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Zahlen über Food-Waste: Reine Spekulation

Published On: 2. November 2022 10:27

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Schweizer Haushalte werfen angeblich 91,8 Kilo Lebensmittel pro Kopf und Jahr weg. Doch stimmt die Zahl? © ARD

Marco Diener /  Wir Schweizer werfen pro Jahr 91,8 kg Lebensmittel weg. Heisst es immer wieder. Stimmt es? Oder stimmt es nicht? Niemand weiss es.

Wenn es um Lebensmittel-Verschwendung geht, tauchen immer wieder zwei Zahlen auf: 91,8 und 329. Sie bedeuten angeblich, dass pro Kopf jährlich 329 Kilo Lebensmittel auf dem Weg vom Acker zum Teller verloren gehen – also in der Landwirtschaft, bei der Verarbeitung, im Handel und in den Haushalten. Allein in den Haushalten sollen es 91,8 Kilo sein. So ist es jedenfalls in praktisch jedem Zeitungsartikel zum Thema Lebensmittelverschwendung zu lesen, in fast jedem Radio- oder Fernsehbeitrag zu hören. Doch stimmt das? Zweifel sind angebracht.

Alte Zahlen, kleine Stichproben

Die Zahlen stammen aus der ETH-Studie «Lebensmittelverluste in der Schweiz». Doch obwohl die Studie ständig zitiert wird, darf deren Zuverlässigkeit durchaus angezweifelt werden. So stützen sich die Studienautoren auf die Kehrichtsack-Analyse des Bundesamts für Umwelt (Bafu) mit Zahlen aus dem Jahr 2012. Laut der ETH-Studie ist aber die Bafu-Analyse eine Schätzung, die «auf relativ kleinen Stichproben beruht». Zudem lässt sich nicht einmal mehr eruieren, ob die Analytiker damals überhaupt «zwischen essbaren Abfällen und Rüstabfällen» unterschieden haben. Der Unterschied ist relevant. Denn die einen gelten als vermeidbare Abfälle, die anderen als unvermeidbare.

Zahlen aus dem Ausland

Weil die Datenlage in der Schweiz so dünn ist, ziehen die Autoren der ETH-Studie ausländische Zahlen herbei: aus England, aus Wales und aus Österreich. Die Zahlen sind auch nicht mehr taufrisch. Manche stammen aus dem Jahr 2007. Diese Zahlen resultieren einerseits aus Kehrichtsack-Analysen, andererseits aus Befragungen. Wobei die Befragten, wenn es um Lebensmittelverschwendung geht, kaum ehrlich geantwortet haben werden. In der Studie steht zu den Zahlen aus England zudem: «Der Nachteil ist, dass die Erhebungen in England durchgeführt wurden und somit die Ergebnisse von der Annahme ausgehen, dass englische und Schweizer Haushalte gleich verschwenderisch mit dem eingekauften Essen umgehen. Der Vorteil dieser Berechnungsmethode liegt hingegen in der viel grösseren Stichprobe.»

Wie Dällebach Kari

Das erinnert ein bisschen an den Witz übers Stadtberner Original Dällebach Kari. Als er beim Bahnhof den Boden absuchte, soll er gefragt worden sein: «Was suchst du?» Er antwortete: «E Füüfliber.» «Wo hast du ihn denn verloren?» «Bim Bäregrabe.» «Und warum suchst du ihn hier?» «Bim Bäregrabe het’s ke Liecht.» So funktioniert auch die ETH-Studie. Weil in der Schweiz solide Daten fehlen, greift sie auf Daten aus dem Ausland zurück. Ob sie sich auf Schweizer Verhältnisse übertragen lassen? Das weiss niemand so genau.

Was ist überhaupt Verschwendung?

Doch das Problem beim Bemessen der Lebensmittelverschwendung sind nicht nur die wenigen Daten aus der Schweiz. Es stellen sich – gerade beim Zusammentragen von Zahlen aus unterschiedlichen Studien – viele Definitionsfragen:

  • Gelten Teile von Lebensmitteln, die nicht essbar sind oder zumindest hierzulande nicht als essbar gelten, auch als Lebensmittelverschwendung?
  • Gilt eine weggeworfene Ananas als Ganzes als verschwendet oder nur deren essbare Teile?
  • Wie ist Öl (zum Beispiel in einer Sardinendose) zu betrachten?
  • Wie schwer sind weggeworfene Spaghetti? Zählt das Gewicht im rohen Zustand oder das Gewicht nach dem Kochen mitsamt dem aufgenommenen Wasser?
  • Gilt altes Brot, das Tieren verfüttert wird, als verschwendet?
  • Was ist mit Lebensmitteln, die gewisse Leute nicht essen, wie etwa Apfelschalen oder Pizzarand?
  • Und der faule Apfel im Kompost? Niemand weiss, ob er schon am Baum gefault war oder ob er zu lange auf dem Küchentisch lag.

Die 91,8 Kilo Lebensmittel, die wir pro Kopf und Jahr angeblich wegwerfen, haben laut der ETH-Studie übrigens einen Wert von 617 Franken. Die Zahl ist das Resultat komplizierter Berechnungen. Doch die Studienautoren zweifeln selbst an ihrer Zahl. Denn es könnte sein, dass «billigere Lebensmittel eher weggeworfen werden». Also auch hier: nicht viel mehr als ein Blindflug.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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