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Stochern im Nebel: Kommt jetzt doch die Deflation?

Published On: 14. Mai 2022 14:00

Wie schnell sich der Umschlag von Kreditexpansion zu Deflation ereignet, hat das Finanzkrisenjahr 2008 gezeigt. Es war geprägt von galoppierender Inflation, insbesondere im Rohstoff-, Energie- und Bausektor. Und dann kam es anders als von den meisten erwartet.

Die Autoren von Achgut stehen nicht im Verdacht, die Inflation schöngeredet zu haben. Auch ich habe einige Beiträge darüber veröffentlicht. Mittlerweile aber finde ich, dass der Teil unseres globalen Dorfplatzes, auf dem über Inflation debattiert wird, völlig überlaufen ist. Es gibt keinen, der das Thema noch nicht entdeckt hat. Wenn der Focus einen Artikel mit der Schlagzeile überschreibt: „Teuer Deutschland: Ihr Alltag besteht nur noch aus Sparen? Erzählen Sie uns bitte davon!“, dann muss man das als Kontraindikator werten: Die Inflation hat ihren Zenit überschritten. Jetzt kommt die Deflation!

Natürlich weiß auch ich nicht, ob Putin uns den Gashahn zudrehen wird und falls doch, welche Auswirkungen das auf die Preise bestimmter Güter haben wird. Aber das ist nicht das, was Inflation ausmacht. Inflation ist Kreditexpansion. Eine Verteuerung von Öl, Gas oder Lebensmitteln würde bei einer gleichbleibenden Geldmenge dazu führen, dass Konsumenten an anderer Stelle sparen würden, was in den betreffenden Sektoren zu einer Tendenz fallender Preise führen würde. Dass alle Preise und Löhne gleichzeitig steigen, hat eine monetäre Ursache: die Kreditvergabe durch die Geschäftsbanken.

Durch einen einfachen Eintrag im Computer schaffen die Banken neue Umlaufmittel. Das aus dem Nichts geschaffene Geld kommt nicht bei allen gleichzeitig an, sondern hat Eintrittspunkte wie etwa den Immobilienmarkt oder die Aktienbörsen. Von diesen Eintrittspunkten pekuliert es durch die Wirtschaft, ähnlich wie Regenwasser durch die Erde. Nach und nach erhöhen alle ihre Preise – irgendwann auch Dirk Maxeiners Pizzabäcker Enzo.

Die Ursache der die Preise treibenden Kreditexpansion ist die Verbilligung der Kredite durch das staatswirtschaftliche Mittel der Leitzinssenkung. Wenn eine Ware billiger wird, steigt die Nachfrage; das ist bei Krediten nicht anders als bei Äpfeln oder Konzertkarten. Durch die niedrigeren Zinsen werden Unternehmungen und Spekulationen attraktiv, die bei dem früheren höheren Zinsniveau nicht rentabel waren.

Gipfel, Täler und Inseln

Der französische Ökonom Turgot (1727-1781) hat das anschaulich beschrieben. Man könne den Zins

„als eine Art von Niveau betrachten, unterhalb dessen alle Arbeit, jeder Ackerbau, jede Industrie und jeder Handel aufhören müssen. Er gleicht einem Meer, das über ein weites Land ausgebreitet ist; die Gipfel der Berge ragen aus dem Wasser empor und bilden fruchtbare und bebaute Inseln. Wenn dieses Meer abfließt, so kommen mit seinem allmählichen Sinken Abhänge, Ebenen und Täler zum Vorschein, die bald mit Erzeugnissen aller Art bedeckt sind. Das Steigen und Fallen des Meeresspiegels genügt, um weite Gebiete entweder zu überschwemmen oder der Kultur zurückzugeben.“

(Anne Robert Jacques Turgot: Betrachtungen über die Bildung und Verteilung des Reichtums, 1766).

Nun gab es aber im März 2020, als die Notenbanken die jüngste – nicht die erste – Runde der Inflation einläuteten, bereits eine sehr lockere Geldpolitik. Ein Hauptstrom des neu geschaffenen Geldes bahnte sich seinen Weg darum schnurstracks in fragwürdige Unternehmungen, die selbst unter den Bedingungen des Nullzinskredits unrentabel sind. Lange bevor Enzo seine Preise erhöhte, stieg ein Pizzalieferdienst, der noch nie einen Gewinn erzielt hat, in den deutschen Aktienindex DAX auf. Der Gründer und Chef jenes Unternehmens gestand letztes Jahr in einem Interview„Ich glaube, alles, was wir machen, lässt sich schwer profitabel gestalten.“ Durch die Nullzinspolitik werden Ressourcen verschwendet für Unternehmungen, die vom Konsumenten nicht gewollt und darum nicht profitabel sind.

