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NRW-Landtagswahlkampf: Zwei Kandidaten, die nichts oder dasselbe wollen

Published On: 13. Mai 2022 18:52

Das TV-Duell zwischen NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und seinem Herausforderer Thomas Kutschaty war genauso leer wie die Wahlplakate der Parteien. In brisanten Zeiten erlebt Nordrhein-Westfalen einen Wahlkampf der politischen Ödnis.

IMAGO / Sven Simon

Wahlplakate in Dortmund, 11.05.2022

Ein Landtagswahlkampf im größten Bundesland, das sollte doch ein höchst faszinierendes Ereignis sein. Selbst in weniger ereignisreichen Zeiten – wenige Monate nach einem Regierungswechsel im Bund, in der Endphase einer jahrelangen Pandemie und zu Anfang einer dramatisch ansteigenden Inflation, die zu all den ungelösten Krisenerscheinungen der Gegenwart hinzukommen, die vor allem in der Zuständigkeit der Landespolitik liegen: vom Niedergang des Bildungsniveaus bis zum Aufstieg krimineller Clans. 

Aber im Wahlkampf zwischen Bonn und Bielefeld herrscht doch eine gespenstige Langeweile vor. Auf den Plakaten der Parteien ist vor allem eins auffällig: das weitestgehende Fehlen von politischen Aussagen. Was diese Parteien, vor allem die beiden, die den nächsten Ministerpräsidenten stellen werden, eigentlich wollen, außer gewählt werden, erfährt der NRW-Bürger nicht.

Der Herausforderer, SPD-Landeschef Thomas Kutschaty, und der nur durch den Abtritt des gescheiterten Kanzlerkandidaten Armin Laschet zum Ministerpräsidenten avancierte Hendrik Wüst versuchen beide, ohne inhaltliche Ansage auszukommen. Während Wüst sich als „unser Ministerpräsident“ einen landesväterlichen Amtsbonus zuspricht, der ihm angesichts kurzer Amtszeit ohne Bestätigung durch die Bürger noch nicht so recht zukommt, beansprucht Kutschaty diesen Status sogar schon im Vorhinein als „Ministerpräsident von morgen“. Dabei soll wohl ein imaginierter Kanzlerbonus auf ihn abstrahlen, indem er sich auf einem anderen Plakat mit Olaf Scholz präsentiert: „Gemeinsam für NRW und Deutschland“.  

„Machen, worauf es ankommt“, fordert oder verspricht Wüst. Aber worauf denn nun? „Wählen Sie NRW nach vorne. Nicht zurück“, verlangt FDP-Landeschef und Vize-Regierungschef Joachim Stamp. Aber wo ist vorne? Da wo die FDP ist vermutlich. Die Grünen mit ihrer Spitzenkandidatin Mona Neubaur versuchen es mit sprachlichen Anklängen an den Deutschpop-Stil – „Von hier an grün“ – und einer peinlich verballhornten Phrase – „Reden ist silber, Handeln ist grün“. Die einzige programmatische Ansage – wenn man so will –, die die Plakatwände in diesem Wahlkampf prägt, ist die der Grünen, die aller Voraussicht nach als Koalitionspartner für Wüst oder Kutschaty bereitstehen werden: „Unabhängig von Kohle, Gas und Diktatoren“. Kohle und Gas sind also ebensolche Bösewichter wie der Kriegsaggressor Putin. So einfach kann man es sich machen – und damit laut Umfragen bei 16 Prozent stehen.

Die gespenstische programmatische Armut der potenziellen Regierungsparteien, die alle miteinander koalieren können oder als CDU und SPD zumindest um dieselben potenziellen Koalitionspartner (Grüne und FDP) buhlen werden, spiegelte sich auch im WDR-„Fernsehduell“ zwischen Wüst und Kutschaty wider, das fast ganz ohne erkennbare Gegensätze zwischen beiden auskam.

