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Es ist zu wenig, gegen die Grünen zu sein

Published On: 23. Oktober 2021 15:36

Ein Erstarken der deutschen Konservativen wird es nur geben, wenn sie wieder ein geschlossenes Weltbild haben. Wie sehr sie davon entfernt sind, zeigt sich bei der Neuaufstellung der Union. Wer eine konservative Neuaufstellung will, sollte beim Grundsätzlichen anfangen: beim Grundgesetz.

Die Agentur „The Republic“ hat für einigen Aufruhr gesorgt. Ihre Ankündigung, wieder stärker konservative Inhalte in den Medien etablieren zu wollen, haben vor allem linke Journalisten als Kriegserklärung verstanden. Unterstützt wird die Agentur aus dem Umfeld der CDU und CSU. Doch damit macht die Agentur den zweiten vor dem ersten Schritt: Zuerst müssten sich die Konservativen in Deutschland klar werden, wofür sie stehen – derzeit wissen sie nur, wogegen sie sind.

In Hitchcocks „Fenster zum Hof“ wehrt sich die Hauptfigur mit Blitzlichtern gegen den angreifenden Mörder. Er ist Fotograf und Blitzlichter seine Waffe, beschrieb der Regisseur die Logik hinter dieser Szene. Die Agentur „The Republic“ startete ihre Kampagne mit einem Imagevideo. Das ist derart folgerichtig, dass es Hitchcock auch so inszeniert hätte. Und genauso folgerichtig: In diesem Video taucht Robert Habeck auf, der Kopf der Grünen. Damit begeht The Republic den gleichen Fehler, den viele deutsche Konservative machen: Sie arbeiten sich an den Grünen ab.

Konservativ sein heißt in Deutschland allzu oft: gegen die Grünen zu sein. Das erklärt sich aus dem schier aussichtslosen Abwehrkampf, in dem sich deutsche Konservative befinden. In Kitas, Schulen, Behörden und den Medien wird die grüne Agenda in einem Sperrfeuer auf alle losgelassen, egal ob sie diese teilen oder nicht. In den Medien sind es eben nicht nur die öffentlich-rechtlichen. Auch private wie Pro7 verbreiten grüne Inhalte. Der Münchener Sender hat dafür sogar längst eine grüne Woche ins Leben gerufen.

Denn in der Wirtschaft sind grüne Inhalte längst angekommen. Kein Werbeblock kommt heutzutage ohne Botschaften aus, die Welt retten zu wollen. Der Hersteller von Geschirrspülmittel preist sein Produkt als Schlüssel für die Frage an, wie der Klimawandel zu stoppen sei. Ein Internet-Kaufhaus feiert sich in seinen Spots für die Diversität seiner Kunden und Mitarbeiter. Diese Wohlfühlbotschaft hält davon ab, an die miserablen Löhne und Arbeitsbedingungen seiner Auslieferer zu erinnern, die oft genug einen Migrationshintergrund haben. Unternehmen fällt es leicht, sich an der Botschaft zu beteiligen, dass alle gleich sein sollen – so lange damit gemeint ist: gleich unterbezahlt und folgewillig.

Doch auch wenn es schwer ist, ein Konservativer in Deutschland zu sein: Ein Wiedererstarken der Konservativen wird es nur geben, wenn diese wieder ein geschlossenes Weltbild präsentieren können. Die Grünen haben ein solches. Dessen Inhalte mag man ablehnen. Aber sie ergeben ein geschlossenes und somit wettbewerbfähiges Weltbild.

Wie sehr die deutschen Konservativen von einem solch geschlossenen Weltbild entfernt sind, zeigt sich im Prozess der Neuaufstellung der Union, der konservativen Partei Deutschlands. Früher. Doch heute: Die Union brauche einen „Kassensturz der Ideen“, sagte der designierte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst auf dem Deutschlandtag der Jungen Union. Deutlicher hätte ein Journalist die Beliebigkeit der CDU nach 16 Jahren Merkel nicht ausdrücken können.

Doch so wenig es richtig war, als CDU den Grünen hinterher zu laufen, so falsch ist es, sich als Anti-Grüne zu etablieren. Denn so geben die Grünen weiter die Agenda vor und erhalten einen Vorsprung, der nicht einzuholen sein wird. Außerdem kann ein System nicht inhaltlich schlüssig sein, das nur auf andere reagiert. Denn neben den eigenen logischen Brüchen übernimmt es auch die logischen Brüche der anderen Seite – nur spiegelverkehrt.

Das beste Beispiel ist der Klimaschutz. Die Weltbevölkerung ist in den letzten 100 Jahren um ein Vielfaches gewachsen. Einst agrarisch geprägte Nationen wie China, Indien oder Brasilien haben sich zu (führenden) Industrienationen entwickelt. Milliarden Menschen haben einen Quantensprung in ihrer Lebensqualität hinter oder vor sich. Das muss die Bilanz des Planeten belasten und der Umgang mit Ressourcen – allem voran der mit Wasser – muss auf die Agenda der Völker. Besonders bei denen, die mehr Ressourcen verbrauchen als der weltweite Schnitt.

Sich grundsätzlich gegen Klimaschutz zu positionieren, ist also unsinnig.

Doch trotzdem genügt der banale Satz „Ich bin für Klimaschutz“, um politische Karrieren zu begründen. Wer damit Karriere macht, müsste eigentlich denen danken, die dies in Frage stellen. Denn sie halten die Debatte im Grundsätzlichen und verhindern so die eigentlich wichtigere Debatte: Wie soll der Klimaschutz denn aussehen? Würde nicht über die grundsätzliche Notwendigkeit von Klimaschutz diskutiert, sondern über Fragen wie atomstrom betriebene E-Autos oder für Windräder gerodetete Wälder, sähe ein Großteil des grünen Personals alt aus.