Was passiert beim Prozess der Inflation?

Die Kreditexpansion der Banken hat die ökonomischen Ressourcen nicht vergrößert, denn die für Investitionen notwendigen Kapitalgüter wurden ja nicht mitgeschaffen. Im Wettlauf um knappe Kapitalgüter und Arbeitskräfte bieten die Unternehmer Preise und Löhne in die Höhe. Das schafft das Trugbild eines höheren Reichtums. Die Empfänger der höheren Löhne geben mehr Geld aus; die monetäre Illusion sorgt dafür, dass sie sich auch dann reicher fühlen, wenn sie in Wirklichkeit nur eine Lohnerhöhung erhalten haben, die den Geldwertverlust ausgleicht.

Solange sich die Güterpreise nicht der gestiegenen Geldmenge angepasst haben, wird mehr konsumiert, denn die Unternehmer, die zu den alten Preisen verkaufen, verkaufen zu billig, also  ohne ihre zukünftig höheren Kosten in der Kalkulation zu berücksichtigen.

Noch während der Boom im Gange ist, zeigen sich die Irrtümer. Die Kapitalgüter, die notwendig wären, damit alle Unternehmer die eingeschlagenen Investitionen erfolgreich zu Ende führen können, sind nicht vorhanden. Die Fülle an Krediten und der künstlich niedrige Zins hatten eine größere Menge an Kapital vorgetäuscht als tatsächlich existiert. Die Wächterfunktion, die der Zins eigentlich einnehmen sollte – indem er sicherstellt, dass nur diejenigen Investitionen begonnen werden, deren Abschluss mit den vorhandenen Ressourcen möglich und von den Konsumenten gewünscht ist –, muss nun von den Marktpreisen übernommen werden: Eskalierende Kosten führen zum Abbruch vieler Projekte. An dem Naturgesetz, das man sparen muss, um zu investieren, kommt niemand vorbei. Wenn es keine freiwilligen Ersparnisse gibt, dann führt der von der expansiven Geldpolitik herbeigeführte künstliche Boom zu einem erzwungenen Sparen: allgemeinen Preissteigerungen, die den Konsum reduzieren. Es ist nun mehr Geld im Umlauf, das aber pro Einheit weniger Kaufkraft besitzt.

Wenn die Kreditexpansion stoppt

Plötzlich kommt der jähe Umschlag. Die Kreditexpansion stockt. Dies kann durch eine Umkehr der Geldpolitik der Notenbanken geschehen (steigende statt fallende Zinsen). Es geschah aber auch in dem Zeitalter, bevor es Notenbanken gab, etwa, wenn Kreditgeber ab einem bestimmten Punkt nervös werden durch das schiere Ausmaß der Kredite (und die damit einhergehende Dehnung der Bankbilanzen) und/oder durch das Eintreffen von Nachrichten, die in Kontrast stehen zum überbordenden Optimismus (und Beweis der in der Phase der Kreditexpansion begangenen Unternehmerirrtümer sind).

Da es im ganzen System keine Liquiditätspuffer gibt, stößt dies eine Kettenreaktion an, die Preise fallen. Das ist eine durchaus gute Sache, wird aber als Krise wahrgenommen, der sich in unserer heutigen Zeit die Notenbanken mit dem einzigen ihnen zur Verfügung stehenden Instrument entgegenstemmen: Reinflationieren durch Zinssenkungen oder, wenn das nicht reicht, durch unorthodoxe Maßnahmen wie dem Ankauf von Staatsanleihen.

Erste Anzeichen der Deflation sehen wir. Viele der Indikatoren, die 2020/2021 Inflation angezeigt haben, haben vor dem Hintergrund steigender Zinsen gedreht. Der Nasdaq-Index ist seit Jahresbeginn um mehr als 20 Prozent gefallen. Öl- und Rohstoffpreise sind von den Höchstständen im März deutlich entfernt. Der Anstieg des Goldpreises im März auf ein Allzeithoch von 2070 US-Dollar pro Feinunze stellte sich schnell als Fehlsignal heraus: Inzwischen liegt er mehr als 200 Dollar niedriger. Aufgrund der steigenden Marktzinsen ist die Nachfrage nach Immobilienkrediten in den USA gegenüber dem Vorjahreszeitraum um die Hälfte eingebrochen. Ein schlechter als erwarteter Quartalsbericht von Alcoa, einem der größten Aluminiumproduzenten der Welt, führte Ende April zu einem Einbruch zahlreicher Rohstoffaktien, weil Anleger sich fragten, ob der Zenit der Rohstoffhausse vielleicht überschritten ist.

