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Der historische Absturz von CDU und CSU

Published On: 23. September 2021 11:24

Wenn die Union jetzt in die Opposition muss, ist nicht ausgeschlossen, dass die einstige Volkspartei komplett implodiert. Die Olaf Scholz-SPD wird am Sonntag triumphieren. Und was Saskia Esken angeht, sei an die kurze Geschichte von Oskar Lafontaine als Bundesminister erinnert.

Eines will ich vorwegschicken: Regierungswechsel in einer Demokratie bedeuten nie den Weltuntergang, egal welche Ängste im Wahlkampf dagegen auch geschürt werden. Als Helmut Kohl 1998 nach 16 Jahren abgewählt wurde und das rot-grüne Duo Gerhard Schröder und Joschka Fischer die Regierungsverantwortung in der alten Bonner Republik übernahm, prognostizierten viele den ökonomischen Niedergang des Landes. Der Fehlstart mit einer falsch angelegten Energiewende und der Aufkündigung der ersten zarten Rentenreformansätze der Vorgän-gerregierung schien das auch gleich zu belegen. Allerdings räumte Kanzler Gerhard Schröder schon bald seinen linken Finanzminister und Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine aus dem Feld. Mit Hans Eichel machte danach plötzlich ein sozialdemokratischer Finanzminister Sparpolitik salonfähig.

Als die rot-grüne Regierung nach ihrer knappen Wiederwahl 2002 mit ihrem heftig kritisierten Koalitionsvertrag erneut – wie 1998 – einen programmatischen Fehlstart hinlegte, setzte der SPD-Kanzler binnen Monaten seine Agenda-2010-Politik unter Einsatz seiner ganzen Amtsautorität durch, die das Land sozialpolitisch und arbeitsmarktpolitisch umkrempelte. Die Arbeitslosigkeit sank massiv, die Beschäftigung stieg, Steuer- und Beitragseinnahmen wuchsen mit lange nicht mehr gekannter Dynamik. Doch weil die SPD-Linke diesen angeblich größten Sozialabbau der Geschichte nie verkraftete und Oskar Lafontaine zur PDS wechselte, reüssierte plötzlich die linke Konkurrenz der SPD, während die alte soziale Volkspartei Landtagswahl um Landtagswahl verlor. Als dann im Mai 2005 auch das SPD-Stammland NRW erstmals an die CDU fiel, sorgte Gerhard Schröder durch ein selbst inszeniertes Misstrauensvotum für vorgezogene Bundestagswahlen, bei denen er die zunächst haushoch favorisierte Union mit ihrer Kanzlerkandidatin Angela Merkel auf den letzten Metern fast noch abgefangen hätte. Am Schluss flüchtete sich die SPD in die erste Große Koalition unter Angela Merkel, die dann die ökonomischen Früchte ihres Vorgängers erntete.

Wer sich die harten ökonomischen Fakten anschaut, muss feststellen, dass sich die Rekordarbeitslosigkeit von 5 Millionen im Frühjahr 2005 bereits im Laufe des Jahres zurückbildete und der Beschäftigungsaufwuchs von Monat zu Monat an Fahrt aufnahm. Hätte die Bundestagswahl erst regulär im Herbst 2006 stattgefunden, wäre Schröder mit großer Wahrscheinlichkeit Kanzler geblieben.

Warum rufe ich die Erinnerung an diese rot-grüne Ära hier auf? Weil die Ängste vor einer sozialdemokratisch geführten Regierung in manchen Diskussionen der letzten Wochen fast ins Irrationale abgleiten – zumal bei denen, die von einer „Linksfront“ mit Grünen und Linken fabulieren, die ich für ausgeschlossen halte. Eine empfehlenswerte Analyse von Michael Sauna war vor wenigen Tagen bei Spiegel Online zu lesen: „Warum Scholz den Schröder machen muss“.

