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Lula düpiert Scholz

Published On: 1. Februar 2023 9:33

Kanzler Scholz auf Südamerika-Reise: Während man den Besuch in Argentinien und Chile noch als freundlichen Austausch mit symbolischen Gesten werten kann, so entwickelte sich der Auftritt in Brasilien zum Fiasko.

IMAGO / Xinhua

Bundeskanzler Olaf Scholz und Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, Brasilia, 30. Januar 2023

Vielleicht wird man eines Tages über die Südamerika-Reise von Olaf Scholz urteilen: Er hat sich redlich bemüht. Die Reise sollte auch eine Demonstration deutscher „soft power“ sein, um zu zeigen, dass man mit dem Einsatz für Menschenrechte und Klimaschutz dieselben Ziele erreichen kann wie mit einer Außenpolitik, die lediglich die Interessen beider Staaten ins Auge fasst.

In Argentinien wollte Scholz über das seit zwei Jahrzehnten stockende Freihandelsabkommen zwischen der EU und Südamerika (Mercosur) sprechen – und bei Gesprächen blieb es. In Chile gab es Signale, aber letztlich doch keine fassbare Einigung über das Lithium-Geschäft. Während man den Besuch in den beiden Ländern noch als freundlichen Austausch mit symbolischen Gesten werten kann, so entwickelte sich der Auftritt in Brasilien zum Fiasko.

Südamerika-Reise des Bundeskanzlers

Denn Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ging auf so gut wie keine der Handreichungen des Kanzlers ein. Der Kanzler sprach von einer gemeinsamen Linie in der Ukraine-Krise und wollte Brasilien offenbar zu einem klaren pro-ukrainischen Statement ermuntern. Das blieb aus. Stattdessen wollte Lula weder von einem Aggressor sprechen noch verurteilte er eine der Parteien. Vielmehr zitierte er ein brasilianisches Sprichwort, dessen Pendant im Deutschen etwa so lautete: Zu einem Streit gehören immer zwei.

Scholz erwischte dieser Bruch im Weltbild auf dem falschen Fuß. Doch Lulas Einlassungen dürften eigentlich nicht verwundern. Denn Lula hatte schon in den letzten Monaten deutlich gemacht, dass er zur im Westen verspotteten Kategorie des „Putinverstehers“ gehört. Doch der Atlantik ist breit, Brasilien ein Land mit strategischen Ressourcen und mehr als 200 Millionen Einwohnern. Das erlaubt eine gewisse Unabhängigkeit, wie sie auch schon Bolsonaro ausgenutzt hat.

Es blieb nicht bei dieser Düpierung. Auch von den deutschen Handelsplänen hielt der Brasilianer nicht viel. Welt-Autor Robin Alexander spricht von einer Quelle, dass Lula eine EU-Verordnung verstimmte. Demnach soll kein Produkt in die EU-Staaten geliefert werden, für dessen Herstellung Regenwald abgeholzt wurde. Vorbild ist das deutsche Lieferkettengesetz. Kein Wunder, sollte Mercosur noch einige Jahre in der Schublade versauern.

Womit wir beim Lieblingsthema der Bundesregierung wären: Klimaschutz. Despektierlich sprach Lula von einem „ökologischen Club“. Dem will der Präsident offenbar nicht beitreten, sondern eher einem „Friedensclub“. Außenpolitik ist letztlich eine Politik, die Existenzfragen berührt. Etwas, das Lula weiß, aber das man in Europa offenbar vergessen hat. Für Lula sind grüne Wunschträume ebenso nachrangig wie internationale sozialdemokratische Genossenschaften.

Ob bei Ukraine, Wirtschaft oder Klima – nirgendwo gibt es die von Scholz gelobten gemeinsamen Linien. Sein Hinweis, Brasilien habe in der UN den Angriff Russlands verurteilt, erscheint besonders verzweifelt: Denn das geschah noch unter Amtsvorgänger Bolsonaro, der in der sozialdemokratischen Welt mindestens ein so großer Gottseibeiuns wie Trump war.

Es ist ein bemerkenswertes Stück. Denn offenbar glaubte der linke Bundeskanzler, dass der Chef der brasilianischen Arbeiterpartei ein natürlicher Verbündeter sein müsse. Bundespräsident Steinmeier hatte Lula öffentlichkeitswirksam umarmt, Entwicklungsministerin Schulze brachte einen Geldkoffer mit 200 Millionen Euro vorbei, um den Klimaschutz anzuschieben und den Regenwald zu retten.

Und nun das: Nichts davon spielt eine Rolle, wenn es darum geht, dass Brasilien seine nationalen Interessen verteidigt. Die liegen weder auf den Schlachtfeldern der einstigen Kosakensteppe noch in der deutschen Energiewende. Wenn ausländische Vorschriften brasilianische Arbeitsplätze bedrohen, wird Lula nicht weniger als Bolsonaro den Regenwald abholzen, und wenn es nur dem Stimmenfang bei der nächsten Wahl dient.

Eine deutlich größere Bedrohung stellt jedoch der außenpolitische Aspekt dar. Hatte man Lula noch zum Vertreter des Westens stilisieren und Bolsonaro zu einem rechtspopulistischen Desperado abkanzeln wollen, so zeigt sich nun die Flexibilität der linkspopulistischen Kräfte in Südamerika, die schon in der Vergangenheit mit Russland und seit einiger Zeit auch China als Partner liebäugeln.

Brasilien ist immerhin ein BRICS-Staat. Und kürzlich ist mit Südafrika bereits einer dieser Steine aus der westlichen Mauer herausgebrochen, als es Gespräche mit China und Russland suchte – auch in der Ukraine-Frage. Für eine Friedensvermittlung im Ukraine-Krieg hat Lula Namen genannt: China, Indien und Brasilien. Der Zeitenwenden-Kanzler bekommt diese Zeitenwende wohl noch nicht verdaut.

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