Corona? Offenbar ein Tabu für Literatur, Film und Fernsehen
Jede historische Periode und jedes wichtige Ereignis wurde bereits als Rahmen für unzählige Romane, Filme und Fernsehproduktionen verwendet. Es gibt unzählige Bücher und Filme, deren Handlung sich um den Mauerfall dreht. Doch was ist mit den Jahren der Corona-Pandemie? Die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus und die persönlichen Schicksale bieten ein äußerst vielschichtiges Thema für künstlerische Ansätze. Doch hier herrscht gähnende Leere. Selbst in zeitgenössischen TV-Produktionen kommen Masken, Schulschließungen, Ausgangssperren oder der Umgang mit Ungeimpften nicht vor. Ist das nicht seltsam?
Im letzten Jahr wurden allein in Deutschland fast 65.000 Bücher veröffentlicht. Die Zahl der Kino- und TV-Filme sowie Serien ist in Zeiten von Streamingangeboten ohnehin enorm. Es scheint, als ob jede Geschichte bereits erzählt wurde. Die großen Themen wie Liebe und Beziehungen, Alter und Tod, Verzweiflung und Hoffnung, Identität und Selbstfindung, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit oder ethische und psychologische Fragen sind die Dauerbrenner in fiktiven Geschichten. Was sich jedoch ändert, ist der Rahmen, das Sujet. Man kann eine unvollendete Liebe während des Mauerfalls, im Kontext der Flüchtlingsdebatte oder verschiedener Kriege erzählen. Doch warum wird gerade die Coronapandemie so gut wie nie als Rahmen gewählt?
Es scheint keine guten Geschichten zu geben, in denen beispielsweise Eltern im Altenheim sterben, ohne dass man sie aufgrund von Besuchsverboten ein letztes Mal gesehen hat und mit ihnen den letzten Frieden geschlossen hat. Wäre es nicht erzählenswert, sich mit den psychischen Problemen von Kindern während der Schulschließungen und des Lockdowns auseinanderzusetzen? Und was ist mit der Liebe? Mein damals frisch verliebter Schwager aus Lörrach war beispielsweise wochenlang von seiner Freundin aus Basel durch einen Grenzzaun getrennt. Sie trafen sich dann illegal, indem sie die grüne Grenze übertraten. Ist das keine Geschichte, die erzählt werden kann? Aber nein, diese Geschichten, die fast jeder von uns in den letzten Jahren in irgendeiner Form erlebt hat, werden nicht erzählt. Selbst in Produktionen, die während der Coronazeit stattfanden, trägt niemand vor der Kamera eine Maske. Warum?
Warum werden die Themen der Coronapandemie und alles, was damit zusammenhängt, so gut wie möglich verdrängt und tabuisiert? Gibt es eine Schere im Kopf? Ist der Schmerz noch zu frisch und muss von den Kreativen erst noch verarbeitet werden? Oder ist jegliche Kritik an den Maßnahmen von den Verlagen und Studios unerwünscht? Vielleicht wissen Sie mehr oder haben eine überzeugende Erklärung. Es scheint jedenfalls, als würde man sich große Mühe geben, das Thema zu verdrängen. Vielleicht müssen noch einige Jahre vergehen, bis sich unsere Kulturschaffenden diesem Thema widmen
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Corona? Für Literatur, Film und Fernsehen offenbar ein Tabu
Jede zeitliche Periode, jedes mehr oder weniger wichtige geschichtliche Ereignis musste schon als Rahmen für unzählige Romane, Spielfilme oder sonstige Fernsehproduktionen herhalten. Wie viele Bücher und Filme gibt es beispielsweise, deren Rahmenhandlung der Mauerfall ist? Unzählige. Doch was ist mit den Coronajahren? Dabei gäben die Coronamaßnahmen und all die Irrungen und Wirrungen, die persönlichen Schicksale im Großen wie im Kleinen doch ein äußerst vielschichtiges Sujet für künstlerische Ansätze ab. Doch hier herrscht gähnende Leere. Noch nicht einmal in den zeitgenössischen TV-Produktionen dieser Jahre kamen Masken, Schulschließungen, Ausgangssperren oder der Umgang mit Ungeimpften vor. Ist das nicht seltsam? Von Jens Berger. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Podcast: Play in new window | Download Allein im letzten Jahr sind in
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