die-schuhmarke-on-wird-von-der-nzz-fuer-ihre-„moralische-ueberheblichkeit“-kritisiertDie Schuhmarke On wird von der NZZ für ihre "moralische Überheblichkeit" kritisiert
vier-anschlaege-begleiten-die-deutsche-wiedervereinigung-|-von-wolfgang-effenbergerVier Anschläge begleiten die deutsche Wiedervereinigung | Von Wolfgang Effenberger
die-hoeflichkeit-ist-ausserirdisch

Die Höflichkeit ist außerirdisch

Published On: 25. Januar 2024 11:36

Ein Meinungsbeitrag von Dirk C. Fleck: „Der Ton ist nicht von dieser Welt.“ Manche Sätze hallen nach, manche sogar jahrelang. Dieser Satz zum Beispiel. Er wurde in einem Gespräch mit Daniel Barenboim gefallen, dem damaligen Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Unter den Linden, das ich Ende der Neunziger führte. „Wir Musiker kleiden den Ton nur ein,“ erklärte der Maestro dem überraschten Interviewer, „aber danach verschwindet er wieder dorthin, wo er hingehört. Es ist wie mit dem Schmerz. Wenn wir nicht schreien, heißt das nicht, dass er nicht existiert.“ Mir läuft ein Schauer über den Rücken, jetzt, da mir diese Worte wieder in den Sinn kommen. Die Schreie in Gaza, die derzeit als akustische Qual durch den Äther wabern – Barenboim hört sie vermutlich ständig. Als einziger Mensch auf der Welt besitzt er sowohl die israelische als auch die palästinensische Staatsbürgerschaft. Bereits 1999 gründete er das West-Eastern Divan Orchestra, das sich für friedliche Lösungen im Nahostkonflikt einsetzt. Ich kann mir nicht vorstellen, welchen Belastungen dieser inzwischen 81-jährige Mann angesichts des Genozids in Gaza ausgesetzt ist. Und weil das so ist und weil auch ich es kaum ertragen kann, wechsle ich jetzt das Thema. Nicht ganz, denn es geht erneut um das Unhörbare, dem jemand ein Leben lang auf die Spur zu kommen versuchte. Sein Name ist Amar G. Bose, ein US-amerikanischer Elektroingenieur und Gründer der weltberühmten Klangschmiede Bose Corporation. Ich traf ihn im selben Jahr, in dem ich Daniel Barenboim traf, in Framingham, Massachusetts, dreißig Meilen westlich von Boston. Dort hat seine Firma ihren Sitz auf einem Berg, der auch so heißt: „The Mountain“. Sound-Freaks auf der ganzen Welt geraten in Verzückung, wenn dieser Name erwähnt wird, denn für sie ist „The Mountain“ das Ohr zur Welt. Das Motto von Amar G. Bose, der 2013 verstorben ist, lautete schlicht: „Ich mache die Melodie des Lebens hörbar.“ Ich erinnere mich, dass wir nach der Begrüßung eine Weile schweigend an der Fensterfront seines Büros standen und auf das Firmengelände blickten. Der Sound-Guru und ich, vereint in Stille. Bevor die Situation zu einer Andacht eskalieren konnte, brach mein Gastgeber in kindliches Gelächter aus. Der Sohn indischer Einwanderer war bereits über siebzig, na und? Wir alle werden durch die Zeit getragen. Aber Jugendlichkeit und Kreativität unterliegen keinem Verfallsdatum. „Ich wusste schon mit neunzehn, dass ich irgendwann eine eigene Firma haben würde,“ bemerkte er schmunzelnd, „aber erst mit zweiunddreißig sagte ich mir: ‚Mein Gott, du weißt, dass du eine Firma haben wirst, aber du hast bis jetzt nichts dafür getan!'“ Er wurde förmlich ins Geschäft gedrängt – von sich selbst. Das Leben von Amar G. Bose hatte noch genügend Platz für den Aufbau eines Imperiums, das mit fünftausend Mitarbeitern zu den weltweit besten Adressen der Hi-Fi-Branche gehört. Wir verließen den gläsernen Verwaltungspalast und gingen in den flachen Pavillonbereich, wo umgesetzt wird, was Bose von Anfang an zu seinem Credo gemacht hat: BETTER SOUND THROUGH RESEARCH! Dieser Leitspruch findet sich überall auf dem Firmengelände. „Leben ist Energie,“ hörte ich ihn sagen, „und Energie ist Schwingung, also Klang.“ Er führte mich in einen kleinen Vorführungsraum und schaltete einen Computer ein, auf dessen Bildschirm die architektonische Skizze eines Kirchenschiffs erschien. Ich lauschte einer Orgel von Bach und sah, wie Bose die Maus von einem Winkel des Gebäudes in den anderen bewegte, was das Hörerlebnis jedes Mal entscheidend veränderte. Es fühlte sich an, als würde ich mich bewegen, als würde ich in den Raum gebeamt. Als nächstes führte er mich in einen Raum, der mich genauso verblüffte – weil man darin nicht auf dem Boden bleiben konnte. Der Teppich hing an der Wand

Original Artikel Teaser

Der gute Ton ist nicht von dieser Welt

Ein Meinungsbeitrag von Dirk C. Fleck. „Der Ton ist nicht von dieser Welt.“ Manche Sätze schwingen nach, einige sogar jahrelang. Dieser zum Beispiel. Er fiel in einem Gespräch, das ich Ende der Neunziger mit Daniel Barenboim geführt hatte, dem damaligen Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Unter den Linden. „Wir Musiker ziehen dem Ton nur ein Gewand an,“ erklärte der Maestro dem verdutzten Interviewer, „aber danach verschwindet er wieder dorthin, wo er heimisch ist. Es ist wie mit dem Schmerz. Wenn wir nicht schreien, heißt das ja nicht, dass er nicht existiert.“ Ich kriege Gänsehaut, jetzt, da mir die Worte wieder in den Sinn kommen. Die Schreie in Gaza, die zur Zeit als akustische Qualschicht durch den Äther wabern – Barenboim hört

Details zu Der gute Ton ist nicht von dieser Welt

die-schuhmarke-on-wird-von-der-nzz-fuer-ihre-„moralische-ueberheblichkeit“-kritisiertDie Schuhmarke On wird von der NZZ für ihre "moralische Überheblichkeit" kritisiert
vier-anschlaege-begleiten-die-deutsche-wiedervereinigung-|-von-wolfgang-effenbergerVier Anschläge begleiten die deutsche Wiedervereinigung | Von Wolfgang Effenberger