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Finanzielle Repression: Wie der Staat die Bürger systematisch enteignet

Published On: 2. Dezember 2021 19:12

Versicherungen und Pensionskassen verwalten Hunderte Milliarden für die Altersvorsorge. Nullzins und Inflation sorgen für satte reale Negativrenditen. Doch diese massenhafte Enteignung durch den Staat lässt die Bürger offenbar kalt.

IMAGO / IlluPics

Viele TE-Leser fühlen sich in der Corona-Pandemie als Untertanen, denen der Staat die persönlichen Freiheiten raubt. Jetzt will dieser Staat sogar eine allgemeine Impfpflicht im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung verordnen, was Impfskeptiker mit historisch absurden Vergleichen als „Gesundheitsfaschismus“ diskreditieren. Dabei sprechen nicht nur internationale Erfahrungen gegen derart schrille Represions-Vorwürfe, sondern auch das jüngste Verfassungsmäßigkeits-Testat des höchsten deutschen Gerichts für die letzte Corona-Notbremse.

Allerdings herrscht derzeit in Deutschland eine Repression, die das Wort sogar im entsprechenden Fachbegriff explizit führt: die „finanzielle Repression“. Die Empörung darüber steht allerdings in keinem Verhältnis zur Corona-Hysterie, obwohl die Auswirkungen dieser Repression für viele Millionen Menschen Altersarmut provozieren wird. Denn die gewollte Mixtur einer von der EZB seit Jahren penetrant exekutierten Nullzinspolitik und der seit einem knappen Jahr massiv steigenden Geldentwertung (Inflation) führt zu hohen Substanzverlusten der Sparer.

„Inflation ist eine Methode, einen Geldschein zu halbieren, ohne das Papier zu verletzen“, lautet ein passender Spruch. So massiv wie derzeit, spürten das die Deutschen schon seit einer Generation nicht mehr. Am kurzen Rand liegen die Realzinsen – das ist der Nominalzins abzüglich der aktuellen Inflationsrate – für die vom Staat ausgegebenen Zehnjahres-Anleihen mit rund minus 6 Prozent extrem niedrig. Bereits seit mehr als fünf Jahren notieren Staatsanleihen im negativen Bereich und selbst in den fünf Jahren davor oszillierten sie immer um die Null-Prozent-Marke.

Wie brutal sich diese kalte Enteignung auswirkt, zeigen einfache Beispielrechnungen. Bei einem Realzins von minus 2 Prozent sinkt die Kaufkraft von 100.000 € innerhalb von zehn Jahren um 18.300 € auf nur noch 81.700 €. Bei einem Realzins von minus 4 Prozent halbiert sich die Kaufkraft von 100.000 € innerhalb von 18 Jahren, bei minus 6 Prozent gar bereits innerhalb von 12 Jahren. Selbst wer nicht damit rechnet, dass sich die aktuell sehr hohen Inflationsraten dauerhaft verfestigen, muss einkalkulieren, dass die Realrenditen auf festverzinsliche Staatsanleihen auf viele Jahre negativ bleiben. Dafür spricht übrigens auch, wie sich lang laufende inflationsindexierte Staatsanleihen derzeit rentieren. In den USA beträgt deren reale Rendite aktuell minus 1 Prozent, in Deutschland etwa minus 2 Prozent. Mit dieser finanziellen Repression, die eine unheilige Allianz aus Zentralbanken und Regierungen betreibt, eignen sich Staaten schleichend das Vermögen ihrer Gläubiger an.

Wie der Staat Banken und Versicherungen zum Kauf seiner Anleihen zwingt

Inzwischen ist diese absichtlich betriebene finanzielle Repression kein Geheimnis mehr. Schuldnerstaaten bedienen sich aus den Ersparnissen ihrer Bürger, um ihre Überschuldung überhaupt noch schultern zu können. Der Staat spart, indem er seine Bürger entspart. Dass die unrentierlichen Staatsanleihen überhaupt noch Käufer finden, dafür sorgt in Europa die politisch gefügige EZB. Sie kauft in gigantischem Stil die Staatspapiere auf und verwandelt sie in Geld.

Verteilungswirkungen der Inflation

Doch auch die staatliche Regulierung sorgt für Nachfrage nach Anleihen, die ohne diese Anreize keine Käufer finden würden. Denn mit den Umsetzungsrichtlinien der „Basel III“ genannten Empfehlungen des Basler Ausschusses für die Bankenaufsicht werden die Geschäftsbanken förmlich dazu angehalten, Staatsanleihen in ihren Bilanzen zu halten. Denn diese Wertpapiere können sie vollständig mit Krediten finanzieren, ohne dafür Risikovorsorge zu betreiben. Für Staatsanleihen von EU-Staaten gilt das sogenannte Eigenkapitalprivileg. Doch dass Staatspapiere keine risikofreien Anlagen sind, haben diverse Schuldenschnitte in der Vergangenheit gezeigt, auch in Europa während der Griechenland-Krise.

Versicherungen und Pensionskassen, in denen sich Abermilliarden Euro an Altersvorsorgeersparnissen angesammelt haben, zwingt der Staat mit der „Solvabilität II“ genannten EU-Richtlinie zum Kauf von kostspieligen Anleihen. Legitimiert wird die finanzielle Repression mit einem definitorischen Trick. Die staatliche Regulierung stuft nämlich die starken Preisschwankungen für Aktien als riskant ein, obwohl Aktien über die Zeit gute Renditen abwerfen. Als sicher werden dagegen Staatsanleihen definiert, die mit geringen Preisschwankungen Verluste garantieren. Das widerspricht längst dem gesunden Menschenverstand, führt aber in einem Land der ökonomischen Analphabeten zu keinem Aufstand. Die Impfpflicht wühlt die Volksseele auf. Die massenhafte Enteignung dagegen lässt die „Finanz-Untertanen“, wie sie Thomas Mayer nennt, offenbar kalt.

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