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Twitter klagt gegen die neue Meldepflicht an das Bundeskriminalamt

Published On: 1. Februar 2022 18:32

Twitter hat vor dem Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben. Das Unternehmen sei darüber besorgt, dass das Gesetz einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Bürger vorsieht, so ein Sprecher von Twitter. Auch Google, Facebook und TikTok klagen dagegen, massenhaft Nutzerdaten an das Bundeskriminalamt weitergeben zu müssen.

imago Images

Passender könnte das Zusammentreffen nicht sein: Unter dem Begriff »Kampf gegen Rechts« soll der Kampf gegen die Freiheit der Bürger ab 1. Februar in eine neue Phase treten, »Alarmstufe Rot« gibt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) aus, das ebenfalls am Dienstag und Mittwoch seinen 18. Sicherheitskongress abhält, und ein massiver Cyber-Angriff legt große Teile der Energieversorgung lahm.

Ab 1. Februar soll ein neuer drastischer Einschnitt in die Unabhängigkeit der Bürger vollzogen werden. Denn die Bundesregierung will einen direkten Anschluss der »sozialen Medien« an das Bundeskriminalamt. Namen, Adressen und persönliche Daten sollen in einer direkten Pipeline gleich in die Rechner des Staates fließen. Das alles soll einem »guten Zweck« dienen, dem »Kampf gegen Rechts«. Von einem »Kampf gegen Links« und anderen Bedrohungen ist nicht die Rede; auf dem linken Auge ist der Staat nahezu blind.

Das Bundesjustizministerium will jedenfalls, dass die sozialen Medien die Daten mutmaßlicher Straftäter direkt an eine neue Zentralstelle beim Bundeskriminalamt melden sollen. Kein Unternehmen hat sich bisher nach Spiegel-Informationen technisch angeschlossen.

Twitter hat vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen diese Vorschrift Klage erhoben. Das Unternehmen sei darüber besorgt, dass das Gesetz einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Bürger vorsieht, so ein Sprecher von Twitter. Auch Google, Facebook und der vor allem von jungen Menschen genutzte Dienst TikTok klagen vor dem Verwaltungsgericht dagegen, massenhaft Nutzerdaten an das Bundeskriminalamt weitergeben zu müssen. Die Unternehmen befürchten, dass ihre Kunden weglaufen, wenn ihre Daten der Polizei weitergeben werden.

Twitter hatte sich vor Kurzem bereits darüber Luft gemacht, dass das Unternehmen zwischen Januar und Juni des vergangenen Jahres so viele Inhalte löschen musste wie noch nie. Das Unternehmen twitterte, dass in diesen sechs Monaten 43.387 Forderungen von Regierungen zur Entfernung von Inhalten von fast 200.000 Konten gestellt wurden. Dies sei die größte Anzahl in einem Berichtszeitraum, seit Twitter 2012 mit der Veröffentlichung von Transparenzberichten begann.

95 Prozent der Aufforderungen kamen aus fünf Ländern. Die meisten seien aus Japan gekommen, gefolgt von Russland, der Türkei, Indien und Südkorea. Die Website ist in mehreren Ländern, darunter China und Nordkorea, gesperrt. »Wir stehen vor noch nie dagewesenen Herausforderungen, da Regierungen auf der ganzen Welt zunehmend versuchen, einzugreifen und Inhalte zu entfernen«, schrieb Sinead McSweeney, der Vizepräsident von Twitter für globale Öffentlichkeit.

Diese Bedrohung der Privatsphäre und des Rechts auf freie Meinungsäußerung sei ein zutiefst beunruhigender Trend, der unsere volle Aufmerksamkeit erfordere. Twitter sagte, dass es entweder den Zugang zu Inhalten in bestimmten Ländern »verweigert« oder von Kontoinhabern verlangt hat, einige oder alle gemeldeten Inhalte als Reaktion auf 54 Prozent der weltweiten rechtlichen Forderungen in diesem Zeitraum zu entfernen.

