schweiz-stimmt-einseitiger-uno-resolution-zu:-verletzung-der-neutralitaet-durch-das-edaSchweiz stimmt einseitiger UNO-Resolution zu: Verletzung der Neutralität durch das EDA
sonderausgabe-des-schweizer-monats:-„politisierte-medizinSonderausgabe des Schweizer Monats: "Politisierte Medizin
die-bewaffnete-neutralitaet-ist-eine-taeuschung-des-lebens

Die bewaffnete Neutralität ist eine Täuschung des Lebens

Published On: 3. November 2023 11:57

Im Ukrainekonflikt wird der Schweiz von Russland und China vorgeworfen, sie sei nicht mehr neutral. Gleichzeitig rügen Vertreter westlicher Länder, die Schweiz tue nicht genug für die Ukraine. Macht die Schweiz nun zu wenig oder zu viel?

Mit dem Entscheid des Bundesrates am 24. Februar 2022, die EU-Sanktionen gegen Russland zu übernehmen, haben wir einen Fehler begangen. Die Schweiz sandte sowohl nach innen wie nach aussen ein völlig falsches Signal. Nicht nur Russlands Präsident Putin fand, die Schweiz sei nicht mehr neutral, sondern auch US-Präsident Biden. Die Reaktion in der Weltpresse war nicht anders. Wenn die beiden Hauptantagonisten in diesem Krieg denken, die Schweiz sei nicht mehr neutral, dann haben wir etwas falsch gemacht, in der Kommunikation und der Sache selbst.

Später machte es der Bundesrat dann besser, als er sich bei der Waffenausfuhr auf Neutralitäts­prinzipien berief und als er den Rechtsstaat vor dem Druck der G7 in bezug auf Oligarchengelder verteidigte. Aber kann man diese beiden Dinge so klar trennen? In Ihrem Buch, Herr Widmer, schreiben Sie: «Neutralität ohne Neutralitätspolitik ist ein Ding der Unmöglichkeit.»

Es gibt eindeutiges Neutralitätsrecht, das man einhalten muss. Dass hierbei zurzeit Verwirrung herrscht, sieht man im Parlament. Waffenlieferungen an die Ukraine sind gemäss Kriegsmaterialgesetz verboten, gemäss Neutralitätsrecht nicht. Ändern wir aber jetzt das Kriegsmaterialgesetz, dann tun wir das, um Kriegsmaterial an die Ukraine indirekt liefern zu können – und das ist wiederum eine Verletzung des Neutralitätsrechts. Das Parlament sollte deshalb das Nichtwiederausfuhrverbot streichen. Und die Schweiz sollte sich an das halten, was wir aufgrund unserer Tradition ohnehin tun würden: kein Kriegsmaterial an kriegführende Staaten zu liefern. Was nichtkriegführende Staaten wie Deutschland zu einem späteren Zeitpunkt tun, liegt in deren eigener Verantwortung.

Die Grundlage unserer Aussenpolitik unterscheidet sich stark von anderen Ländern. Es gibt nur ein Land, in dem das Volk in der Aussenpolitik mitreden kann: die Schweiz. Unser Staat ist von unten her aufgebaut, nicht von oben. Die Neutralität ist ein konstituierendes Element der Machtbeschränkung, so wie die direkte Demokratie, der Föderalismus und die Mehrsprachigkeit. Diese vier Elemente zielen darauf ab, die Macht der Elite zu beschränken. Aufgrund dessen haben wir eine vorsichtigere Politik als andere Länder.

Nein. Wir haben bereits im 19. Jahrhundert eine der offensten Aussenpolitiken gehabt, aber nicht im Sinne der Machtpolitik. Unser Ziel ist es nicht, die Macht und Herrlichkeit von Monarchen oder der EU zu stärken. Unser Ziel ist die grösstmögliche Freiheit des Bürgers. Und diese haben wir grösstenteils bewahren können. Wer hatte denn im 19. Jahrhundert die Idee vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, einer humanitären Initiative par excellence? Wer hat dafür gesorgt, dass es in Genf Plattformen für internationale Verhandlungen gab? Hätten wir uns zurückgenommen und isoliert, wäre Genf diese Rolle nicht zugefallen.

