten“. Bei der 2G-Doktrin sei es nicht um Gesundheitsschutz gegangen, sondern letztlich um Macht und Geld. Und die Kirchen haben mitgemacht.

IMAGO / Rolf Poss

Kirchengemeinden haben es wirklich gut gemeint; und doch haben sie in Corona-Zeiten große Schuld auf sich geladen. „Gottesdienste finden bei uns ab sofort unter 2G-Bedingungen statt“, so hieß es in vielen evangelischen Kirchen und in einigen Freikirchen und katholischen Kirchen.

„2G“, das hört sich so sauber und rein an. Doch „2G“ bedeutet im Klartext die knallharte Ausladung und Ausgrenzung Nichtgeimpfter als unerwünschte Personen im Gottesdienst. Ich lehne darum den Begriff „2G-Gottesdienste“ als Schönfärberei ab. Ich spreche von „2G-Apartheidsgottesdiensten“. Sprache soll die Wirklichkeit nicht verschleiern; Sprache soll helfen, die Realität ehrlich wahrzunehmen. „Apartheidsgottesdienste“ passt darum perfekt, bedeutet „Apartheid“ doch „Getrenntheit“; und genau darum ging es: die Ungeimpften von den „Genesenen“ und „voll Immunisierten“ zu trennen.

Ja, die Kirche sprach bei Geimpften von „voll Immunisierten“ und nahm damit naiv das herrschende Impf-Narrativ auf. Dabei konnte jeder schon ab Anfang 2021 sehen, dass die Impfung leider nicht „voll immunisiert“. Es gab sogar weltberühmte Forscher und viele Tausende Ärzte, die bereits im März 2020 davon „schwurbelten“, dass bei einem schnell mutierenden Atemwegsvirus eine Impfung mit „Voll-Immunisierung“ nicht möglich sein würde.

Aber Kirche hörte natürlich nicht auf „Schwurbler“, sondern stand voll und ganz im Banne des olympiareifen Synchrondenkens von Staatswissenschaft und Big Pharma. Deren ständige Angst- und Panikmache und deren voraufklärerische Monopolisierung der Meinung hat die Kirche unkritisch übernommen, statt aus ihrer Geborgenheit in Gott heraus die wissenschaftliche Nüchternheit und den gesellschaftlichen Dialog zu stärken.

Bei den 2G-Apartheidsgottesdiensten gibt es eine erschreckende Parallele zum Apartheidsregime in Südafrika. Dort sagte der weiße Volksmund, dass es gut sei, sich von Schwarzen fernzuhalten, da diese weniger Wert auf Sauberkeit legen würden und darum infektiöser seien. Im alten Südafrika wie im neuen Deutschland wurde also Menschen zuerst eine erhöhte Infektiosität angedichtet, um dann mithilfe dieser Unterstellung die gnadenlose Apartheid zu begründen. Und wer diese Unterstellung nicht hinterfragte, der kam sich bei seiner Diskriminierung edel und gut vor, weil er auf der guten Seite war und nur das Beste wollte und auch getan hatte.

Heute versuchen Kirchenleute, ihre Hände wie Pilatus in Unschuld zu waschen. „Wir hatten nach damaligen bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Damals wurde uns versichert, dass Geimpfte und Genesene weniger infektiös seien und darum 2G den optimalen Schutz böte.“

Mich überzeugen solche Unschuldsbeteuerungen nicht. Schon damals mussten Geimpfte in den meisten Krankenhäusern bei ihren Besuchen einen tagesaktuellen Test vorlegen, womit für alle sichtbar wurde, dass die Impfung keinen ausreichenden Fremdschutz bietet. Schon damals stand wissenschaftlich fest: Ungeimpfte, die getestet waren, waren im Durchschnitt weniger infektiös als Geimpfte, die nicht getestet waren. Und schon damals konnte man zum Beispiel in den Niederlanden sehen, dass Ungeimpfte ab Sommer 2021 in alle Gottesdienste durften, und trotzdem die Niederlande weniger Corona-Tote auf 1 Million Einwohner hatte als Deutschland.

Wenn aber getestete Nichtgeimpfte einen größeren Fremdschutz haben als geimpfte Nichtgetestete, dann hatten 2G-Appartheidsgottesdienste genau das Gegenteil von dem bewirkt, was sie wollten: Sie haben die Gottesdienste infektiöser gemacht, weil die weniger infektiösen Getesteten Gottesdienstverbot hatten. Die Kirchen haben mit ihren Appartheidsgottesdiensten im Namen des Gesundheitsschutzes nicht der Gesundheit gedient. Der Volksmund sagt dazu: „Gut gemeint ist das Gegenteil von gut.“

So ging es bei den 2G-Apartheitsgottesdiensten nur oberflächlich betrachtet um Fürsorge und Gesundheitsschutz. Bei genauerem Hinschauen ging es bei der 2G-Doktrin wohl letztlich um Macht und Geld. Wie in Südafrika ging es um die Macht, mit falschen Gesundheitshypothesen Menschen im Namen des Gesundheitsschutzes zu Menschen zweiter Klasse abzustempeln; und es ging um Geld, nämlich Menschen in die für einige Pharmahersteller höchst lukrative Impfung zu treiben. Rund um die Impfung lockten dreistellige Milliardenbeträge.