Lediglich der von zwei russischen IT-Fachleuten gegründete Dienst Telegram entzieht sich allen staatlichen Einschüchterungsmaßnahmen und bietet allen eine offene, unzensierte Plattform. Man habe noch nicht einmal eine ladungsfähige Adresse des Unternehmens, beklagte sich die Regierung in ihrem Kontrollbestrebungen. Das Problem schwer greifbarer Internetkonzerne kennt Rechtsanwalt Steinhöfel, der seine liebe Not mit Kontaktaufnahmen mit Youtube, Facebook & Co hat.

Strafverfolgung im Messengerdienst

Jetzt soll Apple, über dessen Store die App Telegram auch heruntergeladen werden kann, dem Innenministerium eine Adresse von Telegram übermittelt haben, berichtete jedenfalls die Welt. Doch ist nicht klar, was das für eine Adresse gewesen ist. Telegram-Gründer Pawel Durow hat sich bisher immer massiv gegen staatliche Einflussnahme gewehrt, ist deshalb sogar von Russland nach Dubai gezogen. Auch die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser drohte bereits damit, Telegram sperren zu wollen. Mit dem Sperren ist das dann am Ende aber doch nicht so einfach. Jedenfalls ist sie von dieser Idee wieder zurückgerudert.

Während der Staat mit dem »Kampf gegen Rechts« beschäftigt ist, griffen Cyberterroristen Tanklager der Oiltanking GmbH an. Die können einstweilen keine Tanklastwagen mehr beladen. Denn die digital gesteuerten Be- und Entladesysteme sind lahmgelegt. Das Unternehmen ist einer der größten Anbieter von Tankraum für Mineralöle, Chemikalien und Gase. Im Augenblick könne nichts mehr be- und entladen werden, wie das Unternehmen am Montag dem Handelsblatt bestätigte. Tankstellen können nicht beliefert werden. Die Versorgung der Bundesrepublik sei allerdings nicht gefährdet, so der Geschäftsführer des unabhängigen Tanklagerverbandes. Insgesamt seien auf dem Markt 26 Unternehmen aktiv.

Damit ist schon wieder innerhalb kurzer Zeit ein weiteres deutsches Großunternehmen von einem massiven Hackerangriff lahmgelegt worden. Vor Kurzem ist ebenso laut Handelsblatt der Logistikkonzern Hellmann Opfer eines Angriffs von Cyberkriminellen geworden. Das zuständige Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat schon vor längerem Alarmstufe Rot ausgegeben. Die Internetangriffe wie jetzt auch auf die Energieversorgung nähmen zu. Vor allem mit der enormen Zunahme der Arbeit im Home Office gebe es erhebliche Sicherheitsprobleme. Das BSI hatte im vergangenen Jahr erst zum dritten Mal in seiner Geschichte die zweithöchste Krisenstufe ausgerufen. Vor allem Russland und China haben massiv ihre Cyberkriegsfähigkeiten ausgebaut.

Beim BSI findet am Dienstag und Mittwoch passenderweise der 18. IT-Sicherheitskongresses statt. Innenministerin Faeser hat in ihrer Eröffnungsrede den Ausbau des Bundesamts angekündigt – wie das schon viele ihrer Vorgänger in Sonntagsreden getan haben. Die Bonner Behörde soll künftig als »Zentralstelle im Bund-Länder-Verhältnis« fungieren. Außerdem solle ein neues »Schwachstellenmanagement« beim BSI und den Sicherheitsbehörden installiert werden, um einen »verantwortungsvollen Umgang mit Sicherheitslücken« sicherzustellen. Unter Sicherheit versteht sie erst einmal Überwachung.

Zudem sollen Hersteller künftig für die Schäden haften, die durch »Schwachstellen« in ihren Produkten entstehen. Faeser: »Wir als Bundesinnenministerium wollen Vorreiter und Antreiber für den digitalen Staat sein.« Da gab es doch extra einmal eine hochgelobte Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung. Herausgekommen ist: nichts.

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