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Die alternative „Wort zum Sonntag“ oder: Die Suche nach Vollständigkeit

Published On: 30. Dezember 2023 23:53

Ein «großes Heimweh» bezeichnet der Journalist Dirk Fleck das Leben. Er nähert sich immer wieder dieser bedrängenden und unstillbaren Sehnsucht des Menschen an. Dichter und Philosophen haben sie schon immer umkreist. Selbst der Pessimist Arthur Schopenhauer gibt zu, dass das Leben der meisten Menschen (aus Sicht von außen) bedeutungslos und leer ist. Es muss also ein Maßstab geben, der ihm dieses Urteil nahelegt. Vielleicht wird dieser Maßstab auch nur empfunden, wobei dieses Gefühl, diese Ahnung, gleichzeitig konstitutiv für das Menschsein zu sein scheint. Es ist nicht auszutreiben. Alfred Döblin schreibt in „Der unsterbliche Mensch“ (Seite 119): „Die höhere Einsicht und der größere Anspruch des Menschen machen seine Situation tragisch.“ Dieses Wesen Mensch „kann in die allgemeine Harmonie nicht eingehen, weil es ein Gefühl von Ganzheit hat, die es in der Natur nicht realisieren kann – es hat genug Einsicht, um zu bemerken, dass es nie dazu gelangt. Es sieht aus, als wäre ein Gift in diese Kreatur geträufelt.“ (S. 119) Gift oder Lebenselixier? Schopenhauer spricht von einer erloschenen Sehnsucht, und Dirk Fleck folgert zu Recht, dass die Summe solcher Menschen zu einer „Verfügungsmasse“ degeneriert, mit der sich „trefflich Politik betreiben“ ließe. Entsprechend abgestumpft seien in unseren Tagen viele Menschen gegen Vereinnahmungen und Verdrehungen jeder Art. Dirk Fleck schreibt weiter von fast leeren „Kraftspeichern für die Wachgebliebenen in unserer narkotisierten Zivilgesellschaft“. Sehnsucht und Heimweh als „Kraftspeicher“? Die unerreichbare Harmonie (Döblin) als Triebfeder für den Geist? Wie soll das gehen? Wir müssen uns von den gängigen Erzählungen befreien, „unsere eigenen Geschichten“ erzählen, wir müssen – wie Fleck den Dichter Albert Camus zitiert – „endlich aus unserer lähmenden Zuschauerlethargie ausbrechen, selbst aktiv und zu Schöpfern werden“. Der Appell ist gesetzt. Woher bezieht er seine Kraft, sein Drehmoment? Wir wissen ja immerhin, dass das Leben „eine einzige Hängepartie“ ist, „die letztlich durch Materialermüdung zu unseren Ungunsten entschieden wird“. Angesichts dieses Dilemmas zwischen permanent höherem Wollen und stetig gedämpftem Dürfen und Können heißt es rechtzeitig S.O.S. zu funken – SAVE OUR SOULS! Damit betritt ein potenziell dritter Spieler den Raum. Denn „man kann es auch anders sehen“, schreibt Döblin weiter, und nennt den Menschen „ein Doppelwesen, die Koppelung zweier Welten“. Diesem „gräulichen Notstand der ewigen Unvollendung“ kann er dann wehren, „wenn er wüsste, dass dieses natürliche Leben nicht das einzige Leben ist und dass alles, was er hier tut und unterlässt, zugleich auf einem anderen Blatt steht“. Mit Bernhard von Clairveaux mahnt er, man dürfe „nicht einfach dasjenige als verschlossen und unfassbar liegen lassen, was der Vernunft unerreichbar sei“ (S. 122). So haben zwar „die Dinge eine Neigung, ins Nichts zu rollen. Aber es ist auch etwas da, das sie auffängt“. (S. 141) – Save our Souls! Säkularer ausgedrückt: Fülle unsere Kraftspeicher! Die Sehnsucht als Zwiespalt, der Zwiespalt als Offenheit. Wen wundert’s, dass sich diese Lebenszusammenhänge expressis verbis in der Bibel finden? Die Spannung dort ist die zwischen der „irdischen Hütte“ und der „ewigen Behausung“, zwischen „seufzen“ und „offenbar werden“; 2. Korinther 5. Man will nicht ohnmächtig und nackt dastehen, seiner bloßen Sehnsucht nach dem diffusen Mehr ausgeliefert; viel lieber möchte man bereits die neuen Kleider der Großen Harmonie anziehen. Geht nicht, sagt Paulus. Zwischen hier und dort liegt ein Unterschied, ein Graben. Aber kein unüberbrückbarer. Der Heilige Geist im Glauben an den Erlöser sei diese Brücke, das Angeld auf das große Ganze, nachdem die Seele – verstanden als das Lebensganze – bereits gerettet ist. Zwei Wege sind also nicht mehr möglich: aus unerfüllter Sehnsucht zur „Verfügungsmasse“ abstumpfen und mit ohnehin schwindendem Tank eine Tragik des Lebens bedauern. „Das Heimweh verbürgt nicht das Heimkommen“, schrieb in den 30er Jahren der Basler Theologe Karl Hartenstein. Sondern es zeugt als ein schmerzlicher Leerraum von der Heimat. „Der Geist ist nicht das Heimkommen“, könnte ein Paulus ergänzen. Aber er belegt als kraftvolle Hoffnung diese andere Heimat und nährt aus ihr. Auf diese Weise geschieht es, dass wir aus der „lähmenden Zuschauerhaltung aufbrechen, selbst aktiv und zu Schöpfern werden“ – von unserem eigenen Jahr des Herrn 2024. ************ Wort zum Sonntag vom 24. Dezember 2023: Weihnachten als Manifest der Freiheit Lothar Mack war als Gemeindepfarrer und bei verschiedenen Hilfswerken und Redaktionen tätig. Sein kritischer Blick auf Kirche und Zeitgeschehen hat ihn in die Selbständigkeit geführt. Er sammelt und ermutigt Gleichgesinnte über Artikel und Begegnungen und ruft in Gottesdiensten und an Kundgebungen zu eigenständigem gläubigem Denken auf

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Das andere «Wort zum Sonntag» oder: Die Sehnsucht nach dem Ganzen

Ein «grosses Heimweh» nennt der Journalist Dirk Fleck das Leben. In immer neuen Anläufen nähert er sich dieser ebenso bedrängenden wie unstillbaren Sehnsucht des Menschen. Die Dichter und Philosophen haben sie seit jeher umkreist. Auch der Pessimist Arthur Schopenhauer gesteht sie ein, wenn er «das Leben der allermeisten Menschen» als («von außen gesehen») «nichtssagend und bedeutungsleer» einstuft. Es muss also ein Maßstab da sein, der ihm dieses Urteil nahelegt. Vielleicht wird der auch lediglich empfunden, wobei dieses Gefühl, diese Ahnung, zugleich konstitutiv zu sein scheint für das Humanum an sich. Es ist nicht auszutreiben. «Die höhere Einsicht und der grössere Anspruch des Menschen machen seine Situation tragisch», schreibt Alfred Döblin in «Der unsterbliche Mensch» (Seite 119). Dieses Wesen Mensch «kann

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