Eine CDU-Kanzlerin, die SPD-Politik kultivierte

Wenn am Sonntagabend um 18.00 Uhr der historische Absturz der Union über die Bildschirme flimmert, wird die Suche nach der Schuld an der Niederlage beginnen. Armin Laschet wird, wie bereits im Wahlkampf von den Medien, dann auch von den eigenen Parteifreunden als Hauptverantwortlicher für die Niederlage gebrandmarkt. Vielleicht muss auch der überforderte Generalsekretär Paul Ziemiak als erstes Bauernopfer herhalten. Selbst das CDU-Urgestein Wolfgang Schäuble, der Laschet gegen Markus Söder im CDU-Bundesvorstand durchsetzte, nachdem er zuvor vergeblich für Friedrich Merz als Parteivorsitzender geworben hatte, wird in Mithaftung genommen. Und natürlich Markus Söder, dem seine wiederholten „Schmutzeleien“ im Wahlkampf vorgehalten werden, mit denen er als schlechter Verlierer Laschet in die Parade fuhr.

Doch der Abstieg der Union hat einen langen Vorlauf, der in der Ägide der Angela Merkel seinen Lauf nahm. Die Frau, die sich noch 2003 auf dem legendären Leipziger Parteitag als CDU-Parteivorsitzende als Reformerin gerierte (mit der Bierdeckel-Steuer von Friedrich Merz und der Kopfpauschale in der Krankenversicherung), schminkte sich nach der Fast-Niederlage 2005 jeglichen Reform-Elan in der Steuer-, Sozial- und Wirtschaftspolitik ab. Nur eine Reform ließ sie in ihrer ersten Amtsperiode noch durchgehen: die stufenweise Erhöhung des Renteneintrittsalters. Doch dafür hatte vor allem der sozialdemokratische Arbeitsminister Franz Müntefering gekämpft, der wusste, was die Alterung der Gesellschaft für die langfristig tragfähige Finanzierung der Renten bedeutet. Doch danach betätigte sich die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin überwiegend als Reform-Abwicklerin. In der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung wurden die Ausgaben dramatisch erhöht, frühere Reformschritte sukzessiv zurückgenommen. „Rente mit 63“, „doppelte Haltelinie“ und „Grundrente“ sind teure Stichworte einer falschen Rentenpolitik. An der Steuerfront gab es in ihrer gesamten Amtszeit faktisch einen Stillstand, der dazu führte, dass die deutschen Unternehmenssteuern im globalen Wettbewerb an der Spitze liegen und die Steuer- und Abgabenlast für Millionen Bürger am höchsten ist.

Kanzlerin Merkel verwaltete ein ökonomisches Reformerbe ihres Vorgängers, das sie strukturell verprasste. Gleichzeitig schob sie die von Rot-Grün eingeleitete Energiewende mit ihrem überhasteten Atomausstieg auf ein noch teureres Gleis. Die höchsten Strompreise der Welt und eine mehr als bescheidene ökologische Bilanz sind dafür der schlagende Beweis. Die Abschaffung der Wehrpflicht und eine Reihe von gesellschaftspolitischen Reformen, mit denen sie die CDU dem Zeitgeist an den Hals warf, ließen den konservativ-liberalen Markenkern der Union immer mehr verschwimmen. Mit der schier grenzenlosen Willkommenskultur des Herbsts 2015 wiederbelebte die CDU-Kanzlerin dann den Wiederaufstieg der damals bereits abgewirtschafteten AfD, was bei dieser Bundestagswahl die strategischen Koalitionsoptionen der SPD mehrt und die der Union schmälert. Damit einher ging eine Ausschaltung profilierter Persönlichkeiten, ohne die sich die personelle Bandbreite einer Volkspartei nicht zeigen kann.

Die links-liberal-grünen Medien huldigten der Zeitgeist-Kanzlerin, meinten aber nicht die CDU, obwohl viele ihrer Abgeordneten das über Jahre missverstanden. Das Hofschranzentum in der Union zeigte sich darin, dass sich kaum ein Abgeordneter mehr traute, den schon viele Jahre dauernden Niedergang an der Wahlurne zu thematisieren. Kritische Wahlanalysen fanden nicht statt, die wenigen Kritiker wurden kaltgestellt. Solange Merkel die Regierungsmacht zu sichern schien, hielt man einfach still, obwohl die absoluten Stimmenverluste dramatisch waren (mit Ausnahme der Bundestagswahl 2013, als die FDP aus dem Parlament ausschied und die Union fast eine absolute Mandatsmehrheit erreichte).

