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Zackige Zeichen: Der Kampf gegen das eigene Alphabet

Published On: 16. April 2022 13:00

Zackige Zeichen: Der Kampf gegen das eigene Alphabet

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Pixabay

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Im Propaganda-Krieg um den russischen Militäreinsatz in der Ukraine ist es zu einer polit-ikonologisch bemerkenswerten Auseinandersetzung zwischen den beteiligten Parteien um Zeichen gekommen, die russische Soldaten auf ihren Fahrzeugen angebracht hatten. Zu sehen waren dabei vor allem Symbole, die oberflächlich betrachtet den lateinischen Buchstaben Z, V und O ähnelten – wobei es aber die ersten beiden dieser Zeichen als Buchstaben im russischen Alphabet gar nicht gibt und sich darüberhinaus sämtliche Darstellungen gerade durch ihre leichte Reproduzierbarkeit auszeichnen.

Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Thomas W. Wyrwoll

Statt aber daraus nun auf eine Verwendung einfacher Kennzeichen zu militärischen Unterscheidungszwecken zu schließen, wie sie in allen Armeen der Welt üblich sind, übte sich die antirussische Meute in einer ziemlich widersinnigen Interpretation der vermeintlichen Grapheme als lateinische Buchstaben – nebst deren Vervollständigung zu vermeintlichen russischen Propaganda-Wortchiffren, die in Rußland selbst merkwürdigerweise bis dahin nie verbreitet wurden.

“Tatsächlich handelt es sich um Kennzeichen

zu militärischen Unterscheidungszwecken,

wie sie in allen Armeen der Welt üblich sind.”

Schnell ward von ukrainischen und US-amerikanischen Vertretern die politisch ausschlachtbare Billigst-„Interpretation” gefunden, das „Z” stünde für den kyrillischen Buchstaben „3″ (sprich ‚ße’), der ein Stimmhaftes S wie im deutschen Wort „Sonne” wiedergibt und für das russische Wort „sapad” (запад), also „Westen” stünde – womit dann zugleich die für Washington wünschenswerten klaren Fronten zwischen dem „Freien Westen” und dem seit langem wieder „bösen Russland” herrschten. Westliche Zeitschriften „zitierten” zudem gerne indirekt eine ukrainischsprachige Publikation des Kiewer Verteidigungsministeriums, wonach es sich bei den Z-Einheiten zugleich um Teile der Westgruppe der russischen Streitkräfte handeln würde – mit dem kleinen Schönheitsfehler, dass in der (seitens der Ukrainer inzwischen vermutlich auch aus Rücksicht auf ihre neuen Herren aus dem Netz genommenen und ohnehin wohl eher etwas phantasievoll verfassten) Schrift im Original noch ausdrücklich von den „Östlichen Streitkräften” der Russen die Rede war.

Eigentlich sollte das “Z” Panzer entsprachend ihrer Herkunft markieren:

Just military marks for equipments.

And Z means also : Za Pobedu – For Victory ✌️ pic.twitter.com/A6DyQTWPbW

— Black Russian (@BlackRussian84) April 3, 2022

Erst “Z” für den Sieg, dann auch “V” für die Wahrheit

Anfangs wusste man in Rußland mit derlei Propaganda um westliche Buchstaben, die den meisten Russen am ehesten als Umschrift in russischen Internetadressen vertraut sind, wenig anzufangen. Das Moskauer Verteidigungsministerium gab daher zunächst humorvoll die russische Kriegsphrase „Za pobedu” bzw. „Für den Sieg” unter Ersatz des heimischen 3 durch einlateinisches Z als „Erklärung” für die Zeichen seiner Soldaten in Gestalt eines Netzplakates zum Besten, der es freilich mittels einer zweiten Bildmontage eine inhaltliche Erläuterung hinzufügte: Hier fand sich das „V” im Satz „sila V prawdje”, „die Kraft liegt IN der Wahrheit” — dass das V hier für das ebenso harmlose wie einer tieferen Bedeutung entbehrende „in” in einem noch dazu unsinnig geschriebenen Satz steht und das Ganze somit als Hinweis auf die ironische Verortung der beiden Bildbeiträge gedacht war, entging den die vermeintliche „offizielle Stellungnahme Moskaus” nachplappernden Pressevertretern allerdingsvollständig.

Nächster westlicher Buchstabe in Gefahr: Wird bald auch das “V” verboten?

