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Die seltsame Schwäche der russischen Armee: Geht Putins Angriff die Puste aus?

Published On: 11. März 2022 6:00

Putin kommt in der Ukraine kaum mehr voran. Es zeigt sich: Der Angriff war nicht auf solche langen und schweren Gefechte ausgelegt. Doch auch die russische Luftwaffe macht Probleme.

Update 11. März: Der russische Vormarsch ist seit Tagen fast vollständig blockiert. Besonders deutlich wird das im Raum Kiew: Am 25. Februar erreichten die Truppen den Flughafen Antonov westlich von Kiew. Wenig später erreichte Russland den Ort auch vom Boden aus, es kam zu Gefechten entlang der Linie Vorzel – Hostomel – Butscha. Heute – zwei Wochen später – sind die drei Städte immer noch umkämpft, die Kämpfe wurden lediglich auf das nur wenige Kilometer entfernte Irpin ausgeweitet (siehe Karte).

Trotz der kilometerlangen Nachschubkonvois aus Weißrussland und der Konzentration aller an der Grenze verfügbaren Truppen im Land gelingt Russland hier kein Durchbruch. Nordöstlich von Kiew ist die Stadt Tschernihiv nur unweit der russischen Grenze immer noch in ukrainischer Hand. Im Osten wird um Charkiw ebenfalls seit zwei Wochen gekämpft. Und nicht einmal das eingeschlossene Mariupol im Donbas konnte Russland bislang erobern.

Ein Grund dafür ist sicherlich der unerwartet starke und entschlossene Widerstand der ukrainischen Soldaten, Paramilitärs und Zivilisten. Doch die überraschende Stärke der Ukrainer trifft auch auf eine bemerkenswerte Schwäche der russischen Armee. Im Kreml selbst ging man von einem Blitzkrieg mit Blitzsieg aus – dass das russische Staatsfernsehen bereits am 1. März versehentlich eine vorbereitete Siegessendung ausstrahlte, unterstreicht das.

Das zeigt sich auch in der Planung der Invasion: Lediglich 150.000 Mann zog man zusammen. Für einen schnellen Schlag reicht das aus – für einen wochenlangen Häuserkampf wohl kaum. Die Ukraine hatte vor dem Krieg 250.000 Mann unter Waffen und ist jetzt – im Zuge der Generalmobilmachung – wohl vielfach in der Überzahl.

Dieser geringe Erfolg überrascht nicht nur den Kreml: Denn eigentlich ist Putins Armee eine der stärksten Streitkräfte der Welt. Laut „Global-Firepower-Index“ besitzt Russland sogar das stärkste Heer weltweit. Die militärische Übermacht gegenüber der Ukraine ist auf dem Papier erdrückend: Tausende Kampf- und Schützenpanzer und Hunderttausende Soldaten überragen das ukrainische Heer um ein Vielfaches. In der Luft ist die Überlegenheit, wieder auf dem Papier, noch deutlicher: Während Russland über die 1.000 Kampfflugzeuge verfügt, kann die ukrainische Luftwaffe dem keine 200 Maschinen entgegensetzen.

Dazu kommt, dass Russland im vergangenen Jahrzehnt Milliarden in seine Luftwaffe investiert hat. Zwischen 2009 und 2020 erwarb man rund 440 neue Kampfflugzeuge und Tausende Drohnen, während die Ukraine noch auf Material aus Sowjetzeiten angewiesen ist. Zu Beginn der Invasion der Ukraine griff Russland auch gezielt Stützpunkte der ukrainischen Luftwaffe und deren Flugabwehr an – bald erklärte Moskau, man habe die Lufthoheit errungen. Analysten gingen davon aus, dass Russland so frei mit seiner Luftwaffe den Himmel über der Ukraine nutzen könne, um die Verteidiger einfach auszuschalten. 

„Der russischen Offensive ist effektiv die Puste ausgegangen“

Doch beides hat sich nicht bewahrheitet: Die ukrainische Luftverteidigung ist, sowohl zu Boden als auch in der Luft, nach wie vor kampffähig und hocheffektiv. Russlands Versagen, die Lufthoheit tatsächlich herzustellen, wird immermehr zu einem echten Hindernis, wie Rob Lee, ein führender Experte für russische Militärfragen am Londoner Kings College, erläutert. Russische Flugzeuge könnten nicht frei den Himmel patrouillieren und den Bodentruppen jederzeit Luftunterstützung liefern. Auch die Boden- und Luftaufklärung der Russen sei durch die weiter bestehende Gefahr durch die ukrainische Luftwaffe massiv eingeschränkt.

