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Inflation klettert auf 5,2 Prozent und wird noch länger hoch bleiben

Published On: 29. November 2021 15:38

Die Inflation ist derzeit so hoch wie nie seit der Wiedervereinigung. Auch auf mittlere und längere Frist ist vermutlich mit Teuerungsraten über dem 2-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank zu rechnen.

IMAGO/Rolf Poss

Der Verbraucherpreisindex stieg im November nach vorläufiger Schätzung des Statistischen Bundesamts um 5,2 Prozent. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex, den die EZB für ihre Geldpolitik heranzieht, misst sogar ein Preisplus von 6,0 Prozent. Besonders verteuerten sich demnach Energie (+22,1 Prozent) und Lebensmittel (+4,5 Prozent). Dienstleistungen sind bloß 2,8 Prozent teurer als vor zwölf Monaten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bundesregierung beschwichtigen. EZB-Direktorin Isabel Schnabel sagte am Montag im ZDF: „Wir gehen davon aus, dass im November der Höhepunkt der Inflationsentwicklung erreicht ist und dass die Inflation im kommenden Jahr wieder allmählich zurückgehen wird, und zwar in Richtung unseres Inflationsziels von zwei Prozent.“

Das begründen EZB und Co. unter anderem mit der Mehrwertsteuersenkung. Diese habe die Preise im zweiten Halbjahr 2020 gesenkt, weshalb die Preisanstiege nun größer ausfielen. Außerdem seien die Energiepreise Lockdown-bedingt gefallen – im kommenden Jahr sei mit geringeren, konstanten oder weniger stark steigenden Energiepreisen zu rechnen. Der Kieler Ökonom Stefan Kooths schätzte etwa in der Sendung Tichys Ausblick, dass derzeit allein durch die Mehrwertsteuersenkung die Inflation um 1 Prozentpunkt höher ausfällt.

Gleichwohl: Selbst wenn die offiziell gemessene Inflation kurzfristig etwas sinken dürfte, deuten sich auf mittlere und längere Frist steigende Preise an. Erstens altern die Bevölkerungen in China und im Westen. Alte sparen und produzieren weniger und konsumieren mehr. Laut dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung kommen hierzulande auf 100 Leute im Erwerbsalter rund 70 Alte und Kinder. Im Jahr 2030 sollen es bereits weit über 80 sein.

Gleichzeitig deutet sich ein sehr teurer Umbau der Wirtschaft an, um Unternehmen “klimaneutral” zu machen. Die massiven Subventionen wollen die Grünen über Schulden und die Notenpresse finanzieren. Wirtschaftsminister in spe Robert Habeck will 50 Milliarden Euro pro Jahr ausgeben und sprach sich für eine grüne Geldpolitik und ein Aufweichen der grundgesetzlichen Schuldenbremse aus.

Dazu kommen die hohen Frachtraten in der Container-Schifffahrt. Diese verteuern vor allem großvolumige, billige Güter (TE berichtete) und Elektronikartikel, bei denen viele Einzelteile verschifft werden müssen. Die UNO-Organisation UNCTAD schätzt deswegen für Deutschland, dass die Inflationsrate innerhalb eines Jahres um 2 Prozentpunkte steigen wird. Das geht aus einer Simulation hervor, die in dem Bericht “Review of Maritime Transport” kürzlich erschienen ist. Ein Teil dieses Inflationspotenzials sei bereits umgesetzt, erklärt Jan Hoffmann, der Leiter des Bereichs Handelslogistik der UNCTAD, gegenüber TE. Wie viele Prozentpunkte das seien, könne er aber nicht quantifizieren.

Viele Staaten werden voraussichtlich weiter Lockdowns verhängen. Das wird die Lieferketten erneut durcheinander wirbeln und die Produktion dämpfen. Staaten werden Konjunkturpakete verabschieden, die indirekt über die Notenpresse finanziert werden.

Viele Eurostaaten sind ohnehin so sehr verschuldet, dass eine Sparpolitik keine Option mehr ist. Italien würde extrem lange brauchen, um die Schuldenquote von 60 Prozent aus dem Maastricht-Vertrag wieder einzuhalten. Die Bundesbank stellt in ihrem Monatsbericht für November fest – ohne Italien zu erwähnen: „So würden beispielsweise fast 40 Jahre benötigt, um bei einer anfänglichen Schuldenquote von 150 Prozent, einem strukturellen Defizit von 0,5 Prozent des BIP und einem nominalen BIP-Wachstum von drei Prozent den Referenzwert von 60 Prozent zu erreichen.“

ifo Institut erwartet Preisanstiege

Die EZB steht vor einem Dilemma: Hebt sie den Leitzins an oder weitet sie die Geldmenge nicht rasch genug aus, könnte das zu einer Wirtschaftskrise führen. Viele Eurostaaten und Zombie-Firmen würden pleite gehen. Die politisch gewollte Währungsunion wäre Geschichte. Um das zu verhindern, wird die EZB immer wieder Liquidität in die Märkte pumpen. Bislang blieb das frischgeschöpfte Geld im Bankensystem eingekapselt. Doch mit den Corona-Konjunkturmaßnahmen und dem grünen Umbau der Wirtschaft kommt es immer mehr beim Verbraucher an.

Ohnehin dürften die offiziellen Zahlen die wahre Inflation unterschätzen. Der US-amerikanische Boskin-Report bezifferte den Einfluss von Qualitätsanpassungen auf die Inflationsrate auf 0,6 Prozentpunkte. Auch die geometrische Gewichtungsmethode senkt die Inflationsrate nach Schätzungen um 0,5 bis 2 Prozentpunkte. Bei der geometrischen Methode verändern die Statistikämter die Warenkorb-Anteile von Gütern gemäß dem durchschnittlichen Verbrauch. Bei Qualitätsanpassungen werden Verbesserungen und Verschlechterungen in der Produktqualität berücksichtigt (TE berichtete).

Die stark gestiegenen Wohnimmobilienpreise sind in der offiziellen Teuerungsrate nicht eingerechnet. Stattdessen verwendet das Statistische Bundesamt den sogenannten Mietäquivalenz-Ansatz. Allein Nettokaltmieten machen aber bereits rund 20 Prozent der gesamten Inflationsrate aus. Würden Wohnimmobilienpreise berücksichtigt, dürfte bei rund 50 Prozent Eigenheim-Besitzern die Inflationsrate merkbar steigen. Zuletzt verteuerten sich Wohnimmobilien bundesweit um satte 10,9 Prozent zum zweiten Quartal, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Laut den aktuellen Inflationszahlen stiegen die Nettokaltmieten innerhalb eines Jahres aber gerade einmal um 1,2 Prozent.

Vermögenspreise berücksichtigen die Statistiker gar nicht. Dabei sind Investments in Aktien, Immobilien oder Edelmetalle der Preis für zukünftigen Konsum. Verteuern sich diese Güter sehr, erschwert das den sozialen Aufstieg gerade für junge Menschen und Vermögenslose. Auch Vermögensgüter steigen weitaus schneller als die offiziell gemessene Inflation. Kritiker wie der Leipziger Ökonom Gunther Schnabl fordern deswegen, dass die Statistikämter weitere, breiter gefasste Inflationsmaße veröffentlichen.

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