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Erlebnisbericht aus Kuba mit dem „9-Cent-Ticket“

Published On: 18. Juni 2022 18:29

Achijah Zorn hat in Kuba gelernt: In einer Marktwirtschaft regelt der Preis die Nachfrage. In der Planwirtschaft regelt man die Nachfrage, indem man das Angebot unattraktiver macht.

Februar 2020. Ich wohne bei einer befreundeten Familie in der Hafenstadt Santiago de Cuba. Meine armen kubanischen Freunde wollen mir etwas Gutes tun. „Morgen machen wir einen Tagesausflug. Da fahren wir in die Berge auf 1.000 Meter Höhe mit genialem Ausblick über den Osten Kubas. Das kostet im staatlichen Bus nur 9 Cent pro Person. Denn wir leben im Sozialismus. Da soll sich jeder diesen tollen Ausflug leisten können.“

Früher fuhr der Bus morgens um 8:00 Uhr los. Doch das gab Probleme. Zu viele Enttäuschte und Verletzte. Wegen des günstigen Preises war die hoffnungslose Schlacht um den Zutritt zu dem einen Bus einfach zu groß. Darum hat man die Abfahrtszeit auf 5:00 Uhr in die Nacht hinein verlegt.

Ich verstehe: In einer Marktwirtschaft regelt der Preis die Nachfrage. In der Planwirtschaft regelt man die Nachfrage, indem man das Angebot unattraktiver macht.

4:30 Uhr in der Früh. Am Busbahnhof ist bereits erstaunlich viel los. Der kleine und alte amerikanische Bus aus vorkommunistischer Zeit hat 20 Sitzplätze. Aber irgendwie kommen 70 Interessenten rein. Körper an Körper stehe ich im Gang bei tropischem Klima. „Natürliche Impfung“ gegen alle möglichen Viren inklusive. Kuba lebt sehr gesund. Jede Fahrt mit dem öffentlichen Bus stärkt das Immunsystem.

Die Fahrt dauert 1,5 Stunden über die Dörfer. An der einzigen Tür, die natürlich offen steht, hängt der Schaffner halb draußen. Er hat eindeutig den besten Stehplatz von uns allen. Sein Job ist es, an jeder Haltestelle nur so viele neue Fahrgäste reinzulassen, wie aussteigen. Das ist jedes Mal ein gemeinschaftsförderndes Kennenlernspiel: Finde den Weg durch aneinandergepresste Körper zur Tür.

Um mir die Fahrt etwas leichter zu machen, versuche ich mich durch staatskundliche Überlegungen abzulenken: 70 Mitfahrer à 18 Cent hin und zurück = 12,60 Euro Einnahmen. Nehmen wir mal an, der Bus braucht für die Hin- und Rückfahrt 40 Liter Diesel. Die werden vom sozialistischen Bruderland Venezuela für günstige 12,60 Euro geliefert. Unser aller Fahrtpreise decken also genau die subventionierten Spritkosten.

Und da fiel es mir wie Schuppen von den Haaren; ich hatte mitten auf dieser Busfahrt den Sozialismus verstanden:

Deshalb müssen so viele Busse in Kuba im Depot stehen bleiben. Weil bei diesen Preisen die staatliche Busgesellschaft schlicht und einfach kein Geld für die Instandhaltung und Reparaturen der Busse hat.

Deshalb müssen jeden Tag Massen an Menschen stundenlang auf den Bus warten, obwohl Kuba 2007 über 5.500 neue Busse von Youtong in China gekauft hatte.

Deshalb kommt die kubanische Tourismusbranche auf keinen richtig dynamischen grünen Zweig, weil alle touristischen „Übergewinne“ abgeschöpft werden, um die staatlichen Dumpingpreise in vielen anderen Bereichen quer zu subventionieren.

Deshalb hat es Kuba „geschafft“, seine Industrieproduktion von 1955 bis 1980 um 80 Prozent zu senken. Fidel Castro hatte dazu nur gesagt: „Wir haben es vielleicht nicht so mit dem Produzieren, aber kämpfen können wir gut.“

Versuchen nun Annalena Baerbock und Anton Hofreiter, dieses fidele Motto mit neuem Leben zu füllen: „Wir haben es vielleicht nicht so mit der Industrieproduktion in Deutschland, aber kämpfen lassen in der Ukraine können wir gut“?

Doch genug meiner ketzerisch-kapitalistischen Gedankenabschweifungen. Wir nähern uns mit unserer fahrenden Sauna dem Ziel. In steilen Serpentinen quält sich der alte Bus den Berg hoch. Ich bin nicht aus Pappe; doch die Kurven mit dem Druck der aneinandergepressten Menschen gehen ganz schön auf die Knochen. Die Stimmung im Bus ist greizt. Was für ein dummer Populismus?! Wie kann das Volk nur so undankbar sein gegenüber solch einer staatsfürsorglichen Wohl-Fahrt?

Doch oben am Berg angekommen, ist alle schlechte Stimmung verflogen. Dazu trägt auch der reichlich fließende Alkohol bei. Während Waschpulver im Februar 2020 in Kuba ausverkauft war, waren die Regale beim Alkohol wie immer gefüllt.

Sicherlich weiß eine sozialistische Regierung, dass die Bevölkerung manche Staatsgeschenke und 9-Cent-Tickets nur mithilfe von bewusstseinsverändernden Hilfsmitteln so richtig genießen kann. Ist das nicht auch der Grund, warum die Ampelkoalition in Deutschland die Weichen in Richtung Legalisierung von Cannabis gestellt hat?

Heute bin ich dankbar für meine Reise in die „DDR-unter-Palmen“. Dort habe ich wichtige Lektionen gelernt. Dadurch kann ich die gegenwärtige Bundesrepublik viel besser verstehen. Wie sagte eine im Marxismus-Leninismus geschulte Physikerin: „Wir müssen lernen, alles vom Ende her zu denken.“

Hoch lebe die Revolution!

Hoch lebe Che Guevara!

Hoch lebe das 9-Euro-Ticket!

Hoch lebe das Opium für’s Volk!

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