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EU-Kommission gönnt sich 8,5 Prozent Gehaltszuwachs als Inflationsausgleich

Published On: 20. Juli 2022 12:14

Seit 2013 gibt es eine jährliche „Aktualisierung“ der Löhne für EU-Beschäftigte, die an die Inflation gekoppelt ist. Im Vergleich zu 8,5 Prozent ist es glatt schon bescheiden, dass sich die Bundestagsabgeordneten nur einen Zuwachs von 3,1 Prozent im Jahr 2022 gönnen.

IMAGO/Michael Kneffel

Erinnern wir erst einmal an ein paar Dinge, die für die Bewertung des Nachfolgenden nicht ohne Belang sind: Eine Vollzeitkraft im deutschen Einzelhandel hat im Schnitt und ohne Zulagen im Monat ungefähr 1.890 Euro brutto auf ihrem Lohnzettel. 1,7 Prozent Lohnzuwachs bekam sie 2022. Von den 1.890 Euro geht dann je nach Steuerklasse erst einmal einiges an Lohnsteuer sowie einiges an Renten-, Kranken-, Pflegeversicherung usw. weg. 1,8 Prozent Gehaltszuwachs hatten im Jahr 2022 die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst. Die Renten wurden 2020 um 3,45 Prozent (West) bzw. 4,2 Prozent (Ost) erhöht; 2021 gab es 0 Prozent (West) beziehungsweise 0,72 Prozent (Ost); 2022 dann 5,35 Prozent (West) und 6,12 Prozent (Ost).

Dass diese Löhne, Gehälter und Zuwächse weit hinter dem zurückbleiben, was wir an Teuerungsrate jetzt haben und was im Winter an Verteuerung der Energiekosten kommt, wird damit nicht im Entferntesten aufgefangen. Da ein Grüner (Euroschein) oder drei Hunderter zusätzlich vom Staat – das ist fast schon eine Beleidigung.

Beleidigung ist es auch, was sich die EU-Kommission jetzt gönnt: Gehalts- und Lohnzuwächse von 8,5 Prozent. Da ist es glatt schon Bescheidenheit, dass sich die Bundestagsabgeordneten nur einen Zuwachs von 3,1 Prozent im Jahr 2022 gönnen.

Aber wie kommt das Plus an 8,5 Prozent für rund 60.000 (!) Bedienstete und Mitarbeiter der EU-Kommission zustande? Antwort: automatisch! Denn seit 2013 gibt es eine jährliche „Aktualisierung“ der Bezüge. Aktualisierung heißt: Die Lohnentwicklung der EU-Beschäftigten ist an die Inflation gekoppelt. Und zwar an die Inflationsraten in Belgien und Luxemburg. Diese liegen derzeit bei 9,4 bzw. 8,5 Prozent. Ob es dann 9,4 oder 8,5 Prozent werden, darüber wird in der EU-Kommission noch gestritten.

Beispiele: Ein EU-Direktor (Besoldungsstufe AD14) hatte zuletzt 15.590 Euro/Monat; zukünftig hat er rund 16.890 Euro. Das sind 1.300 Euro mehr! Ein EU-Kommissar hatte bislang 19.910 (ohne Aufwandsentschädigung), demnächst hat er dann 21.600 Euro, also ein Plus von 1.700 Euro. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte zuletzt (dazu 1.400 Euro Aufwandsentschädigung) 25.500 Euro im Monat, demnächst werden es 27.667 Euro sein, entsprechend einem Plus von 2.167 Euro. ALLES ÜBRIGENS STEUERFREI !!! Und: In all diesen Fällen ist allein der Zuwachs das, was eine Einzelhandelsverkäuferin insgesamt oder nicht einmal im Monat hat.

Da muss man sich nicht wundern, wenn EU-Bürger „europamüde“ werden. Dabei sind sie nicht einmal „europamüde“, sondern EU-müde. Sie wissen zu unterscheiden zwischen Europa als Erbe, ja als Verpflichtung hier und dem Monsterapparat „EU“ dort.

Es ist jedenfalls – gelinde gesagt – völlige Abgehobenheit, es ist Instinktlosigkeit, was hier in Brüssel praktiziert wird. Es riecht nicht nur nach Selbstbedienungsladen, sondern es ist ein Selbstbedienungsladen. Mehr noch: Der Schluck aus der Pulle, den man sich in Brüssel gönnt, ist ein Hohn gegenüber allen, denen man im Winter angesichts kalter Wohnungen und zwangsweise abgedrehter Heizungen Aufwärmhallen in Aussicht stellt.

Es ist die Arroganz der Macht, die nicht einmal in Zeiten wachsender Armut in der Kategorie des Normalbürgers zu denken vermag. Protzen, sich europa- und weltweit herumchauffieren lassen, wichtigtuerisch in die Kameras schauen, pseudoroyale Hochzeiten feiern – das ist sie, die Arroganz der Macht, die dem Normalbürger dann auch noch ans Herz legt, den Gürtel enger zu schnallen, die Zimmertemperatur auf 19 Grad herunterzuregeln usw. Ja, letzterer Vorschlag kam vor knapp einer Woche tatsächlich aus der EU-Kommission.

„Wasser predigen – Wein trinken“ heißt die Devise. Das ist nicht weit entfernt von dem zynischen Gerede, das der französischen Königsgemahlin Antoinette als Empfehlung an das hungernde Volk zugeschrieben wird: „Wenn sie kein Brot haben, sollen sie halt Kuchen essen!“


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