Sie hat in absoluter Form noch nie existiert. Hören wir auf, von diesem Phantom zu sprechen. Hat sie beim Wiener Kongress existiert, als man die Republik Genua per Federstrich in den Abfall warf? Unsere Welt war schon immer enorm verflochten, und wir werden immer interdependenter. Aber wir verfügen auch über Kompensationsmechanismen; einer dieser Mechanismen ist die Beteiligung des Volkes am Regierungssystem – und diese wird in immer mehr Ländern verlangt. Glauben Sie jedoch nicht, dass der souveräne Staat aussterbe. Eine Auflösung der nationalen Souveränität ist nirgends in Sicht.

Dieses Schwarzweissbild teile ich nicht. Das ganze 19. Jahrhundert hindurch war der Krieg geächtet. Und das heutige Verbot des Krieges funktioniert nicht. Eine Grossmacht hat ein Interesse an der kollektiven Sicherheit, die sie beherrschen kann – an Neutralität ist sie nicht interessiert. Würde die kollektive Sicherheit funktionieren, hätte die Neutralität in der Tat keine Berechtigung mehr. Die Realität sieht aber anders aus. Seit die UNO existiert, gab es mehr als 100 internationale Konflikte. Jeder davon ist eine Legitimierung unseres neutralen Status. Infolge des Ukrainekriegs ist eine Annäherung an die Nato in der Schweiz mehrheitsfähig geworden, wie die Studie «Sicherheit 2023» der ETH zeigt; zugleich befürworten weiterhin über achtzig Prozent der Schweizer die Neutralität.

Das Wort Lebenslüge müssen Sie erklären. Weshalb soll eine Erfolgsgeschichte sondergleichen eine Lebenslüge sein? Wir schafften es als erstes Land auf der Welt, die Neutralität als ein Element des Weltfriedens einzuführen. Den Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie den Kalten Krieg haben wir solide überlebt. Positive Erfahrungen erzeugen üblicherweise Zuversicht. Doch unsere Neutralitätskritiker scheinen sich an anderen Gesetzmässigkeiten zu orientieren.

Es gehört zu unserer Aussenpolitik, dass wir uns zurückhalten und uns

Original Artikel Teaser

«Die bewaffnete Neutralität ist eine Lebenslüge»

Im Ukrainekonflikt wird der Schweiz von Russland und China vorgeworfen, sie sei nicht mehr neutral. Gleichzeitig rügen Vertreter westlicher Länder, die Schweiz tue nicht genug für die Ukraine. Macht die Schweiz nun zu wenig oder zu viel? Paul Widmer: Mit dem Entscheid des Bundesrates am 24. Februar 2022, die EU-Sanktionen gegen Russland zu übernehmen, haben wir einen Fehler begangen. Die Schweiz sandte sowohl nach innen wie nach aussen ein völlig falsches Signal. Nicht nur Russlands Präsident Putin fand, die Schweiz sei nicht mehr neutral, sondern auch US-Präsident Biden. Die Reaktion in der Weltpresse war nicht anders. Wenn die beiden Hauptantagonisten in diesem Krieg denken, die Schweiz sei nicht mehr neutral, dann haben wir etwas falsch gemacht, in der Kommunikation und der Sache

Details zu «Die bewaffnete Neutralität ist eine Lebenslüge»

Categories: Deutsch, Politik, Pro Schweiz, Quellen, UkraineTags: , Daily Views: 1Total Views: 21
schweiz-stimmt-einseitiger-uno-resolution-zu:-verletzung-der-neutralitaet-durch-das-edaSchweiz stimmt einseitiger UNO-Resolution zu: Verletzung der Neutralität durch das EDA
sonderausgabe-des-schweizer-monats:-„politisierte-medizinSonderausgabe des Schweizer Monats: "Politisierte Medizin