Auch Russlands schwere Bomber befinden sich wohl deswegen nicht im Einsatz, Putins Armee muss so im Kampf um Städte wie Charkiw vor allem auf Artillerie zurückgreifen. Die Ukrainer geben sich selbstbewusst – der Westen solle ihnen Flugzeuge liefern, damit sie selbst eine No-Fly-Zone errichten könnten. Veröffentlichte Bilder sollen immer wieder den Erfolg der ukrainischen Streitkräfte im Luftkrieg unterstreichen. Das mag Moral-Propaganda sein – doch dass es diese Bilder gibt, ist bereits eine taktische Niederlage für Moskau.

Auch am Boden stecken die Russen fest. Nur im Süden gelangen ihnen Geländegewinne, allerdings zahlen die Verbände auch dort einen hohen Blutzoll. Dass auch russische Generale und Kommandanten fallen, wird von Militärexperten als ein Symptom dieses feststeckenden Vormarsches bewertet: Ein westlicher Geheimdienstler sagt, dass die russischen Truppen an mehreren Stellen feststeckten, weshalb ihren Kommandeuren gar nichts anderes übrig bleibe, als von vorne zu führen. So fiel Generalmajor Andrej Suchowetskyj bei Mariupol beispielsweise durch die Kugel eines ukrainischen Scharfschützen.

Solche Verluste sind für die ohnehin als schlecht eingeschätzte Moral der russischen Soldaten sicher alles andere als förderlich. Aufnahmen von russischen Soldaten scheinen zu bestätigen, was viele vermuten: Der einfache Schütze will diesen Krieg gegen das „Brudervolk“ nicht kämpfen, schon gar nicht, nachdem er nicht als „Befreier“ begrüßt wurde.

Dem russischen Angriff fehlt es außerdem an Koordination – der ukrainische Geheimdienst spricht von schlechter Kommunikation und Logistik. Heer und Luftwaffe würden unzureichend zusammenarbeiten, und die russische Aufklärung sei nicht ausreichend. Auch der ukrainische „Heimvorteil“ und der Widerstandswille der Zivilbevölkerung trage zum langsamen Fortkommen der Russen bei – ein Faktor, der im „urban Warfare“, im Häuserkampf, noch um ein Vielfaches potenziert werden könnte.

Pawel Felgenhauer, ein russischer Militäranalyst in Moskau, bewertet außerdem den Mangel an Reserven als Kernproblem der Armee. „Der russischen Offensive ist effektiv die Puste ausgegangen“, meint Felgenhauer. „Das liegt daran, dass Russland keine ausreichenden Reserven hat.“ Diese bestehen zwar auf dem Papier, seien in der Realität jedoch entweder unzureichend oder bereits etwa an der Grenze zur Nato gebunden. Auch der Mangel an Kooperation zwischen den russischen Heeresgruppen sei ein Grund für den mangelnden militärischen Erfolg Moskaus. 

Russlands Machthaber Putin hat erklärt, er wolle weder Wehrpflichtige noch Reservisten in den Krieg gegen die Ukraine schicken. Für einen Sieg werden aber wohl noch deutlich mehr Soldaten erforderlich sein. Mangelnde Kommunikation, schlechter Nachschub, niedrige Moral und eine sträfliche Unterschätzung des ukrainischen Gegners sind aktuell die stärksten Verbündeten Kiews.

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Update 8. März 08:30.

Vor Kiew stockt Putins Angriff weiterhin in der Stadt Irpin kurz vor dem äußeren Autobahnring der Stadt. In Kiew blieb es in der Nacht dadurch noch relativ ruhig. Nach Pentagon-Angaben hat Putin jetzt seine gesamte zuvor an der Grenze versammelte Streitkraft von rund 150.000 Soldaten an die Front gebracht.

Besonders westlich von Kiew konzentriert Putin seine besten und kampfbereitesten Einheiten – darunter auch berüchtigte tschetschenische Einheiten, Diktator Kadyrow inszeniert das ganze als eine Art Gotteskrieg. Doch damit nicht genug: Wie das Wallstreet Journal berichtet, wirbt Moskau gerade massiv Soldaten im verbündeten Syrien an, die Hoffnung ist wohl aus dem Bürgerkrieg im Häuserkampf erfahrene Soldaten zu rekrutieren. Das deutet daraufhin, dass ein brutaler Häuserkampf bevorsteht, dem Putin seine eigenen Soldaten nicht aussetzen kann bzw. will. Ein Häuserkampf wäre für Russlands Armee besonders schwierig, da sich schweres Gerät hier kaum effektiv einsetzen lässt. Die Ukraine könnte hier ihre militärtechnische Überlegenheit in Teilen wettmachen.

