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Wo war Dr. Gysi?

Published On: 9. Mai 2022 16:00

Gregor Gysi war in Butscha. Sagt er zumindest. Ein paar kurze Video-Clips sollen das beweisen. Aber war es tatsächlich Butscha? Oder nur ein Potemkinsches Dorf aus dem Sozialismus? Eine internationale Untersuchung könnte Klarheit verschaffen.

Zu den Kollateralschäden der Wiedervereingung gehört u.a., dass ein Teil des DDR-Personals von der Bundesrepublik übernommen wurde, insbesondere als Lehrer, Polizisten oder Richter. Natürlich nicht die Funktionäre aus der ersten Reihe wie Erich Mielke (Minister für Staatssicherheit) oder Rudolph Schulze (Minister für Post- und Fernmeldewesen); die waren verbraucht. Aber viele, die im Hintergrund dem System gedient hatten, bekamen eine zweite Chance, im öffentlichen Dienst oder in der privaten Wirtschaft.

Eine der erstaunlichsten Karrieren an der Bruchstelle zwischen der DDR und der BRD ist die des Ostberliner Rechtsanwalts Gregor Gysi. Er genoss das Vertrauen der Stasi und mancher Dissidenten, die er vor Gericht vertrat. Einige seiner Klienten warfen ihm nach dem Fall der Mauer Parteienverrat vor. Gysi wirkte hinter den Kulissen, er verhandelte und vermittelte, wobei ihm sein rhetorisches Talent, seine bürgerliche Erziehung und sein Gespür für Stimmungen zugute kamen. Am 4. November 1989, gut zwei Wochen nach dem Sturz von Erich Honecker, aber noch kurz vor dem Fall der Mauer, hielt er bei einer Kundgebung auf dem Alexanderplatz eine kämpferische Rede, die mit viel Beifall honoriert wurde. 

Die DDR ging unter, Gysi aber feierte eine Auferstehung aus Ruinen. Er sorgte dafür, dass die alte SED sich über die Zeitenwende retten und sukzessive als „Partei des demokratischen Sozialismus“ und später als „Die Linke“ neu aufstellen konnte. Seit 1990 sitzt er, mit Unterbrechungen, im Bundestag, wenn er nicht gerade in einer Talk-Show Anekdoten recycelt oder als „Türöffner“ Immobilienprojekte vorantreibt. 

Was die Bewältigung der Vergangenheit der DDR und seiner eigenen angeht, so hat er eine salomonische Formel gefunden: „Es stimmt eben nicht, dass, wenn man kein Rechtsstaat ist, dass man dann automatisch ein Unrechtsstaat ist.“ Mit solchen Haarspaltereien hält er sich seit über 30 Jahren über Wasser, ein lupenreiner Demokrat, dem die Alt-SED ihre Präsenz im Bundestag verdankt, weil er in seinem Wahlkreis Treptow-Köpenick ein Direktmandat geschafft hat. Es war das zweite Wunder von Köpenick, das erste liegt schon über 100 Jahre zurück.

Vor kurzem ist Gysi nach Butscha gereist, wo angeblich ein Massaker stattgefunden hat. Gysi hat seine Reise auf Twitter dokumentiert, und das war auch der Zweck der Reise: zu zeigen, wie Onkel Gregor Geschenke verteilt.

Ein Blutbad muss nicht automatisch ein Massaker sein, es könnte auch die Folge eines Verkehrsunfalls sein, z.B. wenn ein Panzer und ein PKW einander begegnen. Auch in diesem Falle gilt erst einmal die Unschuldsvermutung: „Ich bin sehr für die internationale Untersuchung zu den Kriegsverbrechen, die hier stattgefunden haben sollen, damit wir hoffentlich erfahren, was hier tatsächlich passierte.“

Da bin ich auch für. Außerdem für eine internationale Untersuchung zu Gysis Reise nach Butscha, damit wir erfahren, wo Gysi tatsächlich war und was dort, wo er gewesen sein will, tatsächlich passiert ist. 

Foto: Achgut.com

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