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Musk macht den öffentlichen Raum zum Privateigentum

Published On: 3. Dezember 2022 9:00

Christa Dettwiler /  Twitter sei ein öffentlicher Marktplatz, der jetzt von der Willkür eines Milliardärs abhängt, sagt US-Journalist Chris Hayes.

Löschen oder nicht? Als Elon Musk für 44 Milliarden Dollar Twitter übernahm, standen wohl etliche vor genau dieser Frage. Auch der New-York-Times-Journalist und Autor Chris Hayes machte sich ernsthafte Gedanken. Denn er «wollte nicht, dass die einzige Aufzeichnung meines Mikro-Bloggens einem Milliardär gehört, sich der in der Midlife-Crisis befindet und die Wahrheit für sich gepachtet hat».

Die Turbulenzen um Twitter hätten eines enthüllt: Die digitale Plattform, der «öffentlichen Marktplatz», wie Musk Twitter nennt, wurde zu unser aller Nachteil privatisiert, klagt Chris Hayes. Die Ursprungsidee, dass die Plattform eben nicht Privatbesitz sei, sondern der Allgemeinheit dienen sollte, wurde mit dem Verkauf an eine einzige Person ad absurdum geführt.

Auf Twitter ist alles zu haben. Jede Weltanschauung und jegliche Art von Expertise sind sofort zugänglich und überlappen einander. Wenn man die richtigen Gesprächspartner findet, kann man sich unmittelbar über praktisch alles informieren – über die Schwankungen von Holzpreisen, die Unterhaltsprobleme der russischen Tankerflotte bis zum Scouting-Report des Goalies von Wales. Gerade für Journalistinnen und Journalisten sei das unentbehrlich, so Hayes.

Weil Twitter der Idee des öffentlichen Marktplatzes von allen ähnlichen Plattformen am nächsten kam, war die Aufregung gross, als Elon Musk ein Kaufangebot abgab. Kein einzelner Mensch sollte so viel Macht haben, lautete der Vorbehalt. Und in weniger als einem Monat hätten sich fast alle der schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Tatsächlich hat Musk einigen der übelsten Trolle hofiert, hat Werbekunden vertrieben und so viele Leute entlassen, dass einfache Funktionen wie die doppelte Authentifizierung zeitweise nicht mehr funktionierten.

Musk selbst ist ein Twitter-Junkie. Er kann einfach nicht aufhören. Er hat Millionen Follower und steckt tief im Sumpf seiner eigenen Antworten und Zitierungen. Er verbringt extrem viel Zeit damit, zu verfolgen, was die Menschen über ihn posten. «Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen versichern, dass dies der direkte Weg in den Wahnsinn ist», schreibt Chris Hayes. 

Am Anfang des Internets stand der Traum, diese Technologie dazu zu nutzen, die Reichweite menschlichen Wissens und menschlicher Gemeinschaft massiv zu vergrössern. Das Internet schaffte etwas, was bislang keine Technologie geschafft hatte: Gemeinschaft unabhängig von Geografie. Die utopische Vision der Urheber beschrieb einen Ort, wo Menschen über alle Grenzen hinweg einander finden und eine Gemeinschaft aufbauen, sich austauschen, debattieren und gemeinsame Interessen verfolgen können. 

Das Internet wurde bald zum endlosen «All-you-can-eat-Buffet». Nie zuvor hatten Menschen Zugang zu so vielem, das Aufmerksamkeit verlangte.

Elon Musk tappte genau in die Falle, die Twitter aufgestellt hat: Der Köder ist das Versprechen ständiger sozialer Aufmerksamkeit. Dass der weltweit erfolgreichste Kapitalist (zumindest nach seinem Massstab) diesen öffentlichen Marktplatz aufgekauft hat, ist das seit langem beste Argument gegen Privatbesitz einer öffentlichen Sphäre. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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