Nun werden auch diese Fragen von Kritikern grüner Politik immer wieder öffentlich gestellt. Doch das verfängt nicht. Das liegt zum einen an der massiv grünen Ausrichtung der Medien. Zum anderen aber auch am Wesen von Kampagnen. Diese brauchen einerseits Konzentration auf starke Themen und andererseits eine eigene Agenda. Die CDU holte 2005 in Hessen die absolute Mehrheit. Trotz des Spendenskandals um Roland Koch. Die SPD hatte gedacht, es genüge im Wahlkampf auf diesen hinzuweisen, um wieder an die Macht zu kommen – ein Irrtum.

Doch es wird weder eine Konzentration auf starke Themen noch eine eigene Agenda geben, so lange sich Konservative damit begnügen, gegen die Grünen zu sein. So lange werden Konservative nur reaktiv sein. Die starke Sehnsucht nach der Vergangenheit ist Ausdruck dafür. Etwa nach der Ära Kohl. Doch die wird nicht wiederkommen. Und es macht auch wenig Sinn, die 80er wieder herstellen zu wollen – aber es lässt sich aus ihnen lernen.

Der Aufstieg Ronald Reagans kam nicht zufällig. Bevor er zum Präsidenten wurde, setzte er sich mit Think-Tanks wie der Heritage Foundation auseinander, die ein geschlossenes konservatives Weltbild entwickelten. Damit war die Konservative nicht mehr reaktiv – sondern aktiv. Weltweit. Sie prägten die Kultur der 80er Jahre, und ihr Gedankengut reichte noch bis ins 21. Jahrhundert:

  • militärische Stärke in der Außenpolitik;
  • Privatisierung und Deregulierung in der Wirtschaft, somit Entfaltung der freien Kräfte;
  • ein christliches Weltbild;
  • Abbau der Sozialleistungen.

Wobei sich die deutsche Konservative von der amerikanischen unterschied: Unter Kohl wurden zusätzliche Sozialleistungen eingeführt, etwa die Pflegeversicherung. Gleichzeitig gab es Fortschritte in der Gesellschaftspolitik. So wurde Homosexualität entkriminalisiert. Allerdings geht es in der Neuaufstellung der Konservativen nicht um die Inhalte der von Reagan ausgelösten Epoche – sondern um die Mechanik. Nämlich ein geschlossenes Weltbild, das konservative Ideen aufgreift, aber auch an den Stellen revidiert, an denen es nicht mehr zeitgemäß ist.

Das beste Beispiel dafür ist die Einwanderungspolitik. Diese besteht in der konservativen, antigrünen Politik meist darin, so viel Einwanderung wie möglich zu verhindern. Das ist aber zu wenig. Zwar muss es auch um die Frage gehen, wer kommen darf. Viel wichtiger aber ist die Frage: Wie wollen wir zusammenleben? Und da eröffnen sich die Chancen der Konservativen. Denn das Bündnis aus migrantischen Gruppen und grün-linken Parteien besteht nur wegen des Drucks der Konservativen. Eigentlich leidet es unter inhaltlichen Widersprüchen.

Grüne Homosexuelle wissen, dass es nicht rechte Leserbrief-Schreiber sind, die sie des nachts auf Straßen zu fürchten haben. Grüne Frauen-Aktivistinnen wissen, dass es nicht das Weglassen des Binnen-I ist, das heute andere Frauen massiv unterdrückt. Diese Widersprüche können die Grünen in ihrer Integrationspolitik überspielen. Der „Kampf gegen Rechts“ ermöglicht es ihnen. So erzählen Mitarbeiterinnen von Frauenbüros im Hintergrundgespräch, dass sie Gewalt in muslimischen Ehen grundsätzlich nicht thematisieren, um „nicht den Falschen“ politisch zu helfen.

Bleibt die Neuaufstellung der Konservativen antigrün, findet sie weiter gegen Muslime statt. Und bleibt erfolglos. Eine Neuaufstellung der Konservativen täte gut daran, Muslime mitzunehmen. Denn entgegen der Lebenslüge der Grünen kommen aus Ostanatolien oder den Bergen von Afghanistan Menschen, die eher wenig bis gar nichts damit anfangen können, wenn Geschlechter in Frage gestellt und auf Konsum verzichtet werden soll.

Wer eine konservative Neuaufstellung will, sollte beim Grundsätzlichen anfangen. Beim Grundgesetz. In ihm stehen die Pfeiler, auf denen auch ein konservatives Weltbild ruhen kann: die individuelle Persönlichkeit und ihr Recht auf Freiheit, Unversehrtheit und Entfaltung.

Die möglichen Empfänger für diese Ideen unterscheiden sich nicht in der Frage, wo sie herstammen. Sondern in der Frage, ob sie zum medial-politischen Betrieb gehören – oder zu dem Teil, der den Wohlstand im Land erwirtschaftet. Die vielleicht mit dem Bus zur Arbeit fahren, wenn die Verbindung attraktiv ist. Doch in diesem langwierigen Prozess darf die Mechanik nicht vergessen werden – nämlich sich nicht an der grünen Politik zu orientieren, sondern an der eigenen. In dem Fall wäre das: Mobilität muss möglich sein. Vor allem, wenn es um zentrale Bereiche wie Arbeitswege geht.

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