Die Drei von der Zankstelle
Ein Meinungsbeitrag von Anke Behrend
„Deutschland scheut die kritische Aufarbeitung der Corona-Jahre.“, konstatierte die NZZ am 24. Juni 2023 mit einem Schimmer Selbstgefälligkeit. Notabene: Soeben ist in der Schweiz die Verlängerung des Covid-Gesetzes per Volksabstimmung mit deutlicher Mehrheit angenommen worden. Resultat einer kritischen Aufarbeitung der Krisenjahre? Wohl kaum. So ist beispielsweise der Medienskandal vom Winter 2020/21 ohne nennenswerte Konsequenzen vorbeigezogen. Marc Waldner, CEO der weltweit agierenden Mediengruppe Ringier AG, hatte alle Redaktionen der Ringier-Medien auf Regierungslinie gebürstet und pflegte engste Kontakte in die Schweizer Politik. „Blick & Co. sind regierungstreu bis zum Abwinken.“, schrieb der „Nebelspalter“ und sprach von „Standleitung“. In der Folge wurde die Führungsstruktur des Konzerns einigen kosmetischen Maßnahmen unterzogen. Waldner ist nach wie vor im Amt.
The Good, The Bad and the Ugly
Immerhin inszeniert die NZZ nun eine Aufarbeitung der deutschen Coronapolitik. Das Drehbuch überrascht nicht: Veranstaltet wurde ein Interview in Form einer Talkshow mit drei Protagonisten der Krisenjahre, namentlich Wolfgang Kubicki (FDP), Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar und Soziologe Heinz Bude, alle drei bekannt für ihre mehr oder weniger pointierten Wortmeldungen in den vergangenen Jahren. „Lebhaft“, so beschreibt die NZZ dieses Boulevardstück. Jeder durfte seine altbekannten Thesen repetieren und das jeweilige Meinungskartell mit Häppchen versorgen. Yogeshwar bringt die „Bilder aus Bergamo“ ohne Einordnung aus heutiger Sicht (2). Bude erzählt, wie er den Müll rausgetragen hat und „dass Corona in einer Reihe mit der Pest, der Cholera und der Spanischen Grippe gesehen werden muss“. Kubicki lobt den ersten Lockdown. In einem Punkt ist man sich einig: Angst war entscheidend. Angstmache wurde in einem Papier (3) empfohlen. „Das darf in einer Demokratie nicht geschehen“, stellt Wolfgang Kubicki fest.
Nichts Genaues weiß man nicht
Bude kommt mit der Phrase „Das wussten wir nicht“, Kubicki grätscht dazwischen. Bude war Mitglied des Expertenrats und Mitautor des oben genannten Panikpapiers sowie des berüchtigten No-Covid-Manifests (4). „Wir wussten: Großstädte würden in kürzester Zeit medizinisch nicht mehr zu versorgen sein.“ Wenn sie auch sonst kaum etwas wussten, dies wussten sie sicher. Doch selbst wenn „… ich diese Erkenntnisse, die Sie fordern, damals gehabt hätte, hätte ich in der Pandemie nicht anders entschieden.“ Bude weicht keinen Deut von seiner Linie, Yogeshwar kritisiert Formfragen aber nicht die Prämisse, Kubickis kritisch tönender Klartext ist in Anbetracht seines Abstimmungsverhaltens im Bundestag (5) nicht
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Die Drei von der Zankstelle
Ein Meinungsbeitrag von Anke Behrend. „Deutschland scheut die kritische Aufarbeitung der Corona-Jahre.“, konstatierte die NZZ am 24. Juni 2023 mit einem Schimmer Selbstgefälligkeit. Notabene: Soeben ist in der Schweiz die Verlängerung des Covid-Gesetzes per Volksabstimmung mit deutlicher Mehrheit angenommen worden. Resultat einer kritischen Aufarbeitung der Krisenjahre? Wohl kaum. So ist beispielsweise der Medienskandal vom Winter 2020/21 ohne nennenswerte Konsequenzen vorbeigezogen. Marc Waldner, CEO der weltweit agierenden Mediengruppe Ringier AG, hatte alle Redaktionen der Ringier-Medien auf Regierungslinie gebürstet und pflegte engste Kontakte in die Schweizer Politik. „Blick & Co. sind regierungstreu bis zum Abwinken.“, schrieb der „Nebelspalter“ und sprach von „Standleitung“. In der Folge wurde die Führungsstruktur des Konzerns einigen kosmetischen Maßnahmen unterzogen. Waldner ist nach wie vor im Amt. (1)
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