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Arme Corona-Kinder!

Published On: 14. März 2022 1:00

Veröffentlicht am 14. März 2022 von CB.

Die Kinder und Jugendlichen leiden am meisten in und an den Corona-Jahren. So lauten mittlerweile die Lippenbekenntnisse etlicher Entscheidungsträger. Das schmerzt die Gestalter an den Schalthebeln der Massnahmen anscheinend so sehr, dass sie uns auf neue Horrorszenarien im Herbst 2022 vorbereiten und dennoch nichts vom tatsächlichen Kinderleid der vergangenen zwei Jahre wissen wollen. Wirklich ernst genommen wurde das Leid der jungen Generation bisher zu keinem Zeitpunkt.

Das bestätigt auch Professor Michael Klundt, Kindheitswissenschaftler im Fachbereich Angewandte Humanwissenschaften an der Hochschule Magdeburg-Stendal. In der öffentlichen Sitzung der Kinderkommission des Deutschen Bundestages (Kiko) war er sich bereits am 9. September 2020 zusammen mit anderen Experten einig: Die Corona-Krise geht und ging einher mit einer massiven Beeinträchtigung der Rechte von Kindern und Jugendlichen.

Michael Klundt stellte damals seine Untersuchungsergebnisse vor: Bund und Länder seien ihrer Verpflichtung zu Schutz und Fürsorge von 13 Millionen Kindern in Deutschland nicht nachgekommen, sondern hätten Kinder «wie Objekte behandelt». Das sei an sich bereits eine «schwere Form der Kindeswohlgefährdung». Kinder wären als «Super-Spreader» des Virus abgestempelt worden und anstatt sich für Kinder – als schwächsten Teil der Gesellschaft – einzusetzen, hätte es eher einen «Schutz vor Kindern» gegeben.

Was ist seit dieser Sitzung im Herbst 2020 geschehen? Michael Klundt:

«Es wurde in der Zwischenzeit sowohl zum Krankheitsrisiko von Kindern als auch zu den sogenannten Kollateralschäden durch die Massnahmen etliches geforscht. Aber die psychologischen und sozialen Themen machen dabei den geringeren Anteil aus und brauchten ein Jahr, bis sie überhaupt zu einem gewissen Grad die Öffentlichkeit erreichten. Die Mainstreammedien haben die Wirkung der Coronamassnahmen auf Kinder und Jugendliche viel zu wenig hinterfragt.»

Auch sein Auftritt vor der Kinderkommission im Jahr 2020 hatte kein Medienecho, obwohl immer deutlicher wurde, dass Kinder am wenigstens durch Covid-19 gefährdet, aber von allen Massnahmen am stärksten betroffen waren. Es wollte anscheinend niemand wissen, was man den Kindern zumutete. Dankesmails von Betroffenen erhielt er jedoch eine ganze Menge.

Im Frühjahr 2021 regte sich dann etwas im Blätterwald. Die Süddeutsche Zeitung und die Frankfurter Rundschau veröffentlichten mehr zum Thema Kinder in der Pandemie, aber meist in der Verbindung mit: «Und deshalb müssen wir die Kinder impfen!»

«Meine Forschungsergebnisse wurden mehr genutzt, ich erhielt mehr Einladungen, aber ich durfte mich nur auf sehr begrenztem Terrain äussern und konnte nur wenig zum Nachdenken über das tatsächliche Leid der Kinder anregen.»

Der Wissenschaftler wundert sich über die Aussagen mancher Politiker, die die Schule öffnen wollten, damit die Wirtschaft wieder läuft.

«Das Recht auf Bildung und individuelle Entfaltungsrechte von Kindern wurden und werden als nachrangig eingeordnet. Ein sehr eingeschränkter Gesundheitsbegriff diente als Entscheidungsgrundlage und wer Alternativen andachte, ging quasi schon über Leichen.»

Ende 2021 widerlegte dann der omnipräsente Virologe Christian Drosten in der Wochenzeitung Die Zeit einige Alternativlosigkeitsdogmen. Es gebe keine Pandemie der Ungeimpften und beim ersten Lockdown hätten die eingebundenen Wissenschaftler gar keine Schulschliessungen gefordert. Das sei eine rein politische Entscheidung gewesen. Beim zweiten Lockdown hiess es widersprüchlicherweise dann doch, die Schulschliessungen hätten die zweite Welle gestoppt, obwohl die Schulen in Frankreich und der Schweiz offen geblieben waren.