Kirchen haben bei diesem polit-medialen Pharma-2G-Narrativ mitgemacht; nicht nur weitgehend naiv und untertänig wie in schlechtesten kirchlichen Zeiten; sondern darüber hinaus haben viele Kirchenleute und Synoden „2G“ mit frommen Phrasen spirituell überhöht, ebenso wie in schlechtesten kirchlichen Zeiten. Dafür waren sie bereit, ihre eigenen Anbefohlenen, nämlich ungeimpfte Gläubige und Gottsuchende, zu diskriminieren. Es war erschreckend zu sehen, wie viele Kirchengemeinden und Kirchenkreise sich geweigert haben, ein Angebot an Präsenzgottesdiensten für Ungeimpfte überhaupt in den Blick zu nehmen.

Klar, dass heute viele Kirchenleute mit dieser dunklen Geschichte nichts mehr zu tun haben wollen: „Lasst uns nach vorne schauen. Wir sind doch ganz gut durch die Zeit gekommen, was soll jetzt noch dieses Nachkarten?!“

Diese Reaktion der „2G-Kirchengemeinden“ ist verständlich. Wer schaut schon gerne in seine eigenen Abgründe? In meiner Studentenzeit in den 1980ern war Südafrika für uns Theologiestudenten ein rotes Tuch. Mit der Unterstützung eines Professors hatten wir damals Mahnwachen vor der Deutschen Bank organisiert. Die Deutsche Bank wurde von uns als böse erachtet, weil sie Geschäfte mit Südafrika gemacht hatte. Mittlerweile sind die Studenten von damals in leitenden Kirchenpositionen. Und jetzt sollen sie sich damit beschäftigen, dass sie ihre eigene Kirche in eine Apartheidsinstitution verwandelt haben?

Zum Glück gibt es neue aktuelle Themen, mit denen man sich zerstreuen kann, um sich nicht seiner Vergangenheit stellen zu müssen.

Doch so leicht wird es nicht gehen. Die Kirchen haben mit ihren Apartheidsgottesdiensten einige treue Anhänger verloren. Vielleicht ist das aus Sicht der Verantwortlichen verschmerzbar, weil man ja lediglich ein paar einzelne „Schwurbel-Schäfchen“ verloren hat. Kirchen haben aber darüber hinaus mit ihren Apartheidsgottesdiensten ihre geistliche Substanz und spirituelle Autorität verloren. Schon 1958 hat Joseph Ratzinger die „Kirche von Heiden, die sich noch Christen nennen“ kritisiert. Nach Ratzinger entscheidet sich die Zukunft der Kirche nicht an der Stärke der antikirchlichen Säkularisation, sondern an der inneren Glaubenssubstanz der Christen und Kirchengemeinden.

Meines Erachtens wird die zukünftige Glaubenssubstanz der Kirche auch davon abhängen, wie sie mit ihren Abgründen umgeht. Wird sie diese ausblenden, um sich dem Schmerz des eigenen Versagens nicht stellen zu müssen? Eine öffentliche Umkehr und Reue wäre dann nicht nötig; statt dessen deckt man sich in Politik, Medien, Wirtschaft, Kirche und Wissenschaft gegenseitig und klopft sich selbstzufrieden auf die Schulter.

Doch Verletzungen im Keller werden dann weiter schwelen. Und die Abgründe und die naive Verschmelzung mit dem Zeitgeist werden sich dann wahrscheinlich in der nächsten Krise wiederholen und das nächste Unheil anrichten.

Es gibt nur einen Weg der Heilung. Und der führt mitten duch den Abgrund hindurch. Leichter ist Erneuerung nicht zu haben. Es gibt ein Ostern, aber nur über Karfreitag. „Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd’ der Kirch’, erbarme dich unser!“

Nur auf dem schmerzhaften Kreuzweg der Erinnerung, der Reue, der Entschuldigungsbitte vor Gott und den Menschen, der Wiedergutmachung, der Erneuerung können Kirchengemeinden auch mit ihren Apartheids-Verfehlungen ein Zeigefinger für den sein, aus dessen Gnade sie leben.

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Categories: Peter F. MayerTags: , Daily Views: 1Total Views: 47
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