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Der Sonntagsfahrer: Verhalten bei leerem Tank

Published On: 9. Oktober 2022 6:15

Ich schlug meinem Kumpel folgende Vorgehensweise vor: „Ich tanke und du schaust weg“. Und so geschah es. Dieser Vorgang war insofern bemerkenswert, als damit von uns ein frühes Zeichen für die inzwischen verbindliche deutsche Energiepolitik gesetzt wurde.

Viele kennen ja die alte Journalisten-Regel: „Hund beißt Mann“ ist kein Aufreger, „Mann beißt Hund“ hingegen sehr. Der gestrige „Bahnbreakdown“ (Bild.de) mit stehenden Zügen, die nicht mehr über den Betriebsfunk erreichbar waren, ist eher kein Aufreger, sondern inzwischen so etwas wie Alltag. Deshalb will ich das hier gar nicht weiter ausführen, auch nicht, ob es sich dabei um Sabotage handelte oder um die Folgen der ganz normalen Bahnpolitik, das kommt ohnehin auf das gleiche heraus.

Berichtenswert ist aber die Ansage eines Zugführers, der unlängst (nach glaubwürdiger Aussage eines Freundes von mir) in Höhe von Koblenz durch den Bordlautsprecher bekannt gab: „Wir erreichen unser Ziel pünktlich und bitten um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten“. Ob es sich dabei um einen Freudschen Versprecher oder subversive Kritik an den bestehenden Verhältnissen handelte, sei einmal dahingestellt. Zugnummer, Datum und Uhrzeit liegen mir vor, ich werde sie aber nicht preisgeben, wahrscheinlich hat der Mann zwei Kinder und muss ein Häuschen abbezahlen. 

Jedenfalls vertraue ich seit einiger Zeit wieder auf mein heiliges Blechle und einen Tank mit fossilen Brennstoffen, die sich so gut bevorraten lassen wie ein Gebinde Dosenbier im Vorratskeller. Wenn ich beispielsweise aus dem fernen Bayern des Nachts in Berlin eintrudele, tanke ich trotz der späten Stunde erst einmal genüsslich voll. Getreu dem Motto: Egal was passiert, damit kommst du zur Not und mit aerodynamisch angelegten Ohren auch wieder nach Hause. Ein Winter in Berlin ist nur etwas für Leute, die gerne in Wladiwostok Urlaub machen.

Grundsätzlich ist in diesen Zeiten ein voller Tank so etwas wie die Münchner Rückversicherung und außerdem eine Spardose. Fragen Sie mal die Bundesregierung. Oder Sabine. Die ist nämlich allergisch gegen rot aufleuchtende Tankuhren. Eine Zeit lang habe ich mir in jugendlichem Übermut einen Spaß daraus gemacht, die maximale Reichweite meiner jeweiligen Gefährte experimentell zu ermitteln. Ging nicht immer gut. Wer einmal mit stotterndem Motor und Sabine am Wegesrand liegen geblieben ist, tut das nie wieder, ich schwör. Prinzipiell zählt das Liegenbleiben mit leerem Tank aber zum Anekdoten-Schatz eines jeden Automobilisten, man möchte diese vergangenen Stunden der Kontemplation nicht missen, auch nicht die oft ausgedehnten Spaziergänge. 

Das männliche Bedürfnis nach dem Austesten von Grenzen

Eine der ersten technischen Details, die schon in früher Kindheit meine Neugier weckten, war der Reservehebel im Fußraum des elterlichen VW-Käfer. War der Sprit alle, geriet die Fuhre ins Ruckeln, mein Vater drehte den Hebel mit dem rechten Fuß um, und der Motor nahm spuckend wieder seinen Betrieb auf. Jetzt wusste man: Es sind nur noch ein paar Liter im Tank. Meine Mutter reagierte stets schlecht gelaunt auf dieses Manöver, da gibt es eine weibliche Kontinuität in unserer Familie. Es trifft offenbar das männliche Bedürfnis nach dem Austesten von Grenzen und verwegener Herrschaft über ein technisches System auf das weibliche Bedürfnis, mit der Brut rechtzeitig das warme Nest zu erreichen. 

Ich erinnere mich gut an die nächtliche Heimfahrt von einer bäuerlichen Kirmesfeier in der Eifel, es schneite und wir fuhren 20 Kilometer vor unserem Ziel durch das einsame „Lutzerather Loch“ ein tief eingeschnittenes Tal mit anschließender Steigung von 24 Prozent. Dies erforderte die Nutzung des ersten Ganges und Vollgas, was den Verbrauch in schwindelnde Höhen getrieben haben muss. Außerdem neigte sich der Tank möglicherweise in die falsche Richtung, jedenfalls blieben wir kurz vor der Kuppe liegen. Mein Vater gab uns einige Hinweise für den Umgang mit Wölfen, Bären und Hyänen, was meine Mutter nicht wirklich lustig fand. Er verschwand im Dunkeln und kehrte nach zwei Stunden mit einem Bauern, einem Traktor und einem Fünf-Liter-Kanister zurück. 

Ein zeitgeistiges Revival dieser schönen Erinnerung erlebte ich dann in West-Australien, wo ich mich 1995 zusammen mit einem Fotografen auf dem Rückweg von einer Schafsfarm im Outback verfahren hatte. Es war die Zeit eines Boykotts gegen die Firma Shell, wegen angeblicher Meeresverunreinigung durch die geplante Versenkung der Öltank-Insel „Brent Spar“. Das Ding wurde nicht mehr gebraucht, sollte gereinigt und im Nordatlantik versenkt werden. Dort hätte es, wie Schiffswracks auch, allenfalls ein hübsches und biologisch abbaubares Riff für Meereslebewesen gebildet. Doch Greenpeace machte einen Riesenskandal daraus, woraufhin die Deutschen nicht mehr bei Shell tanken wollten. Und das nicht einmal in Australien, wie mir mein Fotograf mit zum Schwur erhobener Hand versicherte. 

Und es kam, wie es kommen musste. Nach endloser Kurverei über Wellblechpisten erreichten wir irgendwo im Kimberley endlich wieder eine befestigte Straße. Die Tankuhr war bereits seit einiger Zeit am unteren Rand des Instruments festgenagelt. Wir richteten uns auf eine einsame Nacht am Wegesrand ein. Und dann erschien am Horizont ein gelbes Licht. Genauer gesagt ein Roadhouse und darüber das Markenzeichen von Shell, eine gelbe Muschel, die mir so lieblich vorkam wie der Stern von Bethlehem. Ich schlug meinem Kumpel folgende Vorgehensweise vor: „Ich tanke und du schaust weg“. Und so geschah es. Dieser Vorgang war insofern bemerkenswert, als damit von uns ein frühes Zeichen für die inzwischen verbindliche deutsche Energiepolitik gesetzt wurde.

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

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