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Das Stadium der grossen Veränderungen

Published On: 30. März 2022 0:02

Veröffentlicht am 30. März 2022 von RL.

Der Krieg in der Ukraine hat die Aufmerksamkeit auf die Verschiebungen in der Weltordnung gelenkt. Der Westen hat auf das militärische Eingreifen Russlands mit Sanktionen, Waffenlieferungen und Söldnern geantwortet. Diese Sanktionen werden sich stark auf die russische Wirtschaft und die zentralasiatischen Staaten auswirken, aber auch auf die europäische Bevölkerung, die mit weiter steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen rechnen muss. Bislang hat der Westen beschlossen, nicht mit direkter militärischer Gewalt oder einer Flugverbotszone einzugreifen.

Man ist sich bewusst, dass ein solches Eingreifen zu einem grösseren Krieg zwischen den USA und Russland führen könnte. Dessen Folgen jedoch sind angesichts der Atomwaffenkapazitäten beider Länder nur schwer abzuschätzen (…) Um die aktuelle globale Situation zu verstehen, in der China und Russland zunehmend an Einfluss gewinnen, stelle ich an dieser Stelle sechs Thesen auf:

These eins: Unipolarität

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion entwickelten die USA zwischen 1990 und 2013-15 ein Weltsystem, von dem multinationale Konzerne mit Sitz in den USA und den anderen G7-Ländern profitiert haben. Die Ereignisse, die die überwältigende Macht der USA definierten, waren die Invasionen im Irak (1991) und in Jugoslawien (1999) sowie die Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) (1994). Das durch den Zusammenbruch der UdSSR geschwächte Russland versuchte anfangs, sich in dieses System einzugliedern, indem es der G7 beitrat und als «Partner für den Frieden» mit der Nordatlantikvertragsorganisation (NATO) zusammenarbeitete. Gleichzeitig spielte China unter den Präsidenten Jiang Zemin (1993-2003) und Hu Jintao (2003-2013) ein vorsichtiges Spiel, indem es sich in das von den USA dominierte globale System einfügte, die US-Regierung und ihre Operationen jedoch nicht herausforderte.

These zwei: Signal-Krise

Die USA haben ihre Macht durch zwei Dynamiken überschätzt: erstens durch die Überschuldung ihrer eigenen Wirtschaft (überschuldete Banken, Übergewicht an unproduktiven Vermögenswerten) und zweitens durch den Versuch, in den ersten beiden Jahrzehnten des 21 Jahrhunderts mehrere Kriege gleichzeitig zu führen (Afghanistan, Irak etc.). Deutlich wurden diese Schwächen der US-Macht durch die Invasion im Irak (2003) und das anschliessende Machtdebakel sowie durch die Kreditkrise (2007-08) deutlich. Auf diese Entwicklungen folgten eine innenpolitische Polarisierung in den USA und eine Legitimationskrise in Europa.

These drei: Chinesisch-russischer Aufschwung

In der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts sind sowohl China als auch Russland aus unterschiedlichen Gründen aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht.

Chinas Aufschwung hat zwei Beine:

1. Chinas Binnenwirtschaft. China hat massive Handelsüberschüsse aufgebaut und daneben durch Handelsabkommen und Investitionen in die Hochschulbildung wissenschaftliche und technologische Kenntnisse erworben. In den Bereichen Robotik, Hightech, Hochgeschwindigkeitszüge und grüne Energie haben chinesische Unternehmen die westlichen überholt.

2. Chinas Aussenbeziehungen. 2013 kündigte China die Neue Seidenstrasse (Belt and Road Initiative, BRI) an, die eine Alternative zur Entwicklungs- und Handelsagenda des von den USA gesteuerten Internationalen Währungsfonds (IWF) darstellt. Die BRI dehnt sich von Asien nach Europa sowie nach Afrika und Lateinamerika aus.

Auch Russland trat auf zwei Beinen auf:

1. Russlands Binnenwirtschaft. Präsident Wladimir Putin kämpfte gegen Teile des Grosskapitals, um die staatliche Kontrolle über wichtige Rohstoffexportsektoren durchzusetzen, und nutzte diese zum Aufbau von Staatsvermögen (vor allem Öl und Gas). Statt russische Vermögenswerte lediglich für ihre Bankkonten im Ausland auszusaugen, erklärten sich diese russischen Kapitalisten bereit, einen Teil ihrer Ambitionen dem Wiederaufbau der Macht und des Einflusses des russischen Staates unterzuordnen.