Auch in den Städten Tschernihiw, Charkiw, Mariupol und Mykolajiw finden schwere Gefechte statt, der russischen Armee gelingt es flächendeckend aber nicht, größere Städte zu erobern – auch nicht nach längeren Kämpfen. Videoaufnahmen zeigen, wie schwer die Verwüstung nach tagelangem russischem Artilleriefeuer auf die Stadt ist.

Auch in Odessa bereitet man sich auf schwere Gefechte vor. Russische Gebietsgewinne gibt es seit Tagen nur wenige. Auch östlich ist man jetzt auf die Hauptstadt Kiew vorgedrungen, im Süden rückt man auf Saporischschja vor.

Präsident Selenskyi kündigte in einer Videoansprache an, weiterhin in Kiew zu bleiben, bis der Krieg gewonnen sei.

Weiterhin diskutiert werden Lieferungen von Kampfjets aus sowjetischer Produktion von Polen an die Ukraine. Plausibel wäre natürlich aber auch, dass solche Lieferungen inoffiziell und ohne Öffentlichkeit staffinden.


Update 8. März, 17:30

Westlich von Kiew kommt es aktuell weiterhin zu schweren Gefechten. Gekämpft wir vor allem um die Stadt Irpin und den gleichnamigen Fluss – gelingt es den Russen, diesen zu überqueren, könnte man ins Stadtgebiet vordringen. Seit nunmehr 10 Tagen kommt Russland hier allerdings kaum voran, der ukrainische Widerstand scheint erbittert zu sein. Russland beschießt Irpin weiterhin mit Artillerie, große Teile der Stadt sind zerstört. Die Menschen versuchen zu flüchten, am Anfang der Kämpfe wurden allerdings die Brücken nach Kiew zerstört, weswegen der Weg sehr schwer ist.

Unterdessen rechnet die militärische Führung der Ukraine mit einem Angriff der russischen Truppen auf Kiew in den nächsten Tagen. So würde sukzessive mehr Material im Norden vor der Stadt zusammengezogen, außerdem versuchen die Russen weiterhin, einen Ring um die Stadt zu ziehen. Auch vom Osten aus sollen sich russische Truppen auf die Stadt zubewegen. Der ukrainische Generalstab veröffentlichte auf Facebook ein Statement, dass man ein Zusammenziehen von Material vor Kiew beobachtet, was auf einen baldigen Angriff hindeutet. Auf die östlichen Außenbezirke Kiews bewegen sich bereits russische Truppen zu. „Wir gehen davon aus, dass der Kampf um Kiew die Schlüsselschlacht der nächsten Tage ist“, so der Berater des ukrainischen Innenministers, Wadym Denysenko.

Nun kam es zu mehrere Versuchen eines Korridors für Evakuierungen in Kiew -Russland bietet diese aber nur an, wenn die Zivilisten sich nach Belarus oder Russland bewegen. Das lehnt die ukrainische Seite ab. Der ukrainische Präsident Zelensky bezeichnete den Vorschlag als „unmoralisch“. Ukrainische Bürger sollten die Möglichkeit haben, innerhalb der Ukraine evakuiert zu werden.

Nach wie vor verläuft der Fortschritt von Putins Invasion damit schleppend.

Im Süden kommt Russland besser voran. Russische Truppen stehen vor der Stadt Mykolaiv, der Flughafen soll bereits unter ihrer Kontrolle sein. In der Nacht wurde erneut Charkiw schwer bombardiert. Die zweitgrößte Stadt des Landes im Osten ist schwer umkämpft, es gibt weiterhin schwere Gefechte. 

Auch im eingeschlossenen Mariupol wird weiterhin gekämpft, die russischen Truppen kontrollieren die Stadt weiter nicht.

Laut Medienquellen wurden bereits mehr als 17.000 Antipanzer-Waffen von den USA und Nato-Verbündeten in die Ukraine geliefert.

Gleichzeitig gibt es in mehreren besetzten Städten Demonstrationen gegen die russischen Besatzer, so z.B. in Cherson, wo sich Bürger mit Ukraine-Flaggen und Sprechchören versammelt und russischen Soldaten entgegengestellt haben. Auch wurde von russischer Seite Fluchtkorridore nach Russland und Belarus angeboten, so sollen Zivilisten aus Mariupol nach Rostow am Don und Zivilisten aus Kiew nach Belarus evakuiert werden. 