Wüst äußerte zu einem vereitelten Anschlag eines 16-Jährigen mit offenbar rechtsextremem Hintergrund wenig verwunderlich dieselbe Betroffenheit und Entschiedenheit im „Kampf gegen den Rechtsextremismus“ wie Kutschaty. Und zu einem der wenigen politischen Vorzeigeprojekte der CDU-geführten Landesregierung, dem Einsatz für die innere Sicherheit, fiel Wüst angesichts der jüngsten Gewalteskalation von Clan-Kriminellen in Duisburg nur die Phrase ein, dass man denen „immer auf den Füßen stehen müssen“. Aber auch Kutschaty, der der vorangegangenen rot-grünen Regierung als Justizminister angehörte, die den Kampf gegen die Kriminalität völlig vernachlässigt hatte, will jetzt den „Kampf gegen die Kriminalität nicht vernachlässigen“ und „an die Bosse ran“. Allein die Abneigung gegen den Begriff „Clan“ behält er bei, im SPD-Programm fehlt er. 

Selbst bei der Frage nach einer möglichen Beteiligung des Bundeslandes an dem Stahlkonzern ThyssenKrupp sind so gut wie keine Unterschiede auszumachen. Dass ein Sozialdemokrat so etwas will, ist wenig überraschend. Aber dass ein CDU-Ministerpräsident dem nicht widerspricht („wir haben in der Pandemie gesehen, dass nicht mehr die Zeit ist, wo man sagt, eine staatliche Beteiligung geht gar nicht“), sondern als Bedingung dafür nur vorgibt: „Sie muss helfen bei der Transformation“,  also auch noch eine rotgrüne Lieblingsvokabel „Transformation“ als Ziel akzeptiert, offenbart, wie sehr die Partei Ludwig Erhards mittlerweile von ihren einstigen marktwirtschaftlichen Grundüberzeugungen abgekommen ist.

Dass man programmatisch in weiten Teilen kaum voneinander zu unterscheiden ist, offenbarte dann auch – das war tatsächlich der unterhaltsamste Teil der Veranstaltung – das Spielchen „Wo steht‘s geschrieben?“, in dem Wüst und Kutschaty vorgelesene Sätze dem Wahlprogramm ihrer jeweiligen Partei zuordnen mussten. Klar, dass die WDR-Redaktion absichtlich besonders ähnliche Positionen herausgesucht hatte, dennoch war es peinlich, wie Wüst und Kutschaty beide manchmal falsch lagen. 

Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen

Mit einem Duell hatte das nichts gemein. Jedenfalls zeigte keiner den Willen, mit unschlagbaren Argumenten den anderen zu besiegen. Klar, beide können gar keine erbarmungslose Kritik aneinander üben: Denn selbst wenn Wüst nach jüngsten Umfragen einen leichten Vorsprung hat, muss er wohl zusätzlich zum aktuellen Koalitionspartner auch die Grünen für sich gewinnen, die in der vorletzten Legislatur noch mit Kutschatys SPD koaliert hatten. Dasselbe gilt für Kutschaty, der selbst im Erfolgsfall womöglich zusätzlich zu den Grünen auch die FDP in eine Koalition mitnehmen muss. 

Wüst stammt aus Rhede im Münsterland und Kutschaty aus Essen, aber ihr politisches Motto haben beide in Köln gefunden: „Levve un levve losse“.

In den jüngsten Umfragen von INSA und der Forschungsgruppe Wahlen kommt die CDU jeweils auf etwa 32 Prozent, die SPD auf 28 und 29 Prozent. Die Grünen kommen bei INSA auf 16 Prozent, bei der Forschungsgruppe Wahlen auf 17 Prozent. Die FDP kommt nur noch auf 8 beziehungsweise 6 Prozent und die AfD liegt in allen Umfragen stabil bei 7 Prozent. Die Linke schaffte es nach allen Umfragen nicht über die Fünf-Prozent-Hürde. 


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