Wenn die Union jetzt in die Opposition muss, ist nicht ausgeschlossen, dass die einstige Volkspartei komplett implodiert. Denn CDU und CSU tun sich schwer mit der Oppositionsrolle. Sie sind Regierungsparteien, die von der Machtbeteiligung leben. Wer sich den Niedergang der Christdemokraten in Baden-Württemberg vergegenwärtigt, wo sie sich nach fünf Jahren unter Grün-Rot in der Opposition jetzt bereits zum zweiten Mal als Juniorpartner der Grünen verdingt haben, weiß um die Verzwergungsgefahren. Viel wird davon abhängen, wie sich die Union personell als größte Oppositionsfraktion im Bundestag aufstellt. Spannend wird auch, ob und wie sie sich in der Opposition mit der ebenfalls geschwächten AfD arrangiert. Vergnügungssteuerpflichtig werden die kommenden Monate und Jahre jedenfalls nicht für die einst stolze Union.

Kanzler Olaf Scholz: Saskia Esken und Kevin Kühnert im Nacken?

Eingangs habe ich daran erinnert, wie Gerhard Schröder seinen damaligen Parteivorsitzenden und Finanzminister Oskar Lafontaine, ein politischer Intimfeind des Kanzlers, nach nur wenigen Monaten zur Aufgabe zwang, die einer Flucht aus dem Amt glich. Parallelen zwischen dem Macho-Habitus von „Basta“-Schröder und der hanseatischen Coolness des Olaf Scholz zu konstruieren, fällt schwer. Doch man darf die Rolle des Kanzlers für das Machtgefüge in einer Partei nicht unterschätzen. Eine Saskia Esken hat nicht annähernd das intellektuelle Format eines Lafontaine, der damals auch Parteivorsitzender war – und doch ganz schnell kaltgestellt wurde. Wenn Esken Ministerin in einer SPD-geführten Bundesregierung würde, wird sie in die Regierungsdisziplin eingebunden. Kevin Kühnert, der weit überschätzte SPD-Jungspund, hat bereits in den vergangenen beiden Jahren bewiesen, dass ein ehemaliger linker Motzer zum karrierebewussten loyalen Parteifunktionär mutieren kann. Ein Kanzler Scholz jedenfalls steckt Kühnert in die Tasche. Nicht unterschätzen darf man auch die Dankbarkeit Dutzender neu- oder wiedergewählter SPD-Abgeordneter, die vor allem Olaf Scholz ihr Mandat zu verdanken haben, der ihre Partei aus dem 15 Prozent-Jammertal auf noch vor wenigen Monaten undenkbare 28 Prozent (meine Prognose) geführt hat.

Dass Scholz, der Regierungserfahrungen in den unterschiedlichsten Funktionen gesammelt (Arbeits- und Finanzminister im Bund, Erster Bürgermeister in Hamburg) und gravierende Affären (WireCard, Warburg-Bank, FIU) überstanden hat, für Überraschungen gut ist, belegte der vergangene Montag. Als die Obleute der Opposition, aber auch der CDU, vor dem Sitzungssaal des Finanzausschusses noch vor laufenden Fernsehkameras klagten, dass es der Finanzminister am nötigen Respekt vor dem Ausschuss fehlen lasse, weil er nicht zur Sondersitzung erscheine, setzte sich Scholz – vergnügt lächelnd – bereits auf seinen Platz im Ausschusssaal, den er durch einen Hintereingang betreten hatte. Allein mit diesem Überraschungscoup hatte er psychologisch der Opposition, die ihn wegen der Hausdurchsuchung in Sachen Geldwäschekontrolle durch den Zoll (FIU) vorführen wollte, die Schau gestohlen. Den Mann darf man nicht unterschätzen, auch wenn viele nach diesem merkwürdigen Wahlkampf immer noch lästern: „Unter den Blinden ist der Einäugige König.“

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