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Koranverbrennungen in Schweden: Was ist da wirklich los?

Published On: 26. Januar 2023 22:30

Überall in der islamischen Hemisphäre verbrennen wütenden Muslime schwedische Flaggen oder, wie hier, Fotos von „Koranschänder“ Rasmus Paludan (Foto:Imago)

In Stockholm fand am Samstag nahe der türkischen Botschaft eine Koranverbrennung statt. Die „Tagesschau” meldete dazu, ein „Extremist“ habe diese durchgeführt. Da hätte man auch gleich seinen Namen nennen können – und auch über die Frage, ob es wirklich ein „Extremist” war, könnte man trefflich diskutieren: Es handelt sich nämlich, wie auf den in der „Tagesschau” gezeigten Fernsehaufnahmen auch deutlich zu sehen war, um Rasmus Paludan. Dieser ist kein Unbekannter, wie die „Tagesschau”-Darstellung es erscheinen lassen will, sondern zumindest in Skandinavien zweifellos ein Prominenter: Paludan kommt aus Dänemark, ist Anwalt und Chef einer islamkritischen Partei namens Stram Kurs (wörtlich in etwa „Harter Kurs, Harte Linie”), die bereits mehrere Wahlerfolge erringen konnte und dadurch zu einer Umverteilung der Stimmen innerhalb des rechtspopulistischen Lagers im dänischen Parlament beitrug.

Paludan weitet seine Aktivitäten seit einiger Zeit auch auf Schweden aus. Grund dafür ist, daß Dänemark bereits sehr restriktiv mit der Immigration und dem Islam umgeht (im Grunde wird in Dänemark im allgemeinen Konsens AfD-Politik umgesetzt); in Schweden jedoch hält dieser Politikwechsel nur langsam Einzug, obwohl die dortigen Probleme mit gewalttätigen Migranten und Banden zu einem spürbaren Umdenken führen. Manche Kräfte wollten Paludan in Schweden nicht haben – aber zu ihrem Pech konnte er denn Nachweis aus dem Ärmel ziehen, daß er schwedische Vorfahren hat – und damit sogar das Recht auf einen schwedischen Paß. Zu den Gründen für die Aktionen Paludans und die seiner Mitstreiter in Schweden zählen eben die ständigen Schießereien, Morde und Bombenanschläge rivalisierender ausländischer Banden. Immer wieder gibt es Explosionen und zerstörte Häuser, zuweilen erinnern die Zustände an ein Kriegsland, wie beispielsweise der folgende Tweet zeigt:

(Screenshot:Twitter)

Nein, das hier ist nicht die Ukraine, das ist Linköping – nach der Explosion einer Bombe am 7. Juni 2019. Gerade das letzte Wochenende war wieder ein sehr blutiges in Schweden, das mittlerweile zum heute gefährlichsten Land Westeuropas geworden ist.

Nun kann man zu Koranverbrennungen stehen, wie man will. Tatsache ist, dass sie natürlich weit weniger problematisch sind, als wenn Menschen geschädigt und getötet werden – was permanent geschieht und überhaupt den Hintergrund dieser Aktionen bildet. Sie gehören auch zu den „Markenzeichen” des Provokateurs Paludans, der schon seit Jahren immer wieder mit Koranverbrennungen von sich reden machte. Sie sind in Schweden (und auch Dänemark) explizit erlaubt, weil von der Meinungsfreiheit gedeckt, und es gibt auch kein sonstiges Gesetz, das jemanden davon abhält. Man muß lediglich Eigentümer des Buchexemplars sein (man kann ja nicht etwas verbrennen, was einem nicht gehört). Was die „Tagesschau” einen „Vorfall” nennt, ist also im Einklang mit gültigen Recht.

Erdogan verhindert NATO-Beitritt

Nach Paludans Aktion will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nun erst recht den schwedischen Antrag auf NATO-Mitgliedschaft boykottieren, dessen Vorankommen er schon seit langem hinauszögert. Das ist das eigentliche Ereignis im Hintergrund: Schweden und sein Nachbarland Finnland streben in die NATO. Erdogan drohte, es sei klar, daß Schweden nun „kein Wohlwollen mehr“ für seinen Antrag auf Aufnahme erwarten könne, die nur mit Zustimmung aller NATO-Staaten erfolgen kann. Der Wunsch Schwedens und Finnlands ist eine Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar letzten Jahres und wurde recht bald nach Beginn des Krieges formuliert. Viele Monate hörte man in den deutschen Medien rein gar nichts mehr davon; manch eine Deutscher mag sich schon gefragt haben, was da eigentlich passiert und warum die Angelegenheit nicht voranschreitet. In den skandinavischen Medien wird durchaus viel darüber berichtet.

