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Die ARD erlebt jetzt erst den zweiten Akt der Katastrophe

Published On: 21. August 2022 16:13

Die ARD hat der Geschäftsführung ihres Senders RBB das Vertrauen entzogen, glaubt nicht mehr an dessen Reformierbarkeit. Das ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Senderverbundes – und stellt diesen vor noch nicht gekannte Probleme.

IMAGO

Der RBB-Skandal ist für die ARD wie ein Katastrophenfilm. Und der zweite Akt hat jetzt erst begonnen. Zu Beginn des Films ist die Katastrophe erstmals zu sehen. Etwa in Form eines Vorbebens. Während des ersten Aktes sind die meisten Figuren dann damit beschäftigt zu bestreiten, dass überhaupt ein Erdbeben droht. Einige wenige weisen auf die Gefahr hin, doch die werden angefeindet. Bis die Katastrophe ausbricht. Damit beginnt der zweite Akt.

Die Hauptrolle spielt jetzt WDR-Intendant Tom Buhrow. Den Vorsitz in der ARD hat er kommissarisch übernommen. Ausgerechnet Patricia Schlesinger hatte diesen inne, als sie die ARD in die Katastrophe schickte – mit ihrem Skandal um Prunk und private Vorteilnahme im Rundfunk Berlin-Brandenburg. Seit Buhrow im Herzen der Finsternis steht, ist er bemüht, den Skandal zu begrenzen. Anfangs sollte es sich um ein individuelles Fehlverhalten Schlesingers handeln – nun ist es schon die gesamte Geschäftsführung. Auch die Vorsitzende des RBB-Rundfunkrates, Friederike von Kirchbach, musste zurücktreten. Sie hatte den Skandal übersehen, selbst als andere Medien anfingen, darüber zu berichten – sie ging erst drauf ein, als die anderen Medien nicht mehr aufhörten, darüber zu berichten.

Dass die ARD einem Sender ihr Vertrauen entzieht, ist ein einmaliger Vorgang. Buhrow würde die Sender der Familie nun gerne reformieren. Doch sein Zugriff hat Grenzen. Denn Medienpolitik ist Ländersache. Die hüten eifersüchtig über diesen Schatz. In Zeiten verschuldeter Haushalte haben sie kaum noch Spielraum zu gestalten. Die Medienpolitik gehört zu den letzten Spielwiesen eines Landespolitikers, der mehr will, als nur Sonntagsreden zu halten und als Grußonkel von einem zum nächsten Volksfest zu tingeln.

Die Rahmenbedingungen einer jeder ARD-Anstalt ist in den Staatsverträgen mit den jeweiligen Bundesländern geregelt. Im Fall des RBB sind das Berlin und Brandenburg. Die haben ihre ganz eigenen Interessen. Als Folge davon darf der Sender an nichts sparen, was der Landespolitik wichtig ist. Für Brandenburg heikel wird es jedes Mal, wenn es um die Präsenz des Senders in der Fläche geht. Jedes Studio, jeder Mitarbeiter, jede Ausgabe vor Ort wird zum Politikum, wenn sie wegzufallen droht.

Es rächt sich nun, dass sich die Politik in den vergangenen Jahren mit ihrem Unwillen zu Reformen arrangiert hat. Es waren goldene Jahre für die Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Wenn sie etwas wollten, meldeten sie Mehrbedarf an. Die zuständige Kommission KEF winkte diesen durch – auch wenn das Geld am Ende für den Massagesessel der RBB-Intendantin ausgegeben wurde. Zuletzt stellte das Bundesverfassungsgericht einen Freibrief aus: Wenn die Sender Bedarf anmelden und die KEF den durchwinkt, muss er auch gewährt werden, weil sonst die Demokratie zusammenbricht: Einigkeit, Massagestuhl und Freiheit.

Doch für Buhrow bietet dieser fehlende Reformwille auch eine Chance. Die kleinen Sender sind in der ARD von den großen abhängig: wegen des Geldes. Da sie auf den Schultern von mehr Gebührenzahlern stehen, können sich WDR oder Bayerischer Rundfunk Prunk und fette Gehälter in der Chefetage erlauben. Bei Saarländischem Rundfunk oder RBB klappt das nicht so gut. Sie stehen unter striktem Sparzwang und wären nach einer ehrlichen Analyse nicht alleine überlebensfähig. Der absurdeste Handlungsstrang im Katastrophenfilm der ARD ist die Boni-Regelung. Schlesinger erhielt umso mehr privates Geld, desto mehr es ihr gelang, dieses Geld dem RBB-Programm abzusparen.

