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Die globale Ernährungskrise zeigt ihr Gesicht in Syrien

Published On: 17. März 2022 13:26

Der Ukraine-Krieg, der Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-System und russische Exportverbote heizen die Verknappung von Korn auf dem internationalen Markt an. Dem Westen drohen Preissteigerungen, Konfliktregionen wie Syrien Hungersnot und Destabilisierung.

IMAGO / Xinhua

Nahrungsmittelausgabe in Damaskus im Jahr 2019. Etwa 9 Millionen Syrer sind von Hunger bedroht.

Was passiert, wenn die Kornkammern schließen oder versiegen? Die Ukraine gehört zu den weltweit größten Exporteuren von Weizen. Letztes Jahr hat das Land eine Ernte von 33 Millionen Tonnen eingefahren, davon werden 24 Millionen exportiert. Das Korn findet seinen Weg in die Länder des Nahen und Mittleren Ostens sowie Afrikas: darunter Ägypten, Pakistan, Syrien oder die Türkei. Die Ukraine und Russland sind zusammen für ein Drittel der weltweiten Weizenexporte verantwortlich.

Die bereits jetzt steigenden Preise könnten sich auch in den Folgemonaten erhöhen, sollte der Krieg in der Ukraine anhalten. Russland hat überdies am Montag angekündigt, seine Lebensmittelausfuhren einzuschränken; diese beziehen sich vorerst nur auf Getreide, das in die Länder der Eurasischen Union geht. Mittelfristig könnte aber auch die europäische Landwirtschaft betroffen sein, sollte kein russischer Dünger die Bauern erreichen.

Sanktionen gegen Damaskus und gegen Moskau schaden der syrischen Zivilbevölkerung

Während Deutschland vor allem vor Preissteigerungen steht und Vorsorgebestrebungen zu ersten Engpässen führen – in einigen Supermärkten hat die Mehlhamsterei begonnen –, sind vor allem jene Länder betroffen, die schon zuvor als Krisenherde galten und Probleme bei der Stabilisierung der Ernährungslage hatten. Bis heute gilt, dass arme Länder zugleich Gefahr laufen, Hungerländer zu sein. Dass Hunger in der Welt nicht nur ein Grundübel ist, sondern auch politische Konsequenzen hat, scheint sich im Westen immer noch nicht herumgesprochen zu haben.

Ein Paradebeispiel ist Syrien. Das Land, das einst zum „fruchtbaren Halbmond“ zählte, hat seit dem Bürgerkrieg seine Rolle als Brotkorb der Region eingebüßt. Damaskus muss deshalb sein Getreide aus dem Ausland importieren – vor allem aus Russland und der Ukraine. Dass Russland aus dem SWIFT-System ausgeschlossen wurde, ist für die weniger wohlhabenden Länder, die mit Russland handeln, ein großes Problem; das betrifft im Übrigen nicht nur Syrien, sondern auch die zentralasiatischen Länder, die historisch eng mit Russland verwoben sind.

Schon die vorhergehenden Sanktionen machten es Hilfsorganisationen in Syrien schwer, die schlimmsten Auswirkungen des Krieges zu lindern. Investitionen sind in Syrien kaum möglich, Transaktionen werden genauestens überprüft. Die Idee, mit harten Sanktionen Baschar al-Assad in die Knie zu zwingen, hat nicht zum Sturz der Regierung geführt. Die Bevölkerung leidet dafür umso mehr. Krieg und Sanktionen sind der Grund dafür, dass das Realeinkommen einer syrischen Familie auf 20 bis 30 Euro gesunken ist. Ob Kuba oder Irak: Der Westen hält an seiner bewährten Strategie fest, die sich nie bewährt hat.

„Syrien bezog große Mengen Mehl aus der Ukraine und Russland, diese Lieferungen scheinen jetzt auszubleiben“

TE hat mit einem Krisenhelfer aus dem kirchlichen Bereich gesprochen, der sich vor Ort auskennt. Die Situation spitzt sich demnach zu. „Bisher hat der syrische Staat der Krise mit subventionierten Lebensmitteln, vor allem Brot, entgegengewirkt. Staatliche Bäckereien und Bäckereien karitativer Organisationen erhielten Mehl, Backhilfsmittel und Energie, wodurch sie die Brot-Versorgung aufrechterhalten konnten“, erklärt unser Informant. „Diese Mehllieferungen bleiben nun immer häufiger aus. Durch die fortschreitenden Auswirkungen der Sanktionen wird es für den Staat immer schwieriger, Mehl zu kaufen, da Einnahmen fehlen. Syrien bezog große Mengen Mehl aus der Ukraine und Russland, diese Lieferungen scheinen jetzt auszubleiben. Die massive Steigerung des Getreidepreises infolge des Ukrainekriegs tut ihr Übriges.“

Die Folgen des Syrischen Bürgerkriegs sind nicht verheilt, Armut und Hunger allgegenwärtig.

