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Zinsen und Schulden zerstören die Balance

Published On: 28. April 2023 10:25

Zeitenwende im Finanzsystem (Teil 2)

Ein Kommentar von Rob Kenius.

Organisatorische Modelle haben, ähnlich wie Maschinentypen, eine begrenzte Laufzeit. Das Finanzsystem ist ein besonderer Fall, es ist ausgedehnt und sehr kompliziert, aber es gibt auch gleich mehrere Auswüchse, die nicht mehr tolerierbar sind. Wenn die Finanzmacht die Macht von Staaten überwältigt, ist das nicht hinnehmbar, besonders nicht in einer Demokratie.

Das feudale Finanzsystem hat mehrere grundsätzliche Fehler. Da sind Angriffspunkte für Kritik, gegen die das Establishment sich vehement verteidigt. Auf höchster Ebene geschieht das durch ausgedehnten Lobbyismus. Die Fehler sind vielen seit Jahren bekannt, doch ihre verheerende Auswirkung steigert sich immer weiter mit der Geldmenge oder einfach mit der Zeit, zum Beispiel mit der Laufzeit von Krediten und der ständigen Anhäufung von immer mehr Schulden.

Ein zentraler Punkt der herrschenden Ideologie im Finanzwesen ist die feste Verknüpfung von Geld und Zinsen. Es wird suggeriert, dass Geld grundsätzlich entweder Zinsen abwirft oder Zinsen verlangt. Ein nicht behebbares Problem mit Zinsforderungen ist die Tatsache, dass wegen der Zinsen niemals alle Schulden zurückgezahlt werden können. Das ist einfache Mathematik. Um es zu verstehen, hilft ein Gedankenmodell, das ich hier noch einmal skizziere:

Nehmen wir an, wir hätten ein Geldsystem von nur zwei Personen. Die Währung sei wie im Märchen der Taler. Es gebe 1000 Taler im System und die sind im Besitz von Mister Tallyman. Die arme, alleinerziehende Amalia will ein wenig Geld haben und geht zu Mister Tallyman, um sich 100 Taler zu leihen. Mister Tallyman verlangt 5% Zinsen. Amalia willigt ein, wird aber krank und macht gar nichts mit ihrem Geld. Nach einem Jahr muss Amalia aber 100 Taler plus 5% Zinsen, also 105 Taler zurückzahlen. Die kritische Frage lautet: Woher soll Amalia die fünf Taler nehmen? Denn es gibt nur tausend Taler, Tallyman hat noch 900, sie hat 100 und es fehlen die 5 Taler für Zinsen.

Zinsen schaffen ein unlösbares Schuldenproblem

In einem geschlossenen Finanzsystem ist nicht genug Geld für Zinsen vorhanden. Jetzt kann man einwenden, das Modell sei zu simpel. Es gebe außerdem kein geschlossenes Geldsystem. Das ist aber nur eine Frage der Perspektive: Wir können immer ein geschlossenes System definieren und betrachten, indem wir die Perspektive beliebig ausweiten.

Im heute bestehenden feudalen Finanzsystem wird Geld durch Kreditvergabe erzeugt. Wie das geschieht, soll später erklärt werden. Tatsache ist, dass bei der Generierung von Geld (girale Geldschöpfung) Buchgeld und Schulden in gleicher Höhe entstehen. Wenn aber Zinsen verlangt werden, kommen auf Seite der Schulden die Zinsen obendrauf. Und je länger es dauert, bis die Schuld vollständig getilgt ist, um so größer wird die klaffende Differenz zwischen der generierten Geldmenge und den Schulden plus Zinsen und Zinseszinsen.