Erdogan blockiert nun noch entschiedener, denn er läuft als religiös-konservativer AKP-Chef gegen die Koranverbrennungen natürlich Sturm. Dass diese von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, interessiert ihn nicht, denn Meinungsfreiheit zählt für ihn auch im eigenen Land nichts.  Das ist aber noch nicht einmal das einzige Problem, das Erdogan mit Schweden sieht: Er hat eine lange Liste von türkischen Staatsfeinden – vor allem im Zusammenhang mit der kurdischen Minderheit – erstellen lassen, deren Auslieferung er von Schweden an die Türkei verlangt. Diese Liste benutzt er nun als Druckmittel. Aber die Justiz ist in Schweden unabhängig und entscheidet selbst, wen sie ausliefern möchte und wen nicht. Zumal auch in Schweden wohlbekannt ist, daß eine ganze Menge Menschen in türkischen Gefängnissen verschwinden – aus Anlässen, die nach rechtsstaatlichen und  demokratischen Maßstäben nichtig sind. Die schwedische Justiz erlaubt sich eigene Beurteilungen; dafür ist sie zuständig. Nur in einer Bananenrepublik würde das Justizwesen auf Befehl des Machthabers agieren. Peter Grimm stellt daher auf der „Achse des Guten” die richtige Frage: „Was wird aus einem mehrheitlich westlichen Bündnis, wenn es ein Machthaber wie Erdogan verhindern kann, einen weiteren westlichen Staat aufzunehmen?

Da meint einer, die Richtung vorgeben zu können

Man muß sich einmal klar machen, was hier abläuft: In Europa bricht ein internationaler Krieg aus. Daraufhin machen sich zwei neutrale skandinavische Staaten Sorgen um ihre Sicherheit – und wollen in das auf diesem Kontinent etablierte und allgegenwärtige Militärbündnis eintreten. Und ausgerechnet einer der wenigen islamischen NATO-Mitgliedsstaaten der NATO und zugleich das Land des Bündnisses, in dem es um die demokratischen und rechtsstaatlichen Verhältnisse am schlechtesten bestellt, blockiert diesen Vorgang und kocht bei der Gelegenheit sein niederträchtiges Süppchen. In deutschen Medien erfolgt eine bei weitem zu geringe Thematisierung dieser skandalösen Verhältnisse.

Der finnische Außenminister Pekka Haavisto äußerte nun bereits Überlegungen, sein Land könne sich auch alleine, nicht per Gemeinschaftsantrag mit Schweden, um die NATO-Mitgliedschaft bemühen. Das wäre bedauerlich, denn es zeugte von gemeinsamer Entschlossenheit und Kraft, daß der Vorstoß der beiden skandinavischen Länder bisher gemeinsam erfolgte. Zumal Erdogan auch an der Politik Finnlands etwas auszusetzen hat; auch dessen Beitritt wünscht er nur zu seinen Privat-Konditionen.

Beitrittsgesuch ist gutes Recht von Schweden und Finnland

Eine andere Frage ist, wie man unabhängig von Erdogans Erpressungsversuchen zu einer möglichen NATO-Mitgliedschaft Schwedens und Finnlands grundsätzlich steht. Hält man sie für wünschenswert, für übertrieben, vielleicht für einen Fehler? Schweden würde eine extrem lange Phase der Neutralität aufgeben. Die Meinungen darüber gehen auch im Norden, in den Ländern selbst, auseinander, und die Diskussion ist im Gange. Eines steht jedenfalls fest: Als souveräne Staaten dürfen Schweden und Finnland frei wählen, welchem Bündnis sie beitreten wollen. Ihr demokratisches Gefüge und die Unabhängigkeit ihres Justizapparates dürfen nicht per Erpressung von außen darunter leiden. Aus Sorge vor der Kriegsgefahr sind in Schweden bereits mehrere zehntausend Reservisten in Alarmbereitschaft versetzt worden; sie dürfen aufgrund dessen das Land zur Zeit nicht verlassen. Trotz der großen Flächen der zwei Länder und der geringen Bevölkerungsdichte – Schweden hat nur etwas über zehn Millionen Einwohner, Finnland etwa die Hälfte – fürchtet man sich – trotz hervorragend ausgerüsteter Armeen – vor der russischen Übermacht im Falle eines Angriffs. Finnland wurde bereits von der Sowjetunion ein Zehntel seines Territoriums abgeköpft. Es hat ähnlich wie Deutschland Ostgebiete verloren (Karelien), und den von dort Geflohenen mußte ein Platz in der Gesellschaft gegeben werden.