Im Vergleich mit den anderen 46 Staaten des Europarats wurden die Prioritäten in Deutschland falsch gesetzt. Das rügte auch die Kommissarin für Menschenrechte des Europarats, Dunja Mijatović, in einem Brief vom 13. Juli 2021 an die deutsche Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht. Diese gab ihr sogar recht. Später wurde die Kritik an den Schulschliessungen auch offiziell und medial lauter, man denke an die Entschuldigung von Julian Reichelt.

Michael Klundt gibt ein Beispiel für das, was in den Institutionen ablief:

«Ich hörte von einer Erzieherin, dass sie coronabedingt in der Kita Ketten zu Unterteilung der Kindergruppen aufgestellt hatten. Als sie diese wieder entfernten, blieben imaginäre Grenzen für die Kinder. Sie trauten sich nicht mehr, sich frei zu bewegen. Kinder wurden unfassbar diszipliniert und man erwartete, dass sie ihre Bedürfnisse einfach ausschalteten. In der Schule mussten Kinder Maske tragen, im Fussballstadion ging es ohne.»

Die Studien zu den «Kollateralschäden» häuften sich. Selbst das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung stellte eine erhebliche Verschlechterung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei den 11 bis 17-Jährigen fest. Psychische Auffälligkeiten hatten zugenommen. Besonders alarmierend ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Essener Uniklinik: Bis zu 500 Kinder mussten nach Suizidversuchen zwischen März und Ende Mai 2021 bundesweit auf Intensivstationen behandelt werden. Die Fallzahl stieg damit im zweiten Lockdown um rund 400 Prozent im Vergleich zu der Zeit vor Corona.

Erschütternd hierzu die Stellungnahme des Gesundheitsministers Karl Lauterbach in der Sendung «Hart aber fair», in der er offensichtlich die Opfer der Lockdown-Politik einfach nicht zur Kenntnis nimmt:

«Ich glaube, dass ein grosser Teil dieser Probleme einfach an der furchtbaren Pandemie liegt. Aber dass das nicht einfach dem Lockdown (…) in die Schuhe geschoben werden darf. Da muss man vorsichtig sein. Das geben die Studien aus meiner Sicht nicht her.»

Forschungsergebnisse ignoriert der Politiker einfach, der dazu noch für Krankenhausschliessungen und das Fallpauschalen-System an den Krankenhäusern mitverantwortlich ist. Von 1995 bis 2020 schlossen ein Viertel aller Kinderkliniken und -abteilungen, 40 Prozent der kinderklinischen Betten wurden aufgegeben.

Michael Klundt kritisiert auch die Corona-Werbekampagne der Regierung. Jugendliche wurden zu Couchpotatoes herangezogen, die angelieferte Pizza aus dem Karton assen, ungesunde Softdrinks zu sich nahmen und vor dem Computer abhingen.

Aber die neue Regierung kommt bei ihm ebenfalls nicht gut weg:

«Krisenmanagement ist mehr als Impfkampagnen. So viele gesundheitliche Aspekte kommen zu kurz: Spiel, Sport, Bildung, Freundschaft und soziale Kommunikation. Wenn ich den Kindern all das wegnehme, vergreife ich mich an deren Gesundheit. Nicht zu vergessen die Benachteiligung der ökonomisch eingeschränkten sozialen Gruppen, Stichwort Kinderarmut.»

Auch die Pädagogen und deren Gewerkschaften und Verbände hätten zu wenig auf der Seite ihrer Schützlinge gestanden und eher ihre eigenen Interessen in den Vordergrund gestellt. Andererseits gab es aber auch die engagierten Schulleitungen und Kollegien, die durch ständig neue Auflagen zermürbt wurden.

Der Wissenschaftler sieht vier Möglichkeiten, Kindern und Jugendlichen nach diesen belastenden Corona-Erfahrungen jetzt wirklich zu helfen:

  • Kinderrechte respektieren und unter keinen Umständen aussetzen
  • Kindeswohlvorrang beachten
  • Soziale Infrastruktur für Kinder und Jugendliche, etwa die freie Jugendarbeit, ausbauen
  • Privatisierungsprozesse bezüglich Bildung, Gesundheitswesen und sozialer Struktur stoppen und rückgängig machen.

Der Ukraine-Konflikt wird jetzt zum Anlass genommen, um den Rüstungsetat zu erhöhen. Ein über einige Studentengenerationen hinweg bekannter Protestspruch passt gerade wieder sehr gut:

«In der Rüstung sind sie fix, für die Bildung tun sie nix!»

Professor Michael Klundt hat seine Erkenntnisse in einem Buch zusammengefasst: «Vergleichende Kinderpolitik-Wissenschaft. Kinderrechte und Kinderarmut in Corona-Zeiten», BELTZ JUVENTA, 246 Seiten, ISBN: 978-3-7799-6439-1, Erscheinungsdatum: 13.04.2022.

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