Der Kupferpreis (in US-Dollar), der gern als Indikator für die künftige Konjunktur herangezogen wird („Dr. Copper“) notiert bereits 20 Prozent unter seinem Allzeithoch vom März. Von all den börsennotierten Unternehmen, deren Quartalsergebnisse enttäuschten, will ich gar nicht erst reden.

Das Bild ist allerdings nicht einheitlich: Ein weiterer wichtiger Konjunkturindikator, der Baltic Dry Index (der anzeigt, was es kostet, Schüttgut über die Ozeane zu transportieren) hat dieser Tage einen Jahreshöchststand erreicht.

Erinnerung an 2008

Wie schnell sich der Umschlag von Kreditexpansion zu Deflation ereignet, hat das Finanzkrisenjahr 2008 gezeigt. Es war geprägt von galoppierender Inflation, insbesondere im Rohstoff-, Energie- und Bausektor. Der Ölpreis erreichte sein Allzeithoch im Juli 2008. Damals kletterte der Preis für die Nordsee-Sorte Brent auf 147 US-Dollar. Im Dezember 2008 waren es dann nur noch 33 US-Dollar. Die galoppierende Inflation war der Endpunkt einer von den Notenbanken orchestrierten Kreditexpansion beziehungsweise Blase.

Sechs Monate vor dem Bankrott der Investmentbank Lehman Brothers hatte man ein Anzeichen der Deflation schon sehen können, wenn man wusste, worauf man zu achten hatte: Der US-Dollar, der gegenüber dem Euro seit Sommer 2002 stetig an Boden verloren hatte, erreichte sein Allzeittief im März 2008, an jenem Wochenende, als die große amerikanische Investmentbank Bear Sterns ihre Liquiditätsprobleme zugab. Von da an ging es mit dem Dollar stark bergauf – nicht, weil sich die Aussichten für die amerikanische Wirtschaft etwa verbessert hätten (das hatten sie nicht), sondern weil Anleger, die sich billig in US-Dollar verschuldet hatten, um das Geld in allerlei Spekulationen in aller Welt zu stecken, kalte Füße bekamen. Sie stellten ihre Geschäfte glatt und zahlten die Dollarkredite zurück, was zu einer starken Nachfrage nach der amerikanischen Währung führte. Der steigende Dollar war das Zeichen, dass die Finanzmärkte im risk-off-Modus waren: Kapitalerhalt war wichtiger als Kapitalgewinn. In einer solchen Phase sind wir heute auch.

Wie es weitergeht? Ein Unsicherheitsfaktor ist die Volksrepublik China. Die dortigen Lockdowns sind derzeit einer der größten Bremsklötze für die Weltwirtschaft. Wenn sie aufgehoben werden und es im Vorfeld des im Oktober stattfindenden 20. Nationalen Kongresses der chinesischen KP in China ein großes Infrastrukturprogramm gibt, könnte das im Sommer zu einer neuen Phase der Kreditexpansion führen – insbesondere dann, wenn die Leitzinserhöhungen der US-Notenbank kleiner ausfallen, als von den Marktteilnehmern erwartet. Und das ist die zweite Unsicherheit: Die amerikanischen Notenbankchefs Greenspan, Bernanke & Co. waren über Jahrzehnte die Schutzpatrone der Börsen. Bei jedem Crash reagierten sie mit Zinssenkungen. Diesmal aber will Notenbankchef Powell ohne Rücksicht auf die einbrechenden Aktienkurse die Zinsen erhöhen. Blufft er oder nicht? Wer das wüsste, könnte schnell reich werden. Blufft Powell nicht und verfolgt seinen Kurs weiter, dann stehen die Zeichen auf Deflation.

So, wie nicht alle Preise gleichzeitig steigen, werden sie auch nicht gleichzeitig fallen. Manche werden sofort fallen, andere später oder gar nicht. Pizzabäcker Enzo wird seine Preiserhöhungen sicherlich nicht zurücknehmen. Aber ein Ölpreis von mehr als 100 Dollar pro Barrel wird Ende des Jahres vielleicht nur noch eine Erinnerung sein. Vielleicht steht er dann nur noch bei vierzig. Ja: Deflation ist etwas Gutes. Zumindest für diejenigen, die keine Aktien haben.

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