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Aiwanger erobert die Bierzelte in Bayern

Published On: 4. September 2023 12:47

Das Gillamoos-Volksfest wird seit dem 16. Jahrhundert gefeiert. Am Montag fand jedoch eine hochaktuelle Abstimmung im Konflikt zwischen SPD/GRÜNE und der Süddeutschen Zeitung gegen Hubert Aiwanger und seine Freien Wähler statt. Alle reden über das Internet, aber politische Mehrheiten werden im Bierzelt herbeigeredet, herumgeschrien und herbeigesoffen. Das war schon immer so und ist auch im digitalen Jahr 2023 nicht anders. Politik ist reine Emotion, Gefühl, Vertrauen und im Bierzelt sieht man, ob jemand standhaft ist oder im Gegenwind umfällt.

Der Ursprung des Gillamoos liegt in einer Ägidius-Wallfahrt zu einer kleinen Kirche in der Nähe des Dorfes Gilla, die erstmals im Jahr 1313 urkundlich erwähnt wurde. Es ist also ein traditionelles Fest um die Kirche herum in Bayern. Im Jahr 2023 werden 20.000 bis 30.000 Besucher gezählt, von denen jeder zu Hause, in der Familie und am Stammtisch von dem berichten wird, was passiert ist, was gesagt wurde und wo der Spaß am größten war. Die Wallfahrt zum Ägidius-Zelt und dank der Maßkrüge, die überquellen vor Gnade, wirkt glaubwürdiger als Kurznachrichten in sozialen Medien. Schon um 8.00 Uhr meldet ein Leser: „Die längsten Schlangen stehen vor dem Zelt der Freien Wähler“. Das Zelt wird bereits zwei Stunden vor Beginn wegen Überfüllung geschlossen. Im Zelt der SPD, wo Parteichef Lars Klingbeil aus Berlin angereist ist, um den bayerischen Spitzenkandidaten Florian von Brunn mit seiner Taschenlampen-Strahlkraft zu unterstützen, waren zu dieser Zeit kaum mehr als die Bedienungen zu sehen. Auch bei den Grünen, wo Spitzenkandidatin Katharina Schulze den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann als Hauptredner erwartete, herrscht Bierbank-Hunger. Es ist eine Abstimmung mit den Füßen, Trillerpfeifen und Stimmbändern. „Hubert, Hubert“ schreien die Gäste, es sind ein paar Tausend. Nachdem Aiwanger in Zeitungen und TV-Sendungen verprügelt und durch Radiosendungen gejagt wurde, hört und spürt man, wie er die Energie vor und im Zelt aufnimmt und von ihr getragen wird. Am Sonntag um 19.20 Uhr wurde er noch von Markus Söder im ZDF wie ein Schuljunge behandelt, den er, Söder, aus Gnade und Weitsicht weitermachen lässt. Aiwanger wurde geschickt verteidigt und gleichzeitig verkleinert, ein Meisterwerk von Söders Rhetorik. Kann Aiwanger noch aufholen und seine Eigenständigkeit zurückgewinnen? In Gillamoos gewinnt er jedenfalls Sympathien.

Die Stimmung im kleineren Zelt der Grünen ist anders. Aufgrund der jüngsten Erfahrungen wurden vorsorglich Schilder angebracht. Dort klebt ein kleines Verbotsschild mit einer verdrucksten Sonnenblume, aber seine Botschaft ist nicht fröhlich: „Das Mitführen und die Nutzung von Trillerpfeifen, Hupen, Vuvuzelas oder ähnlichen Gegenständen ist aus gesundheitlichen Gründen im Weinstadl untersagt. Bei Verstoß behalten wir uns vor, vom Hausrecht Gebrauch zu machen“. Was sind das für gesundheitliche Gründe? Hat Katharina Schulze von den Grünen Angst vor dem Gepfeife wie im August, als sie schon einmal im Bierzelt bei Chieming ausgepfiffen wurde? Die Grünen sind als Partei angetreten, die Demonstrationen für politische Zwecke kultiviert hat – vor Kernkraftwerken bis hin zum Bundestag. Jetzt müssen sie sich vor den Bierzeltbesuchern fürchten. Die aggressivste deutsche Partei wird zur defensivsten. Sie hat das verloren, was ihre Macht ausgemacht hat: die kulturelle Hegemonie. Diese haben sie nur noch bei der Süddeutschen Zeitung, aber nicht mehr bei den Menschen. Und genau in dem Moment, in dem Schulze sich als Vertreterin bürgerlicher Tugend darstellt, wird sie von hinten ausgepfiffen.

Auch im Sozi-Zelt wird geschrien, und wie! Vom Spitzenkandidaten der SPD in Bayern, von Brunn, von dem man nicht weiß, ob er die Fünf-Prozent-Hürde wirklich schafft. Und das in einem Land, das traditionell nach dem Ruhrgebiet die größte sozialdemokratische Bewegung hatte, die mit ihrem früheren Mitglied Kurt Eisner den ersten Ministerpräsidenten nach dem Ersten Weltkrieg und mit dem legendären Wilhelm Hoegner auch nach dem Zweiten Weltkrieg stellte. „Dieses wunderbare Land gehört nicht der CSU“, ruft Parteichef Klingbeil mit dem Charme einer Büroklammer. Dabei hat er Recht. Bayern ist nicht von Natur aus ein CSU-Land, es wurde durch Generationen von politikfernen Politikern wie von Brunn dazu gemacht, und jetzt bekommt er das Zelt kaum voll. Von Brunn wirft Aiwanger doch allen Ernstes vor, die Widerstandskämpferin Sophie Scholl, die für ihre Anti-Hitler-Flugblätter ermordet wurde, „verhöhnt“ zu haben. Im Bierzelt zu sprechen, ist für ihn eine Herausforderung

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In Bayern gewinnt Aiwanger die Bierzelte für sich

Das Volksfest Gillamoos wird seit dem 16. Jahrhundert gefeiert. Am Montag aber ist es eine höchst aktuelle Abstimmung im Konflikt SPD/GRÜNE und Süddeutsche Zeitung gegen Hubert Aiwanger und seine Freien Wähler. Alle reden vom Internet, aber politische Mehrheiten werden im Bierzelt herbei geredet, herumgeschrien, herbeigesoffen. So war es immer und so ist es auch im Digital-Jahr 2023. Politik ist Emotion pur, Gefühl, Vertrauen und im Bierzelt sieht man: Hat der eine Steh‘, oder auf Hochdeutsch: Steht der da vorn, oder fällt er um im Gegenwind? Bericht von der Ägidius-Wallfahrt Der Ursprung des Gillamoos liegt in einer Ägidius-Wallfahrt zu einer kleinen Kirche nahe der Einöde Gilla, welche im Jahr 1313 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Es ist also eine Kirchweih, das traditionelle Fest

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