Wer bisher die Theorie aufstellte, die öffentlich-rechtlichen Sender seien für ihre Mitarbeiter da und nicht für den Zuschauer, der wurde angefeindet. Wie im ersten Akt eines Katastrophenfilms. Das stimme nicht. Das seien Fake News. Und wie alle Kritik an Zuständen in Deutschland war diese rechts und folglich indiskutabel. Das war eine Position, die sogar von den Erfüllungsgehilfen der CDU im RBB-Rundfunkrat noch gehalten wurde, als die ersten Medien ausführlich über die Umstände im RBB berichteten. Nun stellt sich diese Theorie als gelebte Praxis heraus.

Die ARD wusste von den besagten Boni-Regelungen. Das kam nun raus. Weitere Einzelfälle werden den zweiten Akt dominieren, die aufzeigen, dass die Selbstbereicherung eben doch ein systematisches Problem in der ARD ist. Auch gerät die KEF künftig ins Visier. Bisher galten sie als die Unabhängigen. Die Kontrolleure. Doch auch in diesem Punkt hat es schon Vorbeben gegeben: Ein Mitglied, das sich speziell mit den Altersbezügen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk beschäftigte, hat zur gleichen Zeit private, gut dotierte Aufträge vom MDR erhalten. Die KEF wird Fragen beantworten müssen: Wieso hat sie die Luxussanierung der RBB-Chefetage als Finanzbedarf durchgewunken? Oder warum die Boni, bei der am Programm gespart wurde, um dann das Geld an Intendantinnen zu überweisen? Oder hat die KEF am Ende immer nur den „Finanzbedarf“ durchgewunken, ohne zu wissen, welche Ausgabe sich hinter welchem Posten versteckte? Aber vorher erst routinemäßig ein wenig von der Summe abgezogen, damit es nicht auffällt?

Wider sämtliche Kontrollregeln

Mit dem zweiten Akt endet der Katastrophenfilm nicht. Die ARD könnte ihn zwar beenden. Sie müsste „nur“ Reformen durchführen: konsequente Reformen allerdings. Reformen, die Dinge wirklich verändern und nicht nur an ein paar Stellschrauben drehen. Etwa indem die Aufsichtsgremien noch einen zusätzlichen Etat für freie Berater erhalten, wie es Buhrow erst jüngst vorgeschlagen hat. Künftig muss es heißen: zuerst das Programm, dann die notwendigen journalistischen Mitarbeiter dafür, dann die notwendige Verwaltung und alles andere erst danach. Und diese Reform müsste die ARD-Führung mit den Ländern abstimmen. Das „nur“ zu Beginn dieses Absatzes kann also gar nicht groß genug geschrieben werden.

Vermutlich wird die ARD aber noch einen dritten Akt in ihrem Katastrophenfilm erleben. Den, in dem die Dinge in einem so schnellen Tempo zusammenkrachen, dass der Zuschauer gar nicht mehr hinterher kommt. An der Basis unzufriedene Mitarbeiter hat es in ARD und ZDF schon längst gegeben. Aber die haben die Füße still gehalten. Nur wenige Medien haben überhaupt Interesse für ihre Probleme gezeigt, doch das waren entweder kaum beachtete Fachportale oder welche, die als „rechts“ abgestempelt wurden – meist von denen, die im ersten Akt noch behaupteten, ein Erdbeben sei unmöglich.

Nun haben diese unzufriedenen Mitarbeiter in ARD und ZDF entdeckt, dass die Probleme ihrer Häuser eben doch von Interesse für alle anderen Medien sind. Weil ein Apparat, der mit 8,5 Milliarden staatlich erpressten Euro finanziert wird, halt keine Nebensache ist. Die Zahl derer, die Interna weitergeben, wächst. Deswegen tauchen jetzt immer mehr Details auf. Immer mehr Berichte über die Zustände in der ARD. Details, die in der Summe das Zeug dazu haben, den Senderverbund zu erschüttern. Wie ein Erdbeben im Katastrophenfilm.

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