Meiner Ansicht nach ist ein NATO-Beitritt für die zwei Länder eigentlich unnötig. Denn Putin wird sie wohl kaum angreifen. Auf das Baltikum ist er sicher scharf, auch wegen der dortigen russischen Minderheiten – aber das Baltikum ist bereits in der NATO. Schweden ist für Rußland zu weit weg; auch war es nie ein Teil Rußlands. Mit Finnland liegen die Dinge etwas anders; dieses war tatsächlich einmal Teil des russischen Zarenreiches. Jedoch ist nicht zu vergessen, daß ein russischer Angriff auf Finnland mit einem weiteren gigantischen Ansehensverlust Rußlands einhergehen würde. Bekanntlich hat sich das Image Deutschlands von seinen Überfällen auf Nachbarländer im Zweiten Weltkrieg (Polen, Frankreich, Niederlande, Dänemark) bis heute nicht gänzlich erholt. Aus diesen Gründen sollte man es meiner Einschätzung nach für unwahrscheinlich erachten, daß Putin wirklich je einen Angriff auf Finnland wagen würde.

Auch Flaggeverbrennen will gelernt sein

Ferner kann man sich kritische Gedanken über die NATO selbst machen: Sie spricht von sich selbst als Verteidigungsbündnis, hat aber bekanntlich Kriege auch selbst angefangen und erst in den letzten Jahren wieder zu etwas weniger Aggressivität zurückgefunden. Da muß man überlegen, ob man Mitglied dieses Vereins werden will, und sollte sich nichts vormachen. Aber, wie gesagt: Ob Schweden und Finnland der NATO beitreten wollen, müssen diese Länder selbst entscheiden.

Paludans neueste Koranverbrennung löste in der moslemischen Welt Wut aus, darunter Flaggenverbrennungen. Dabei verwechselten am Dienstag, wie das Nachrichtenportal „Samnytt” berichtet, im pakistanischen Karachi einige Demonstranten die Flagge Schwedens mit derjenigen der Schweiz und verbrannten aus Versehen letztere. Die Namen der zwei Länder klingen zudem in vielen Sprachen ähnlich. Der Schweizer Popmusiker DJ Bobo erzählte einmal, wenn er auf Englisch sage, er käme aus „Switzerland”, entgegneten ihm viele etwas wie: „Yes, we like Abba very much!” Er müsse dann immer erklären: „Nein, Sweden ist nicht Switzerland!” Aber im Koran findet sich eben nichts zum Unterschied zwischen Schweden und der Schweiz – und wenn man nichts anderes liest, ist das eben schlecht. Überhaupt lässt sich aus dem Koran kaum geographisches Wissen ziehen. Alles, was sich in den letzten etwa 1.300 Jahren in der Welt entwickelt hat, ist ihm eben nicht zu entnehmen. Na ja, Hauptsache ein Kreuz ist in der Flagge, die man verbrennt – und das ist sowohl bei den skandinavischen Ländern als auch bei der Schweiz der Fall. Wie ebenfalls „Samnytt” berichtet, fordert jetzt übrigens sogar die EU, die Koranverbrennungen zu unterbinden, „um Muslime nicht zu kränken”. Die EU hatte bekanntlich mit Freiheit noch nie etwas am Hut.

Zu liberal und zu rechtsstaatlich? Nichts für Erdogan

Wie festgestellt, ist Schweden für Herrn Erdogan – bringen wir es doch auf den Punkt – letztendlich viel zu liberal und zu rechtsstaatlich. Dabei ist Schweden schon jetzt in vielen Dingen äußerst restriktiv – das ist ein zusätzlicher Hohn, und es sollte bei dieser Gelegenheit nicht unter den Tisch fallen: Denn politische Verfolgung ist dort durchaus nicht unbekannt. Und anders kann man es nicht nennen, wenn immer wieder Menschen wegen „hets mot folkgrupp”, „Hetze gegen Volksgruppen”, verurteilt werden. Dieser Straftatbestand steht in der Praxis für nichts anderes, als daß sie auf Facebook, Twitter oder auf anderen sozialen Medien entsprechende Meinungsäußerungen getätigt hatten, die sich zumeist auf die islamische Einwanderung nach Schweden und die Kriminalität von Migranten bezog. In meiner Berichterstattung für „Tichy’s Einblick” 2018 und 2019 bin ich ausführlich auf diverse Fälle eingegangen. Die politische Verfolgung in Schweden ist bereits schon ein „Entgegenkommen”, ein Einknicken von Staat und Justiz gegenüber dem sich dort ausbreitenden Islam, und sie stellt ein Zurückweichen der Freiheit dar. Aber Erdogan genügt nicht einmal das. Am liebsten hätte wohl gleich Verhältnisse in Schweden wie in der Türkei.

Wie wird es nun weitergehen? Der neue schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson ist ein eher farbloser Politiker, eine Art Olaf Scholz ohne großes Format. Er unterscheidet sich von ihm vor allem durch die Brille – durch die er aber auch nicht viel klarer sieht als sein deutscher Amtskollege. Es könnte durchaus sein, daß Kristersson doch noch „umfällt”, also die Meinungsfreiheit weiter einschränkt und Koranverbrennungen verbieten läßt, nur damit sein Land der NATO beitreten kann. Dies würde dann bedeuten, daß Europa und Nordamerika künftig immer nach der Pfeife von Herrn Erdogan tanzen müssen.

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