Сила в правде, мы обязательно победим pic.twitter.com/yK9DzZ7VZA

— kremlnbot (@Kremlinboti) April 13, 2022

Propaganda-Wert wurde erkannt und genutzt

Einigermaßen rasch wurde man sich in der russischen Führung anschließend freilich der Möglichkeit zur positiven Nutzung des zackig-energetischen Z-Zeichens bewußt: Das leicht hineinzulesende Wort „za” (sprich „ßa”) bzw. „für” signalisiert ja schließlich, dass man FÜR eine Sache ist, und so avancierte der Ersatz des heimischen 3 durch den landesfremden Buchstaben Z alsbald zu einer politisch forcierten, aber tatsächlich in großen Teilen des Volkes durchaus beliebten nationalen Solidaritätserklärung mit den Vorneweg-Verteidigern Rußlands – oder wahlweise mit Präsident Putin, der durch seine mit Verve vorgetragene, aber inhaltlich vor allem auf Narrative im eigenen Staat abzielende Erklärung zur in der Ukraine angelaufenen „Spezoperazija” nach langer Abwesenheit von der eigentlichen Führungswahrnahme erstmals wieder das politische Heft in die Hand genommen zu haben schien. Unter russischen Patrioten kam sein Engagement jedenfalls gut an: Autofahrer klebten den Z-“Schriftzug” auf ihre Fahrzeuge, „Flashmobs” führten Menschen zur Formung des Symbols durch ihre Körper zusammen, die Region Kusbass schrieb sich auf Werbeträgern plötzlich „KuZbass” und Roskosmos-Chef Dmitrij Rogosin gar seinen Namen als „RogoZin”. 

“Schnell erkannte man in Moskau

die Möglichkeiten einer Nutzung

des zackig-energetischen Zeichens.”

Z wie Zelenski?

Als der junge Turner Iwan Kuljak bei einer Siegerehrung in Doha ein kleines Z an seiner Kleidung trug, keiften angelsächsische Funktionäre wie Medienvertreter sogleich von einem „schockierenden Verhalten”. Keineswegs origineller war freilich das Verhalten mancher Ukrainer, was ihre Umwidmungen des Zs betraf. Während sich der notorisch unbescheidene Präsidialdarsteller Selenski ob des Zs recht albern gleich selbst als eigentliches Ziel des russischen Angriffs wähnte, da sich doch auch sein Name mit einem 3 am Anfang schreibt, schrieb Kiews VN-Botschafter dem Zeichen und damit zugleich den russischen Soldaten nach der bekannt-groben Art seines Hauses alles andere als diplomatisch die Bedeutung „zwjery”, also „Wilde Tiere” — im Sinne von „Bestien” — zu. Dass die Wortwahl seiner wenig zimperlichen Gefolgsleute an der Front nochmals rauer ausfiel, dürfte wenig überraschen. 

Bemerkenswerterweise kam die Zickzack-Linie auch im „Nahen Ausland” durchaus durchwachsen an: Nachdem sie ethnisch russische Autofahrer in Nursultan an ihren Gefährten anbrachten, begannen die kasachstanischen Polizeibehörden solche PKWs unter formalem Verweis auf die Straßenverkehrsordnung zeitweilig sicherzustellen und brummten ihren Besitzern empfindliche Geldstrafen auf – alles, was in Kasachstan auch nur leise nach russischen Gebietsarrondierungen klingt, wird nicht nur im Volk oft mit fundamentalem Argwohn aufgenommen. Dass neben den Deutschen seit ihrer Ansiedlung gerade Ukrainer die ethnische Struktur der russophonen Mehrheit rund um die Nasarbajewsche Neu-Hauptstadt prägten, ließ die Behörden wohl ebenfalls etwaigen Verstimmungen vorbeugen wollen.

Zürich-Versicherung vermeidet Firmen-Emblem in Werbung

Während das benachbarte und ebenso wie Kasachstan eng in die russische Sicherheitsarchitektur integrierte Kirgistan noch an seinem Vorgehen feilte und innerhalb des ehemaligen Ostblocks zunächst nur die schon zuvor durch scharfe antirussische Töne auffällige Tschechei einschlägige Zeichenverbote verhängte, preschten außerhalb des altrussischen Kolonialraums bezeichnenderweise wieder einmal Metternichs Epigonen in der BRD vor: Bayerns CSU-Justizminister Georg Eisenreich und Niedersachsens für seine notorische Kontrollwut gegenüber Volkes Meinung seit Jahren berüchtigter SPD-Innenminister Boris Pistorius erklärten, es handle sich beim Zeigen des Z-Symbols gemeinhin um einen Gesetzesverstoß nach § 140 StGB Absatz 2, also um die „Billigung einer Straftat”, die potentiell mit einer Haft von bis zu drei Jahren bewehrt ist – wobei man dieses Zeichen intensiv bekämpfen werde. Bis eine solch absurde und wohl überhaupt nur in der BRD denkbare Bestrafung einer politischen Meinungsäußerung verbüßt wäre, dürfte sich die Außenwerbung des Zürich-Versicherungskonzerns, welcher sich angesichts der kollektiven Hysterie sicherheitshalber für einen einstweiligen Verzicht auf die Verwendung seines bekannten Z-Emblems in der Internetwerbung entschieden hat, wohl längst wieder in ihren alten Zustand zurückverwandelt zeigen…

Zur Person

Prof. Dr. Thomas W. Wyrwoll ist Archäologe und Experte für die Vorgeschichte der Arabischen Halbinsel. Ein weiteres Gebiet seiner Expertise sind antike Darstellungen. Mit seinem Wissen beriet der Forscher mehrere Länder in kulturhistorischen Angelegenheiten. Seit Jahren bringt er seine einzigartigen Einblicke in journalistischen Gastbeiträgen für renommierte Publikationen zu Papier.

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