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«Die Neutralität darf nicht als eigenbrötlerisch wahrgenommen werden»

Published On: 3. April 2023 12:25

Veröffentlicht am 3. April 2023 von RL.

Spätestens seit dem Frühjahr 2022 steht die Schweiz international massiv unter Druck. Den westlichen Grossmächten ist die Schweizer Neutralität ein Dorn im Auge.

Im Krieg in der Ukraine müsse die Schweiz ihre neutrale Position aufgeben, fordern Washington und London. Die Westmächte haben es insbesondere auf die russischen Oligarchen abgesehen.

Deren Gelder in der Schweiz hat man längst ins Visier genommen. Sie sollen der Ukraine zugutekommen. Die Versuche, massiven Druck auszuüben, sind an der Schweizer Regierung nicht spurlos vorübergegangen.

Die Schweiz trägt die Wirtschaftssanktionen gegen Russland mit und kooperiert immer enger mit der NATO. Mehr noch: Geht es nach Ignazio Cassis, so sollte die Neutralität noch weiter aufgeweicht werden.

Der Schweizer Aussenminister hatte vergangenen Herbst einen Bericht erstellen lassen, in dem er ein neues neutralitätspolitisches Konzept unter dem Stichwort «kooperative Neutralität» kreieren liess (wir berichteten). Cassis scheiterte jedoch mit seinen Plänen.

Im September 2022 gab die Landesregierung zu verstehen, dass sie an der bisherigen Neutralitätspolitik festhalte, die sich weitgehend auf den «Bericht zur Neutralität» von 1993 stützt.

Was dem Aussendepartement genau vorschwebte, machten die CH-Media-Zeitungendie in den Besitz des vertraulichen Papiers des Aussenministeriums gelangt sind, am vergangenen Wochenende publik.

Ein Blick in den Bericht zeigt: Wichtiger als eine eigenständige Aussenpolitik zu betreiben, scheint dem Aussenministerium zu sein, der NATO, den USA und der EU zu gefallen. So heisst es im Bericht:

«Partnerstaaten bekunden Mühe, Sinn und Zweck einer neutralen Position zu verstehen, (…) wenn es sich wie bei der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine um einen direkten Angriff auf das freiheitliche Wertesystem und die internationale Ordnung handelt.»

Das Aussendepartement scheint der Auffassung zu sein, dass die Anbindung an die Westmächte für die Sicherheit der Schweiz zentral sei. «Die Prämisse, dass grösstmögliche Unabhängigkeit die Sicherheit eines Landes gewährleistet, ist nicht realistisch.» Die integrale Neutralität liege «nicht im Interesse der Schweiz».

Und im letzten Abschnitt liest man: «Die Neutralität darf nicht als eigenbrötlerisch wahrgenommen werden.» Denn sie werde von der EU, den USA und Grossbritannien «weniger positiv wahrgenommen als in der Schweiz oft angenommen», lautet eine Feststellung.

«Es ist oft zu hören, dass es sich die Schweiz inmitten Europas bequem gemacht hat und ihre eigene Sicherheit der Nato überträgt.» Und weiter: «Neutralität wird bisweilen als Vorwand verstanden, um passiv und gleichgültig gegenüber den internationalen Herausforderungen zu bleiben und (…) die wirtschaftlichen Interessen voranzubringen.»

Mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine habe in Europa das Verständnis gegenüber der Schweizer Neutralität abgenommen. Aus angelsächsischer Perspektive teile sich die Welt zunehmend in zwei Lager: freie, demokratische Länder versus autoritäre Regimes.

«In dieser Welt ist der Platz für die Neutralität enger geworden», heisst es weiter im Papier. Vor diesem Hintergrund erörtert der Bericht «Optionen zur Anpassung einer Neutralitätskonzeption». Im Zentrum steht dabei der Vergleich des Status quo mit der von Cassis angepeilten «kooperativen Neutralität».

Grundsätzlich habe sich die Neutralitätskonzeption von 1993 bewährt, heisst es: So habe die Schweiz in den letzten 30 Jahren «ihre Interessen und Werte schützen und durchsetzen» sowie einen «Beitrag zu einer sicheren und friedlichen Weltordnung leisten» können.

Dieser Status quo sei allerdings unter der Annahme entwickelt worden, «dass die Zeit der politischen Blockbildung vorüber ist und die kollektive Sicherheit durch einen funktionsfähigen UNO-Sicherheitsrat (…) geschützt werden kann».

Doch mittlerweile zeigten geopolitische Verschiebungen, die Destabilisierung der europäischen Sicherheit sowie technologische Entwicklungen, «dass sich die Ausgangslage verändert hat und das aktuelle Neutralitätsverständnis anpassungsbedürftig ist». Beim Status quo sei die Kooperation mit den Wertepartnern «nur beschränkt möglich».

Der Beitrag der Schweiz zur Sicherheit in Europa und damit zu ihrer eigenen Sicherheit sei aber ausbaufähig, «auch im Rahmen des Neutralitätsrechts» – mit der «kooperativen Neutralität».

Letztere gehe von der Prämisse aus, «dass in der heutigen Welt die Unabhängigkeit und Sicherheit der Schweiz nur gemeinsam mit anderen erreicht werden kann». Das Neutralitätsrecht werde eingehalten, wo möglich aber «zugunsten der Kooperation ausgelegt».

Zum Beispiel bei Rüstungsexporten: «Kriegsmaterialexporte an Kriegsparteien bleiben verboten», so der Bericht. Doch «zugunsten der sicherheitspolitischen Kooperation mit Ländern, die die Werte der Schweiz teilen, wird der neutralitätspolitische Handlungsspielraum grösstmöglich genutzt».

So könne auf Nichtwiederausfuhr-Erklärungen von Partnern verzichtet werden. Die kooperative Neutralität wäre «eine Weiterentwicklung des Status quo». Sie würde zum Schutz der internationalen Ordnung unter anderem «eine engere sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit der EU und der Nato» erlauben.

Cassis konnte sich bisher mit diesen Vorstellungen nicht durchsetzen. Weder in der Regierung noch im Parlament. Letzteres hatte sich erst kürzlich gegen die Wiederausfuhr von Waffenlieferungen ausgesprochen.

Zur Erinnerung: Besonders hervorgetan bei der Neukonzeption der Neutralität hat sich letztes Jahr unter anderem die Denkfabrik Foraus: Co-Geschäftsführerin Anna-Lina Müller war 2022 Mitglied einer Expertengruppe, die im Auftrag von Aussenminister Ignazio Cassis Vorschläge zur Entwicklung der Neutralität erarbeitet hatte. In der Vergangenheit hatte Müller selbst im Schweizer Aussendepartement gearbeitet.

Die Denkfabrik erstellte im August 2022 gar eine ausführliche Arbeit, in der sie Empfehlungen für die künftige Ausgestaltung der Neutralität machte. Foraus plädiert darin für eine «kooperative Neutralität» und eine engere Kooperation mit der EU und NATO. Die Wortkombination «kooperative Neutralität» hatte Cassis am 23. Mai 2022 im Rahmen des WEF in Davos in die Welt gesetzt.

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