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DDR-Verklärung als Regierungsprogramm

Published On: 17. November 2021 11:32

Für die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit ist in Mecklenburg-Vorpommern jetzt die Linke zuständig. Deren Vorsitzender war selber tief in die SED-Diktatur verstrickt – und unterstützt bis heute Kreise, die die DDR verherrlichen.

IMAGO / Chris Emil Janßen

Torsten Koplin, Landesvorsitzender Die Linke Mecklenburg-Vorpommern

Es kommt nicht mehr allzu oft vor, dass der Staatssicherheitsdienst bundesweit in die Schlagzeilen gerät. Die SPD-Politikerin Manuela Schwesig hat es geschafft, dass sich mehrere große Medien in diesen Tagen mit dem seit über 30 Jahren aufgelösten DDR-Geheimdienst beschäftigten. „Schwesigs Regierung hat ein Stasi-Problem“ titelte das reichweitenstarke Portal t-online. Und die Tageszeitung DIE WELT sekundierte: „Lange Stasi-Schatten auf Schwesigs rot-roter Koalition“. Grund dafür ist Schwesigs Entscheidung, die Koalition mit der CDU aufzugeben und stattdessen mit der Linken zu regieren. Deren Landesvorsitzender Torsten Koplin war zu DDR-Zeiten ein Informant des Staatssicherheitsdienstes. Erstmals in der Geschichte des ostdeutschen Bundeslandes war damit ein früherer Stasi-Mitarbeiter federführend an den Verhandlungen über das künftige Regierungsprogramm beteiligt.

In der DDR war Koplin ein überzeugter Anhänger des SED-Regimes. Nach seinem Dienst im Stasi-Wachregiment arbeitete er zunächst als Kfz-Schlosser und FDJ-Sekretär. Sein Betrieb bescheinigte ihm 1985 einen „ausgeprägten Klassenstandpunkt“ und „völlige Abgrenzung“ zur westlichen Ideologie. Bereits mit 23 Jahren wurde ihm deshalb erlaubt, dienstlich in den Westen zu reisen, wenig später wurde er hauptamtlicher FDJ-Sekretär in Neubrandenburg. Im Januar 1987 warb die Kreisdienststelle Neubrandenburg Koplin als Inoffiziellen Stasi-Mitarbeiter (IM) an. Unter dem Decknamen „Martin“ bespitzelte er in der Folgezeit Kollegen und Mitarbeiter. „Die inoffizielle Zusammenarbeit verlief effektiv und der IM berichtete in guter Qualität“, resümierte sein Führungsoffizier im Oktober 1988. Bei der Erarbeitung von Informationen, die vorrangig in handschriftlicher Form erfolgt seien, habe es keine Anzeichen auf Zurückhaltung gegeben. „Auch was Personen betraf, berichtete er offen und ehrlich.“

In Koplins Stasi-Akte kann man nachlesen, was der heutige Linken-Politiker über die Demokratie der Bundesrepublik und über Kritiker der SED-Diktatur damals dachte. Einen Genossen schwärzte er bei der Stasi an, weil dieser „die westlichen Verhältnisse verherrlichte“. Über den oppositionellen Liedermacher Stephan Krawczyk schrieb er: „Seine Auftritte sind eindeutig gegen unseren Staat und vor allem gegen die führende Rolle der SED gerichtet.“ Und über die Streiks der unabhängigen Gewerkschaft Solidarnosc in Polen belehrte er seinen Führungsoffizier, es wären „härtere Haftstrafen angebracht als nur Geldstrafen“.

Die Zusammenarbeit mit der Stasi endete, weil Koplin im Herbst 1988 an die SED-Parteihochschule nach Berlin ging. Nach dem Abschluss seines Studiums sollte er FDJ-Chef von Neubrandenburg werden, wo ihn die Stasi erneut als Informant nutzen wollte.

Doch die Friedliche Revolution im Herbst 1989 machte diese Pläne zunichte.

Nach der Wiedervereinigung verbreitete Koplin, er habe sich noch zu DDR-Zeiten zu seiner Stasi-Tätigkeit bekannt und auch dafür entschuldigt. In den Medien galt er deshalb als geläutert. Zudem habe er sich in den letzten 30 Jahren als Demokrat bewährt. Die Tatsache, dass ein ehemaliger Stasi-Mitarbeiter in den letzten Wochen den Koalitionsvertrag in Schwerin mit aushandelte, erregte deshalb kaum noch Anstoß.

Inzwischen mehren sich die Zweifel, dass Koplins Darstellung zutreffend ist. Misstrauisch machen konnte bereits ein Blick auf seine private Website, wo sich keinerlei Hinweis auf seine Stasi-Tätigkeit findet, geschweige denn eine Entschuldigung. Auch seine Rolle als Mitgründer des linksradikalen Zusammenschlusses „Antikapitalistische Linke“ und seine Rechtfertigung des Mauerbaus in einem Positionspapier aus dem Jahr 2011 deuteten nicht gerade auf eine Läuterung hin. Die aufschlussreiche Frage von t-online, wie der Linken-Politiker die Arbeit des Staatssicherheitsdienstes heute beurteile, ließ dieser unbeantwortet.