Der chinesische Außenminister Wang Yi nennt die Beziehungen zu Russland „solide wie ein Fels“. Auch lehnt China weiterhin die Forderung ab, die Invasion Russlands in der Ukraine zu verurteilen.


Update 4. März

Die genauen Frontlinien in der Ukraine zu bestimmen, ist schwierig – einerseits, weil verifizierbare Informationen knapp sind, andererseits weil es diese auch teils gar nicht so wirklich gibt. Die russischen Truppen bewegen sich entlang meist großer Straßen schnell ins Landesinnere, bringen dabei oft eben aber kaum größere Gebiete tatsächlich unter Kontrolle. Die ukrainischen Truppen ziehen sich immer mehr in die Städte zurück, wo Russland seine militärtechnische Überlegenheit nicht voll ausspielen kann.

Die Lage im Großraum Kiew ist besonders diffus. Um die Stadt fanden zuletzt zahlreiche Luftlandeoperationen statt, einzelne russische Kommandos bewegen sich nahezu ungehindert im Umland und teilweise in der Stadt. Doch der zentrale Vorstoß auf Kiew von Nordwesten her bleibt bis dato aus, trotz massiver Verstärkung aus Weißrussland. Gefechte finden dabei aktuell immer noch um die Städte Vorzel, Bucha, Hostomel und Irpin statt, eines ehemals beliebten Ferienziels nur wenige Kilometer vor dem Autobahnring der Stadt Kiew. In den Gefechte kommen offenbar immer öfter schwere Waffen zum Einsatz – Bilder zeigen das Ausmaß der Vernichtung. Ganze Straßenzüge sind zerbombt.

— NEXTA (@nexta_tv) March 3, 2022

Doch der russische Angriff westlich von Kiew kommt kaum voran. Schon am Donnerstag in der vergangenen Woche erreichten russische Luftlandetruppen die Region, seit mindestens einer Woche wird bei Irpin fast ohne russischen Geländegewinn gekämpft. Zwischenzeitlich gelingt es ukrainischen Truppen immer wieder, wichtige Stellungen wie den Flughafen Antonov zurückzuerobern. Die Stadt Irpin ist weiterhin unter ukrainischer Kontrolle. Amateurvideos zeigen enorme Verluste auf beiden Seiten. Vermutlich hat die Ukraine in der Region ihre besten Einheiten zusammengezogen. Erobert Russland Irpin und übertritt den gleichnamigen Fluss, steht der Weg nach Kiew frei.

Auch nordöstlich von Kiew kann die russische Armee die bereits länger umkämpfte Stadt Tschernihiv weiterhin nicht erobern.

Während die Russen bei Kiew noch zögern und wohl auch versuchen, die Stadt abzuriegeln und strategische Positionen in der Stadt auszuschalten, intensivieren sie ihre Bemühungen im Süden. Wesentliche Ziele sind die Städte Odessa und Mariupol.

Im Vormarsch nach Westen nach Odessa hat man vor zwei Tagen die Stadt Cherson eingenommen, es liegen nun allerdings mehrere größere Flüsse zwischen den Invasoren und Odessa, wie etwa der Südliche Bug. Dort liegt unter anderem die Stadt Mykolajiw, die nun schwer umkämpft ist. Gut möglich ist allerdings auch, dass Russland Odessa amphibisch über das Schwarze Meer angreift. Bereits seit Tagen kursieren entsprechende Gerüchte und die Einwohner bereiten sich auf eine russische Landung vor. Zuletzt hatte wohl auch das Wetter eine solche Aktion verhindert.

Die nordöstliche Stadt Ochtyrka und die Millionenstadt Charkiw stehen weiter unter schwerem russischen Artilleriefeuer. In Charkiw probt Russland wohl auch den Kampf um Kiew – auf die mehrheitlich russischsprachige Bevölkerung in der Stadt nimmt man dabei keine Rücksicht.

Kritisch wird nun die Versorgungssituation der Bevölkerung. Während in Kiew weiterhin Strom und Wasser funktionieren, ist beides im abgeschnittenen Mariupol großflächig ausgefallen. Die Versorgung mit Lebensmitteln wird knapp. Am Donnerstag eroberte Russland zudem das größte Kernkraftwerk Europas Energodar, das große Teile der Südukraine mit Strom versorgt und seit der Abschaltung von Tschernobyl zentrale Säule der Versorgung im Land ist.