Zinsen verstärken die Ungleichheit

Das bedeutet, mit der Zeit werden Schulden größer sein als die Geldmenge. Alle Schulden in der Finanzwelt können schon lange nicht mehr zurückgezahlt werden. Würden die Banken ihre faulen Kredite korrekt bilanzieren, wären die meisten Banken der Welt pleite. Die Mächtigen, FED, EZB und Weltbank, verschieben die Zinsschuld gerne auf die weniger Mächtigen, wie Griechenland. Am Ende bleibt immer eine Lücke. Diese Finanzierungslücke ist systembedingt. Die Lösung dieses Problems ist nur mit Schuldenerlass möglich. Aber wer erlässt wem wie viel an Schulden?

Es gibt noch ein zweites Argument gegen die Zinsforderung: Die Zinsforderung schafft eine prinzipielle Ungleichheit zwischen denen, die Geld haben und denen, die es nicht haben. Die Geldverleiher verlangen mit der Zinsforderung eine Leistung für ihren überschüssigen Besitz. Das widerspricht dem Gleichheitsprinzip und der Idee von einer egalitären Gesellschaft.

Genau das hat der islamische Prophet Mohammed schon vor 1.400 Jahren erkannt. Er hat deshalb das Erheben und auch auch das Zahlen von Zinsen klar und deutlich verboten. Weil Mohammed als Kaufmann im Geschäft seiner ersten Ehefrau gearbeitet hat, sah er voraus, wozu das Erheben von Zinsen führt. Es führt zur Spaltung der Gesellschaft und zur finanziellen Katastrophe.

Die Finanz-Katastrophe ist im 21. Jahrhundert längst Realität, sie wird dadurch hinaus geschoben, dass Schulden mit neuen Krediten bezahlt werden und immer mehr Geld generiert wird. Für den Islam hat Mohammed die Zinswirtschaft zur Todsünde erklärt. Die Begründung Mohammeds für das Zinsverbot ist logisch: Vor Gott sind alle Menschen gleich, also kann Gott nicht wollen, dass durch Zinsgeschäfte die einen über die anderen erhoben werden. Schön wäre es, wenn islamische Staaten wie Saudi-Arabien und Türkei sich daran halten würden. Sie könnten, anstatt prunkvolle Moscheen zu bauen und Kriege zu führen, islamische Banken gründen, in Afrika, London oder Frankfurt am Main.

Seit der Zeit der Aufklärung brauchen wir keinen Gott, um die Kritik am Zinsgebot zu begründen. Es genügt die Forderung nach Menschenrechten und Demokratie. Die Zinsforderung widerspricht der prinzipiellen Gleichheit der Menschen, welche seit der Aufklärung die Voraussetzung für Demokratie ist. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Durch Zinsforderungen wird die eine Seite über die andere erhoben, die Kreditnehmer werden erniedrigt.

Zinsen treiben die Wirtschaft zur Ausbeutung

Doch erst mal Moral und Religion beiseite! Im Bankwesen hat sich die Zinsforderung seit fünfhundert Jahren durchgesetzt und es gilt folgende Spielregel: Wenn Unternehmerinnen und Unternehmer mit zu wenig Geld ein Geschäft starten wollen, gehen sie zu einer Bank und nehmen einen Kredit auf. Die Bank verlangt Zinsen, die nicht knapp bemessen sind. Die Kalkulation für das Unternehmen ist so, dass der Bruttogewinn im Geschäft höher sein muss als die Zinsforderung und nicht nur das, er muss höher sein als die Tilgungsrate des Kredits, sonst macht das Geschäft keinen Sinn.

Wo soll das Geld für die Zinsen herkommen? Wie das Modell mit Amalia und Mister Tallyman gezeigt hat, wird es durch die Zinsforderung eng im Geldsystem. Die Idee ist naheliegend, sich zusätzliche Werte aus Natur und Umwelt zu holen: Holz und Baumaterial, Landwirtschaftlicher Ertrag, Bodenschätze, Energie aus fossilen Quellen, also zusätzlichen Gewinn durch den Griff auf die vorhandenen Ressourcen zu schaffen. Wegen der Zinsen muss die Entnahme aus der Natur größer sein als der Bedarf.

