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„Islamophobie-Report“: Hetze gegen Islamismus-Experten

Published On: 28. Januar 2022 11:45

Im aktuellen Islamophobie-Report werden die Dokumentationsstelle „Politischer Islam“ in Wien und renommierte Islam-Experten als islamophob denunziert. Das Konzept „Islamophobie“ entlarvt sich zunehmend als gefährliches Instrument zur Delegitimierung jedweder Kritik.

IMAGO / Hans Lucas

Protest in Paris gegen Islamophobie, Demonstranten halten ein Banner hoch: „Islamophobie – ein Verbrechen“

Der neue „European Islamophobia Report“ ist vor Kurzem erschienen. Die jährlich veröffentlichten Berichte haben den Anspruch, vermeintliche Muslimfeindlichkeit anzuprangern, und sind bekannt dafür, dass in ihnen bereits Wissenschaftler, Publizisten und liberale Muslime denunziert wurden, die islamistische Strukturen kritisierten. Die EU förderte den Report mit circa 127.000 Euro. Dabei werden die Berichte von der SETA-Stiftung herausgegeben, die als Denkfabrik des türkischen Präsidenten Erdogan gilt.

Mitherausgeber ist der umstrittene Politologe Farid Hafez, dem Nähe zur Muslimbruderschaft vorgeworfen wird, was er allerdings bestreitet. In Österreich laufen Ermittlungen gegen die Muslimbruderschaft, in denen Hafez Beschuldigter ist. Im Islamophobie-Report geht er nun gegen liberale Islamismus-Experten vor. Hafez versucht, den ihm aufgedrückten Stempel einer Nähe zu Erdogan loszuwerden, doch gleichzeitig verteidigt er eine Organisation, die nicht nur mutmaßlich Muslimbruder-nah ist, sondern die beschuldigt wird, am Mord an Samuel Paty im Oktober 2020 indirekt mitgewirkt zu haben.

Das „Islamophobie“-Konzept – Werden damit Islamisten verteidigt?

Ein ernst schauender, stirnrunzelnder Macron in Denker-Pose, um ihn herum ein tiefschwarzer Hintergrund und über ihm die Großbuchstaben: „EUROPEAN ISLAMOPHOBIA REPORT“ – dieses Cover macht bereits deutlich: Hier geht es um einen Angriff auf den französischen Präsidenten, der dem Islamismus den Kampf angesagt hat. Schon im Vorwort offenbart sich der Geist der Herausgeber: „Französische und österreichische Muslime sind in die Hände brutaler staatlicher Gewalt geraten, die im Namen von Anti-Terror-Gesetzen legitimiert wurde. Die Schließung der französischen Kontrollstelle Collectif contre l’islamophobie en France (CCIF, Kollektiv gegen Islamophobie in Frankreich) ist ein Beispiel dafür, wie weit sich die staatliche Islamophobie entwickelt hat.“

Frankreich und Österreich haben im Zuge islamistischer Anschläge und wachsender Strukturen eine strengere Politik eingeführt, die sich gegen Islamismus richtet. Doch die Herausgeber der Islamophobie-Reports sehen dies als Angriff auf alle Muslime. Oder wollen sie mit ihrer Argumentation Islamisten verteidigen, ja Islamisten zu gewöhnlichen Muslimen machen? Das CCIF wurde in Frankreich nach dem Attentat an Samuel Paty wegen Islamismus-Verdachts verboten. Die Mitglieder der Organisation wurden als „Separatisten“ und „Feinde der Republik“ eingestuft, die terroristische Handlungen provozieren würden.

Im Fall von Paty soll CCIF an Schikanen und Drohungen beteiligt gewesen sein, die letztendlich zur Ermordung des Lehrers geführt haben. Das CCIF bestreitet das. Doch seit Jahren verbreitet CCIF das umstrittene Konzept „Islamophobie“ mit großem Erfolg. Nach TE-Recherchen könnte auch der islamistische Attentäter von Rambouillet 2021 von CCIF beeinflusst gewesen sein, da er sich auf seinen Social Media Accounts mit Beiträgen der Organisation befasste. Unter dem Namen „Collectif contre l’islamophobie en Europe (CCIE)“ wechselte das CCIF nach Brüssel. Laut dem Magazin Charlie Hebdo wurde CCIF aus dem Kreis der Muslimbruderschaft heraus gegründet.