2. Russlands Aussenbeziehungen. Im Jahr 2007 hat Russland damit begonnen, sich von der globalen Agenda des Westens abzuwenden und sein eigenes Projekt voranzutreiben, zunächst durch die BRICS-Agenda (Brasilien-Russland-Indien-China-Südafrika) und später durch immer engere Beziehungen zu China. Russland nutzte seine Energieexporte auch, um die Kontrolle über seine Grenzen zu behaupten. Dies hatte das Land nicht getan, als die NATO 2004 entlang der russischen Grenzen um sieben Länder erweitert wurde. Bei seinen Interventionen auf der Krim (2014) und in Syrien (2015) setzte Russland seine militärischen Kräfte ein, um ein Schutzschild um seine Warmwasserhäfen in Sewastopol (Krim) und Tartus (Syrien) zu errichten. Dies war die erste militärische Herausforderung für die USA seit 1990.

In dieser Zeit haben China und Russland ihre Zusammenarbeit in allen Bereichen vertieft.

These vier: Die globale Monroe-Doktrin

Die USA übertrugen ihre Monroe-Doktrin von 1823, mit der sie die Kontrolle über den amerikanischen Kontinent sicherstellten, auf die ganze Welt. Sie teilten die Ansicht, dass in dieser postsowjetischen Ära die ganze Welt ihr Herrschaftsgebiet sei (…) Dieser von den USA vorangetriebene neue Kalte Krieg, der auch eine hybride Kriegsführung durch Sanktionen gegen 30 Länder wie den Iran und Venezuela umfasst, hat die Welt destabilisiert.

These fünf: Konfrontationen

Die so angeheizten Konfrontationen haben die Lage in Asien, wo die Strasse von Taiwan nach wie vor eine heisse Zone ist, und in Lateinamerika verschärft (…). Der derzeitige Konflikt in der Ukraine (…) dreht sich zudem um die Frage der Unabhängigkeit Europas. Die USA haben die «Global NATO» als Trojanisches Pferd benutzt, um ihre Macht über Europa auszuüben und es den US-Interessen unterzuordnen. Dies, obwohl es den Europäern schadet, da ihre Energieversorgung dadurch geschwächt wird und sie Erdgas für die Lebensmittelwirtschaft verlieren. Russland hat wiederum die territoriale Souveränität der Ukraine verletzt, aber die NATO hatte zuvor Bedingungen geschaffen, die diese Konfrontation beschleunigt haben (…).

These sechs: Endgültige Krise

Fragilität ist der Schlüssel zum Verständnis der heutigen Macht der USA. Sie hat weder dramatisch abgenommen noch bleibt sie unversehrt. Es gibt drei Quellen amerikanischer Macht, die relativ unangetastet bleiben:

  1. Die überwältigende militärische Macht. Die USA sind nach wie vor das einzige Land der Welt, das in der Lage ist, jeden anderen UN-Mitgliedstaat in die Steinzeit zu bomben.
  2. Das Dollar-Wall-Street-IMF-Regime. Aufgrund der weltweiten Abhängigkeit vom Dollar und des an den Dollar gebundenen globalen Finanzsystems können die USA ihre Sanktionen als Kriegswaffe einsetzen, um andere Länder nach Gutdünken zu schwächen.
  3. Die Informationsmacht. Kein Land hat eine so entscheidende Kontrolle über das Internet, sowohl über seine physische Infrastruktur als auch über seine nahezu monopolistischen Unternehmen (wie Facebook und YouTube, die jeden Inhalt und jeden Anbieter nach Belieben entfernen); kein Land hat aufgrund der Macht seiner Nachrichtenagenturen (Reuters und Associated Press) sowie der grossen Nachrichtensender (wie CNN) so viel Kontrolle über die Gestaltung der Weltnachrichten.

Doch klar ist auch: Es gibt mehrere Bereiche, in denen die Macht der USA stark geschwächt ist. Man denke zum Beispiel an die politischen Kämpfe in den USA – die Gesellschaft ist stark polarisiert. Man denke zudem an die Unfähigkeit der USA, ihre Ressourcen zu bündeln, um China und Russland innerhalb ihrer Grenzen zurückzuschicken (…)

Lesen Sie den ganzen Text hier.

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Vijay Prashad ist ein indischer Historiker, Journalist und Kommentator. Sein Text ist zuerst auf Consortium News erschienen. Mit freundlicher Genehmigung des Portals durften wir den Text an dieser Stelle auf Deutsch übernehmen.

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