Gräbt man etwas tiefer, stößt man im Internet auf diverse Hinweise, dass Koplin auch nach seiner angeblichen Distanzierung von seiner Stasi-Tätigkeit enge Beziehungen zu ehemaligen Offizieren des Staatssicherheitsdienstes unterhielt. So traf er sich zwischen 2004 und 2018 immer wieder mit Vertretern eines Vereins, der als Sammelbecken ehemaliger Stasi-Mitarbeiter gilt: die „Initiativgemeinschaft zum Schutz der sozialen Rechte ehemaliger Angehöriger der bewaffneten Organe und der Zollverwaltung der DDR“ (ISOR). Geschäftsführer des Vereins ist der langjährige Sprecher des sogenannten MfS-Insiderkomitees Wolfgang Schmidt, der bei der Stasi früher als Chefauswerter diente und auf seiner Internetseite seit Jahren die DDR-Geheimpolizei schönredet.

Das dunkelste Kapitel der DDR-Geschichte

Der Verein ist keine unbedeutende Alt-Herren-Runde, sondern ein immer noch schlagkräftiger Interessensverband. Vor einigen Jahren gab er die Zahl seiner Mitglieder mit 24.000 an. Während der ersten rot-roten Koalition in Mecklenburg-Vorpommern überschüttete er die Staatskanzlei in Schwerin mit Postkarten, in denen eine Bundesratsinitiative gefordert wurde, die Renten ehemaliger Stasi-Mitarbeiter massiv zu erhöhen. 2002 brachte SPD-Ministerpräsident Harald Ringstorff dann tatsächlich die gewünschte Initiative ein. In einer anderen Kampagne beklagten sich die Funktionäre beim UNO-Komitee für ökonomische, soziale und kulturelle Rechte über ihre angebliche Benachteiligung, sodass dieses der Bundesrepublik eine Rüge aussprach.

Prominenter Mitstreiter in diesem Kampf war Torsten Koplin. Im monatlich erscheinenden Verbandsblatt ISOR aktuell vom Mai 2009 wird zum Beispiel ein Auftritt des Linken-Politikers bei der Ortsgruppe Neustrelitz geschildert, wo er „von den anwesenden Mitgliedern herzlich begrüßt“ wurde. Dem Bericht zufolge versicherte er, „dass sich die Partei DIE LINKE für die Abschaffung des Rentenstrafrechts einsetzt“ – wie ehemalige Stasi-Mitarbeiter die Tatsache bezeichnen, dass sie heute „nur“ eine DDR-Durchschnittsrente erhalten. „In seinen Ausführungen und der anschließenden Diskussion“, so kann man weiter lesen, „wurde auf die zurzeit verstärkte Kampagne gegen die DDR und insbesondere auf die Diskriminierung der DDR als ‚Unrechtsstaat‘ eingegangen.“ Nach einer Distanzierung Koplins von der Stasi sucht man in dem Veranstaltungsbericht vergebens.

Im selben Jahr trat Koplin auch bei der Zeitschrift Rotfuchs auf – ein Blatt, das in besonderer Weise die DDR verherrlicht und gegen das westliche System hetzt. Der Verfassungsschutz bezeichnet das Blatt als „neo-stalinistisch“. Auf Einladung einer Regionalgruppe der Zeitschrift in Neubrandenburg sollte Koplin über das Thema referieren: „Worin könnte sich der Deutsche Bundestag am DDR-Erbe orientieren?“

Auch später nahm Koplin immer wieder an die DDR verherrlichenden Veranstaltungen statt. In seinem von ihm selbst veröffentlichten Terminkalender ist zum Beispiel für den 12. April 2018 vermerkt: „14.00 Uhr, Neubrandenburg, Beratung und Gespräch mit ISOR.“ Am 27. Oktober nahm er dann in Rostock an einer Gedenkveranstaltung zum 100. Jahrestag der Novemberrevolution und zum 200. Geburtstag von Karl Marx teil. T-online zeigt ein Foto, auf dem Koplin in der ersten Reihe sitzt, neben sich ein anderer ehemaliger Stasi-Mitarbeiter. Der Saal ist mit roten Fahnen und Blumen geschmückt. Einem Veranstaltungsbericht zufolge sangen die 170 Anwesenden zu Ehren „der DDR-Errungenschaften“ im Stehen die DDR-Nationalhymne.

Seit Anfang der Woche stellt Koplins Partei in der Regierung von Mecklenburg-Vorpommern nun die Justizministerin. Diese ist auch zuständig für den Bereich der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit. Die neue Ministerin Jacqueline Bernhardt bewegt sich seit zwölf Jahren im Dunstkreis von Torsten Koplin, erst als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Linksfraktion im Schweriner Landtag, dann als Abgeordnete, seit 2016 als Vizefraktionschefin und später Parlamentarische Geschäftsführerin. Es gehört nicht viel Fantasie dazu vorauszusehen, dass die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit in Mecklenburg-Vorpommern in Zukunft schwieriger wird.

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