Das Konzept „Islamophobie“ hat einen islamistischen Ursprung. Der Begriff wurde von Ayatollah Khomeini als Kampfbegriff zur Diffamierung seiner Gegner ins Leben gerufen – darunter besonders gegen Frauen, die sich während der iranischen Revolution gegen ihre Unterdrückung und Verschleierung wehrten. Das Konzept stellt Diskriminierungen gegenüber Muslimen gezielt übertrieben da, um einen Keil in die Gesellschaft zu treiben. Hauptsächlich handelt es sich dabei um die Strategie, jegliche Islamismus-Kritik mit der Islamophobie-Keule abzuschmettern.

Der Begriff wird oft von postkolonialen Wissenschaftlern verwendet, die mit Islamisten sympathisieren, mit ihnen zusammenarbeiten oder gar selbst Islamisten sind. Kürzlich veröffentlichte TE die Ergebnisse einer Recherche über den Einfluss der Muslimbruderschaft auf die EU-Kommission, bei dem das Konzept „Islamophobie“ als Strategie genutzt wird – auch CCIF spielt in diesem Lobby-Treiben eine Rolle.

Hetze gegen Dokumentationsstelle und Wissenschaftler

Insgesamt enthält der Report 31 Länderberichte, zusammengestellt von 37 Wissenschaftlern und anderen „Experten“. Dass der Bericht nur wenig mit seriöser Wissenschaft zu tun hat, offenbart sich in Hetze gegen bedeutsame Islamexperten, unter anderem gegen den international bekannten Wissenschaftler Lorenzo Vidino, die deutsche Islamexpertin Susanne Schröter sowie die österreichischen Wissenschaftler Mouhanad Khorchide und Heiko Heinisch. Auffällig: All diese Islamexperten arbeiten im Rahmen der Dokumentationsstelle „Politischer Islam“ in Österreich, die über islamistische Ideologien und Strukturen forscht. Und: Die Dokumentationsstelle legt besonderen Fokus auf die Muslimbruderschaft. Umso beachtlicher, dass sie ein Hauptthema im Kapitel des Landes Österreich ist.

Wird mit dem Report nun zurückgeschlagen? Immerhin steht der Mitherausgeber Farid Hafez selbst im Verdacht, der Muslimbruderschaft nahe zu stehen, wogegen er sich vehement wehrt. Zweimal konnte er mit Klagen dagegenhalten. Allgemein ist es Muslimbruder-Kodex, die Mitgliedschaft bis zum letzen Atemzug zu leugnen. Die Staatsanwaltschaft wirft Hafez Terrorfinanzierung, Mitgliedschaft in einer Terrororganisation und Geldwäsche vor. In der Die Presse nahm Hafez zu den Vorwürfen Stellung: „Nein, ich bin kein Muslimbruder und auch kein Islamist.“

Auf Seite 121 des Berichts empfiehlt Hafez: „Das organisierte antimuslimische Netzwerk muss aufgedeckt werden, insbesondere diejenigen, die bei der Dokumentationsstelle Politischer Islam und an der Razzia des 9. Novembers involviert waren.“ Hafez konstruiert hier ein vermeintlich böses, muslimfeindliches Netzwerk, bestehend aus renommierten Islamexperten – die letztendlich die westliche Demokratie und Gesellschaft mit ihrer Forschung vor islamistischen Ideologien und Terror schützen wollen. Es klingt beinahe schon wie eine gefährliche Aufforderung an die falschen Leute. An anderer Stelle werden die „zentralen Persönlichkeiten des Islamophobie-Netzwerks“ aufgelistet und damit als „islamophob“, also als krankhaft feindselig gegenüber Muslimen, denunziert. Darunter wieder: Schröter, Vidino, Khorchide, Heinisch und die Politikwissenschaftlerin Nina Scholz.

Mit dem 9. November 2021 sind die Razzien „Operation Luxor“ gemeint, auch Hafez war Ziel einer Hausdurchsuchung. Im Bericht bezeichnet er sich als „Opfer“ dieser Razzia, die das Gericht Graz nach Beschwerden für teils rechtswidrig erklärt hat. Das Problem: Da die Muslimbruderschaft eine komplexe Bewegung ist, kann sie nicht pauschal als Terrorgruppe angesehen werden, wodurch die Durchsuchungen wegen Terrorverdachts als teils rechtswidrig erklärt werden konnten. Dass die Muslimbruderschaft allerdings wie eine islamistische Mafia agiert, stellte sich dann Ende November 2021 heraus, als ein Ex-Muslimbruder, der für die Staatsanwaltschaft der wichtigste Hinweisgeber war, auf der Straße vor seiner Wohnung krankenhausreif verprügelt wurde.