Update 2. März

Das Schwächeln des russischen Angriffs in den ersten Tagen soll nun offenbar durch Brutalität wettgemacht werden. Im Raum Kiew rücken russische Truppen westlich und östlich der Stadt nach Süden vor, um die zentralen Nachschubwege zu blockieren.

Besonders schwer sind die russischen Angriffe in der ostukrainischen Stadt Charkiw – die nicht nur die zweitgrößte Stadt der Ukraine ist, sondern in der auch zwei Drittel der Bevölkerung russischsprachig ist. Dennoch wird gerade hier der Abwehrkampf gegen Russlands Vormarsch seit Tagen erbittert geführt. Jetzt will Putin offenbar ein Exempel statuieren – und dem Rest der Ukraine unmissverständlich klar machen, dass er tun wird, was immer notwendig ist, um den Widerstand zu brechen. Die Stadt wird umfassend bombardiert. Der Freiheitsplatz – einer der größten Stadtplätze Europas – wurde verwüstet, zahlreiche Wohnblöcke sind in Brand, auch die Universität. Eine Explosion deutet auf den Einsatz von Vakuumbomben hin. Amateurvideos zeigen Dutzende Explosionen im Stadtgebiet. In Telegramgruppen aus der Region werden Bilder von getöteten Zivilisten verbreitet, die wir hier nicht zeigen wollen.

Nach ukrainischen Armeeangaben hat es zudem eine Landung russischer Luftlandeeinheiten in der Stadt gegeben. Es gibt heftige Kämpfe in und um die Stadt, ohne größere Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. Ähnlich sieht es in Mariupol im Süden aus, die Stadt am Asowschen Meer ist vollständig von der restlichen Ukraine abgeschnitten. Mariupol ist ebenfalls mehrheitlich russischsprachig – dennoch leistet die Stadt seit Tagen Widerstand.

Im Süden rücken die russischen Truppen von der Krim kommend weiterhin Richtung Odessa vor. Cherson ist offenbar mehrheitlich in russischer Hand und die Truppen stoßen jetzt auf Mykolajiw vor. In Odessa rüstet man sich derweil auf einen russischen Angriff vom Wasser aus, der bisher wohl wetterbedingt nicht in größerem Stil erfolgen konnte.

Inzwischen ist klar, dass Putins Invasion nicht so schnell und reibungslos verläuft, wie er sie sich ursprünglich wohl vorstellte. Das bedeutet allerdings noch lange nicht, dass er zurückrudern würde. Im Gegenteil: Den Anzeichen nach dürfte der Angriff noch härter werden. Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu etwa erklärte nun, der Krieg werde fortgesetzt, bis Russland seine Ziele erreicht habe. Weißrusslands Diktator Lukaschenko erklärte, man habe noch gar nicht richtig angefangen. 

Wird die Ukraine ein neues Afghanistan? 

Das Problem für Putin ist, dass er selbst bei Einnahme von Kiew und anderen Zentren vermutlich in einen Guerillakrieg verwickelt werden würde. Der ukrainische Generalstab hat dazu schon vor Tagen aufgerufen und auch konkrete Ratschläge gegeben, wie der zu führen sei. Einen solchen Partisanenkrieg zu gewinnen, dafür reichen Russlands Truppenkapazitäten wohl kaum auf die Dauer aus. Den etwa 100.000 bis 150.000 russischen Invasionstruppen stehen ca. 200.000 reguläre ukrainische Soldaten, sowie eine 60.000 Mann starke paramilitärische Nationalgarde gegenüber. Dazu kommen 900.000 Reservisten, die aktuell eingezogen werden, sowie theoretisch mehrere Millionen wehrtauglicher Männer. Aktuell läuft eine Generalmobilmachung und die Ukraine wird mit westlichen Waffen ausgerüstet.

Der Widerstand der zivilen Bevölkerung ist schon jetzt energisch. Videos zeigen, wie Hunderte Zivilisten unbewaffnet versuchen, russische Militärkonvois anzuhalten, aber auch mit Molotowcocktails gibt es zahlreiche Angriffe auf russische Panzer.

Wenn die ukrainische Armee schließlich in den Untergrund geht, hat Putin dann nicht nur ein paar Kalaschnikows zu befürchten, sondern auch teilweise hochmoderne Waffen aus NATO-Beständen wie die amerikanischen infrarotgelenkten Javelin-Panzerabwehrraketen, die jetzt schon ganze russische Konvois zerstörten. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine könnte damit zu einem lange dauernden Leidensweg werden, sowohl für russische Soldaten als auch für die darunter leidende Zivilbevölkerung.