Syrien verfüge zwar über eigene Weizengebiete, die unter den drei Parteien – Regierung, Islamisten, Kurden – aufgeteilt seien, doch die Anbaugebiete der Regierung seien durch gezielte Brandstiftung im Jahr 2021 zerstört, die Erträge massiv reduziert worden. Nur durch staatliche Subventionen sei die Nahrungsversorgung gewährleistet. „Ein Kilo subventioniertes Brot erhalten Sie in Syrien für umgerechnet 5 Cent. Auf dem freien Markt zahlen Sie Preise wie in Europa, umgerechnet ab 1 Euro aufwärts.“ Reiche könnten immer noch alles kaufen, aber 90 Prozent der Bevölkerung lebten unter der Armutsgrenze. Überweisungen von Angehörigen aus dem Ausland würden durch die Sanktionen unmöglich gemacht.

Unser Kontaktmann berichtet über die Stimmung vor Ort: „Im Land habe ich bei der Bevölkerung vor allem Fatalismus gespürt. Zwar wird immer wieder kolportiert, die Sanktionen seien zum Schutz der Bevölkerung gedacht, humanitäre Lieferungen seien ja auch erlaubt, besonders zynische Sanktionsbefürworter argumentieren sogar damit, die Sanktionen seien gut für die syrische Bevölkerung, da sie ihnen am Schluss die ‚Demokratie‘ bringen werden. Mittlerweile ist jedoch klar: Die syrische Bevölkerung ist kriegsmüde. Auch wenn es einzelne Proteste gab, das Land scheint nicht einmal Energie für eine Hungerrevolte zu haben, welche die Sanktionen offensichtlich auslösen sollten.“

Beschuss von Hilfslieferungen durch türkische Truppen

Die Islamisten im Nordwesten Syriens erhalten internationale Hilfslieferungen über den Grenzübergang Bab al-Hawa, kommerzielle Lieferungen erfolgten über die angrenzende Türkei. Die Gebiete der Kurden werden über den Irak beliefert. Diese Lieferungen seien jedoch weiterhin „Attacken der von der Türkei unterstützten islamistischen Milizen und teils der Türkei selbst“ ausgesetzt. Lieferungen in Gebiete, die unter Kontrolle der syrischen Regierung stehen, seien in den letzten Wochen durch den israelischen Luftangriff auf den Handelshafen Latakia beeinträchtigt worden. Es habe „massive Schäden an der Infrastruktur“ gegeben.

Neben der akuten Ukraine-Krise nannte unser Informant auch chinesische Käufe und „weitere Faktoren“ als Grund für die schlechtere Ernährungssituation. Eine „sofortige Aufhebung der meisten Sanktionen“, wie sie etwa der Wiener Erzbischof Kardinal Schönborn förderte, könnte jedoch das Leid erheblich lindern. „Allein die Öffnung des Geldverkehrs würde es Angehörigen im Ausland endlich erlauben, ihre Familien finanziell zu unterstützen, um den Einkauf von Nahrungsmitteln auf dem freien Markt zu ermöglichen“, sagte unser Informant. „Ein gezielter Wiederaufbauplan ist dringend notwendig und darf nicht mit unerfüllbaren politischen Forderungen verknüpft werden!“

Dabei sei der Import von landwirtschaftlichem Gerät und Ersatzteilen zwingend erforderlich, um einer kommenden, globalen Ernährungskrise entgegenzutreten. „Der Anteil der im Land produzierten Lebensmittel muss auf jeden Fall gesteigert, allerdings dabei auch sichergestellt werden, dass diese nicht für Devisen in den Export gehen, sondern rein der Ernährung der Bevölkerung zugutekommen.“

Eine christliche Bäckerei backt Brot für alle

Eine wichtige Rolle nehmen bei der christlichen Minderheit, die in den Regierungsgebieten unbehelligt leben kann, die Priester und Bischöfe ein. Sie zeigten ein hohes Maß an Verantwortung. „Das reicht von der Unterstützung besonders verarmter Familien, von Kriegswaisen- und -witwen über Speisungen in den Gemeindezentren in verschiedene Bereiche hinein.“ Die Kirchen seien dabei religionsübergreifend tätig. So habe der Priester Dr. Hanna Ghoneim mit seinem Hilfswerk „Korbgemeinschaft“ eine humanitäre Bäckerei in der Nähe von Damaskus errichtet. Ghoneim ist in Wien tätig, er gehört der melkitischen Teilkirche an, einer der vielen Ostkirchen der römisch-katholischen Kirche.

Orthodoxe und katholische Geistliche bei einem Treffen in Homs. Privat

Ghoneims Korbgemeinschaft gibt ihr Brot an alle Bedürftigen aus, ohne bei den Religionen Unterschiede zu machen. Unser Ansprechpartner erzählt: „In Damaskus selbst konnte ich eine sehr schöne Kooperation zwischen christlichen Pfandfindern und muslimischen Jugendorganisationen beobachten, so bereiten die Pfandfinder ein Festmahl für das Fastenbrechen der muslimischen Jugendorganisationen, diese revanchieren sich dafür mit einem Ostermahl für die Pfadfinder.“

Trotz dieser Zusammenarbeit sieht es düster für die Zukunft des Landes aus – und für viele andere Gebiete mit ähnlichen Problemen. Wenn China hortet und sich nur noch die reichen Ländern Kornimporte leisten können, dann hält das Zündstoff für neue Konflikte bereit. Syrien könnte der Vorbote einer beginnenden, globalen Ernährungskrise sein.

Schalten Sie auch heute Abend ein bei „Tichys Ausblick“: In der Diskussionsrunde sprechen Experten über die Auswirkungen von Inflation, Ernährungs- und Energiekrise.

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