Immer wieder versuchen Muslimbrüder, auch Journalisten einzuschüchtern, wobei mit Geheimdienstmethoden vorgegangen wird: Erst Klagen, dann Drohungen und brutale Einschüchterungen bis hin zu offener Observation. Exxpress berichtete, dass bei den Hausdurchsuchungen „Feindes-Listen“ gefunden wurden. Diese könnten auch „Todes-Listen“ sei. Auf den Listen stehen Journalisten und Wissenschaftler, die nicht nur Islamismus kritisieren, sondern auch Islamophobie-Forschung.

Nähe zur SETA und der Muslimbruderschaft

Statt SETA steht nun im Impressum „Leopold Weiss Institute“ mit Adresse in Wien. Folgt man der Adresse, stellt sich heraus, dass der Geschäftsführer Farid Hafez ist. Neben Hafez ist Enes Bayraklı der Herausgeber, er ist Fakultätsmitglied der „Türkisch-Deutschen Universität“. Derselbe Enes Bayraklı, der erst im Mai letztes Jahres an dem vom türkischen Parlament einberufenen Untersuchungsausschuss „Rassismus und Islamophobie in Europa“ teilnahm. Er hielt dort einen Vortrag und verfasste auf der SETA-Webseite einen Artikel, mit dem Hinweis, dass „Islamophobie“ nach 1990 als „Instrument“ von westlichen Ländern für die „Aufrechterhaltung ihrer Hegemonie“ verwendet würde. In einem Artikel vom Mai 2021 auf der SETA-Webseite der türkischen Version heißt es: „Enes Bayraklı, Direktor für europäische Studien bei SETA“. Somit ist zwar SETA nicht mehr offiziell Herausgeber der Berichte, doch es besteht noch eine gewisse SETA-Nähe.

Die berüchtigte Organisation CCIF wird nicht nur im Report verteidigt: Zwei ehemalige CCIF-Funktionäre verfassten den Beitrag über das Land Frankreich. Dreist behaupten die beiden Autoren, dass im Zuge des Mordes an Samuel Paty „humanitäre NGOs (Barakacity)“, „antirassistische NGOs (CCIF)“, Koranschulen und Moscheen aufgelöst und geschlossen wurden, „unter dem Vorwand des Kampfes gegen ‚Radikalisierung‘ und ‚Separatismus‘“. Dies alles sei nur eine „gut abgestimmte politische Agenda“ gegen Muslime.

Der Beitrag zeugt nur so von unseriösen, falschen Behauptungen. In Wahrheit handelt es sich um islamistische Strukturen, die von der französischen Regierung unterbunden wurden – wären diese früher unterbunden worden, wäre Samuel Paty vielleicht noch am Leben. Wieso verteidigt der Report Einrichtungen, die im Verdacht des Islamismus stehen? Bei „Barakacity“ handelt es sich keinesfalls um eine „humanitäre NGO“, sondern laut dem Innenministerium Frankreichs um eine islamistische NGO, die Verbindungen zur Muslimbruderschaft hat. In dem Report werden die Anschuldigungen gegen CCIF und Barakacity als falsch und verleumderisch bezeichnet.

Ist es Zufall, dass im Report immer wieder ausgerechnet Organisationen auftauchen, denen Verbindungen zur Muslimbruderschaft nachgesagt werden? Wenig Zufall scheint jedenfalls der Veranstaltungsflyer für die Präsentation des neuen Islamophobie-Berichts. Wieder tauchen hier CCIE (ehemals CCIF) sowie ENAR „European Network Against Racism“ auf, diesmal als Co-Gastgeber. ENAR wird ebenfalls immer wieder mit der Muslimbruderschaft in Verbindung gebracht. So auch der derzeitige Direktor Michaël Privot, der bis 2008 Mitglied der Muslimbruderschaft war. Heute nennt er diese Vorwürfe „Verschwörungstheorien“.

Auch das sich als antirassistisch gebende ENAR spielt beim EU-Lobbyismus erfolgreich mit. Die EU förderte ENAR von 2014 bis 2019 mit 5.422.678 Millionen Euro. Schon vor 13 Jahren hängten ENAR-Akteure an Abgeordneten-Büros im EU-Parlament den Türhänger „Is your door open to a racism-free Europe?“. Farid Hafez fordert übrigens im Bericht, dass Journalisten, Anwälte und Polizisten „Schulungen“ zu Rassismus und „Islamophobie“ erhalten sollen – durch „qualifiziertes Personal“. Das Konzept Islamophobie entlarvt sich immer mehr selbst als gefährliches Instrument.

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