Update 08:00, 1. März: Putins Strategiewechsel

IMAGO / Ukrinform

Nachdem die russische Armee in den letzten Tagen in den beiden größten ukrainischen Städten Kiew und Charkiw kaum voran kam, zeichnet sich ein Strategiewechsel ab. Die ukrainische Armee hat nach der laufenden Generalmobilmachung inklusive der Nationalgarde vermutlich mindestens 300.000 Mann unter Waffen, wenn auch unter wesentlich schlechterer Ausrüstung. Statt eines verlustreichen Häuserkampfes will Putin die ukrainischen Großstädte wohl nun einkesseln und aushungern lassen.

CNN meldet außerdem einen kilometerlangen Konvoi auf dem Weg von Weißrussland in Richtung Kiew. Nach Pentagon-Schätzungen standen am Wochenende weiterhin rund 50.000 russische Soldaten an der Grenze – womöglich führt Putin diese Reserven jetzt ins Feld.

Bei Kiew stehen russische Truppen nun nördlich, östlich und westlich der Stadt und riegeln etwa bei Borodyanka und Makariw die zentralen Zufahrtswege in die Stadt ab. Zwar scheinen Zivilisten Kiew weiterhin verlassen zu können, inwieweit aber militärischer Nachschub noch in die Stadt gelangen kann, ist fraglich.

Ähnlich geht Russlands Armee bei Charkiw im Osten des Landes vor. Besonders in Charkiw beschießt sie offenbar teils wahllos die Innenstadt. Videos zeigen eine russische Rakete, die im Verwaltungsgebäude der Stadt einschlägt. Amateurvideos zeigen Dutzende schwere Explosionen in der Innenstadt, das zivile Leid steigt stündlich. Auch in Kiew nahm – direkt nach dem vorläufigen Ende der Waffenstillstandsverhandlungen – der Beschuss zu. Dennoch kann die russische Armee bis dato hier nicht weiter auf die Innenstadt vorrücken.

Erfolgreich ist Putin vor allem weiterhin im Süden. Die Stadt Cherson konnte nach tagelangen Gefechten offenbar eingenommen werden, die Truppen ziehen über den Dnepr weiter nach Mykolajiw, wo die ukrainischen Truppen sich am südlichen Bug aufgestellt haben. Brechen russische Truppen hier durch, wäre der Weg nach Odessa weitestgehend frei.

Östlich der Krim greift man die Hafenstadt Mariupol von zwei Seiten aus an, schwere Bombardements auch hier sollen die Stromversorgung fast vollständig zerstört haben. Von der Krim aus nach Norden, entlang des östlichen Ufers des Dnepr, bewegen sich russische Truppen in schnellen Schritten vorwärts auf die Stadt Saporischschja.

Überraschend ist der nur partielle Erfolg der russischen Luftwaffe. Nachdem diese in den frühen Morgenstunden des ersten Kampftages am Donnerstag die veraltete ukrainische Luftverteidigung größtenteils ausgeschaltet hatte, müsste sie eigentlich ungehindert operieren können. Dennoch kann die ukrainische Luftwaffe selbst im Raum Kiew noch in begrenzten Missionen operieren, vor allem die Drohne Bayraktar TB2 aus türkischer Produktion fliegt weiterhin Einsätze gegen russische Nachschubkonvois.

Der Luftwaffenspezialist Justin Bronk vom Royal United Services Institute in London führt den begrenzten Erfolg bzw. den begrenzten Einsatz der russischen Luftwaffe auf eine Mischung aus zahlreichen Faktoren wie Materialmangel und mangelnde Flugstunden russischer Piloten zurück. Will sie größere Erfolge erzielen, müsste die russische Luftwaffe vermutlich mehr ins Risiko gehen, auch das aber könnte kurz bevorstehen.

Osteuropäische Staaten liefern derweil Kampfjets aus sowjetischer Produktion aus eigenen Beständen in die Ukraine – da die Ukraine die gleichen Typen bereits betreibt, müssen die Piloten nicht umgeschult werden. Die ersten sollen hier unbestätigten Berichten zufolge bereits eingetroffen sein.

In der Ukraine bleiben viele Fragen offen, die Situation ist unübersichtlich. Nur eines steht an diesem Morgen fest: Die Kämpfe intensivieren sich, der Krieg wird härter und blutiger.

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