Am Anfang steht die Zinsforderung am Ende das prozentuale Wirtschaftswachstum mit Ausbeutung aller Ressourcen des Planeten und aller menschlichen Möglichkeiten. Das ist die real existierende, vorhersehbare Katastrophe, die durch Zinsforderungen besonders in den letzten zweihundert Jahren herbei geführt wurde. Politik und Finanzwirtschaft können diese Probleme nicht lösen, so lange die Macht des großen Geldes die Politik bestimmt. In den USA ist das kaum zu ändern, aber in Europa und gerade in Deutschland wäre es möglich. Und in den BRICS-Staaten hat die Zeitenwende im Finanzsystem bereits 2023 begonnen.

Vor etwa zwei Jahren waren wir auf Ebene der Notenbanken schon einmal bei null Zinsen angelangt. Das war logisch. Der Grund ist die viel zu große Geldmenge. Wenn Geld in Überfluss, egal wo, vorhanden ist, kann eine Bank keine Zinsen für Geldeinlagen mehr zahlen. Wenn sie Zinsen garantiert, wird sie mit Geld überschüttet. Umgekehrt kann sie von ihren Kunden auch nicht 5% Zinsen für Kredite verlangen. Dann kommt eine andere Bank, die es für 3% oder 2% oder 0,5% macht.

Wenn Geld zu viel da ist, sind Zinsen nicht mehr durchsetzbar. Und es gibt schon lange zu viel Geld. Man kann, grob geschätzt sagen: Es sind Hunderttausend Milliarden zu viel. Das ist der hier geschickt eingefügte Titel meines gerade erschienenen Buches. Es ist gleichzeitig eine zentrale Aussage über das Finanzsystem im Jahre 2023: wenigstens hunderttausend Milliarden, also hundert Billionen Dollar oder Euro sind zu viel.

Wir waren vor zwei Jahren schon nahe an einer Systemänderung: Geld ohne Zinsen. Die US-Notenbank FED hat dann doch wieder Zinsen eingeführt und die EZB ist dieser Politik dummerweise gefolgt. Es gibt dafür allerlei umstrittene oder fadenscheinige Begründungen. Unterm Strich ist die Begründung einfach: Die US-Notenbank FED, im Besitz der größten US-Banken und damit der reichsten Familien, will das feudale Finanzsystem mit Zinsforderungen nicht ändern, weil es für die Geldbesitzer so bequeme Vorteile bietet. Man erzählt den Leuten, dass diese Vorteile auch für kleine Sparer gelten würden. Aber immer werden diejenigen, die Zinsen zahlen benachteiligt und das sind 99% der Menschen. Zinsen zahlen nämlich auch Leute, die keine Privatschulden machen, sie stecken in jeder Miete, in jedem Auto, in jeder Steuer.

Jeder deutsche Normalbürger, egal welchen Alters, hat zur Zeit etwa 28.000 Euro Schulden aus dem Staatshaushalt, Tendenz steigend. Würde man aber die global vorhandene Geldmenge auf alle Menschen, etwa 8 Milliarden, verteilen, könnte man jedem, vom Säugling bis zur Urgroßmutter, 28.000 Dollar gutschreiben. Tendenz ebenfalls steigend. Es ist reichlich Geld vorhanden, um allen Menschen ein würdiges Leben zu sichern.

Der dritte Teil des Essays behandelt die unkontrollierte Vermehrung von Geld, das keine materielle Bindung mehr hat und die Steigerung der Geldmenge ins Unermessliche treibt, nebst Folgen und Gegenmaßnahmen.

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Rob Kenius ist freier Publizist und betreibt die systemkritische Webseite https://kritlit.de. Das erwähnte Buch des Autors heißt: “Hundertausend Milliarden zu viel” und wird hier ausführlich sowie mit Leseproben vorgestellt.

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Natali _ Mis / Shutterstock.com

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