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Hersh im Interview: „Ich würde Bundeskanzler Scholz eine Menge Fragen stellen“

Published On: 16. Februar 2023 6:00

Seymour Hersh hat der Berliner Zeitung ein sehr lesenswertes Interview gegeben, über dessen wichtigste Aussagen ich hier berichten werde.

Seymour Hersh hat in seinem Artikel bestätigt, was ohnehin schon allen Experten klar war: Die US-Regierung steckt hinter der Sprengung der Nord Stream Pipelines. Hersh hat der Berliner Zeitung ein Interview gegeben, das wirklich sehr lesenswert ist. Das Interview ist unter der Überschrift „Seymour Hersh im Interview: Joe Biden sprengte Nord Stream, weil er Deutschland nicht traute“ erschienen.

Ich werde hier über die in meinen Augen wichtigsten Passagen des Interviews berichten.

Was man Scholz fragen sollte

Hersh erinnert in dem Interview daran, dass Bundeskanzler Scholz neben US-Präsident Biden stand, als dieser am 7. Februar 2022 offen gesagt hat:

„Wenn Russland einmarschiert, also Panzer oder Truppen wieder die Grenze zur Ukraine überqueren, wird es kein Nord Stream mehr geben. Wir werden dem ein Ende setzen.“

Daher sagt Hersh in dem Interview:

„Und dann sagte der Präsident, als er zusammen mit dem deutschen Bundeskanzler am 7. Februar 2022 die Pressekonferenz abhielt, ebenfalls, dass wir es tun könnten. Der deutsche Kanzler hat damals nichts Konkretes gesagt, er war sehr vage. Eine Frage, die ich Scholz gern stellen würde, wenn ich eine parlamentarische Anhörung leiten würde, ist diese: Hat Joe Biden Ihnen davon erzählt? Hat er Ihnen damals gesagt, warum er so zuversichtlich war, dass er die Pipeline zerstören könnte? Wir als Amerikaner hatten damals zwar noch keinen ausgearbeiteten Plan, aber wir wussten, dass wir die Fähigkeit hätten, es zu tun.“

Die Frage würde ich Scholz auch gerne stellen, denn nach den offenen Drohungen der USA gegen das milliarden-teure Projekt der deutschen Industrie hätte ein deutscher Kanzler dem US-Präsidenten eigentlich einige Fragen stellen müssen. Hat er das getan? War Scholz sogar eingeweiht?

Norwegens Interessen

Durch die Sprengung von Nord Stream ist das billige russische Gas endgültig vom europäischen Markt verdrängt worden, was garantiert, dass die Gaspreise in jedem Fall höher bleiben werden, als sie es früher waren. Norwegen ist einer wichtigsten Gasversorger Europas und wird daher an den höheren Preisen zusätzlich viele Milliarden verdienen.

Laut der Recherche von Hersh war Norwegen an der Sprengung der Pipeline beteiligt. Daher ist diese Frage der Berliner Zeitung und vor allem Hershs Antwort sehr interessant:

Sie schreiben, Norwegen spielte eine Rolle. Inwiefern war das Land beteiligt – und warum sollten die Norweger so etwas tun?
Norwegen ist eine große Seefahrernation, und sie haben Energiequellen in der Tiefe. Sie sind auch sehr darauf bedacht, ihre Erdgaslieferungen nach Westeuropa und Deutschland zu steigern. Und das haben sie auch getan, sie haben ihre Exporte gesteigert. Warum sollten sie sich also nicht aus wirtschaftlichen Gründen mit den USA zusammentun? In Norwegen gibt es außerdem eine ausgeprägte Feindseligkeit gegenüber Russland.“

Warum eine Pipeline unbeschädigt ist

Hersh hat in seinem Artikel ganz offensichtlich nicht alle ihm bekannten Details genannt und es ist nicht ausgeschlossen, dass er noch weitere Artikel mit Details nachlegen wird. In dem Interview mit der Berliner Zeitung gibt er viele Details zur Sprengung preis, die in seinem Artikel nicht zu lesen waren. Unter anderem erfahren wir auch, warum eine Pipeline nicht beschädigt wurde.

Die Bomben mussten im letzten Moment auf Anweisung des Weißen Hauses verändert werden. Zuerst sollten sie mit einem Zeitzünder versehen werden und relativ kurz nach ihrer Anbringung explodieren. Allerdings bekam das Weiße Haus im letzten Moment kalte Füße und verlangte, einen ferngesteuerten Zünder anzubringen, um sich die Entscheidung, ob und wann die Bomben ausgelöst werden sollen, vorzubehalten. Hersh sagt dazu in dem Interview:

„Die Befürchtung war allerdings, dass die Bomben nicht funktionieren würden, wenn sie zu lange im Wasser blieben, was bei zwei Bomben tatsächlich auch der Fall sein sollte. Es herrschte also Sorge innerhalb der Gruppe, das richtige Mittel zu finden, und wir mussten uns tatsächlich an andere Geheimdienste wenden, über die ich absichtlich nicht geschrieben habe.“

Eine Pipeline ist also intakt geblieben, weil die Bombe nicht mehr funktioniert hat.

Die Rolle Schwedens

Übrigens bedeutet das, dass Schweden ebenfalls eingeweiht ist und bei der Beseitigung der Spuren geholfen hat. Nach den Explosionen hat Schweden das betroffene Gebiet für die Schifffahrt gesperrt, um Spuren zu sichern, wie es offiziell hieß. In Wahrheit wurden dabei wohl Spuren beseitigt, zum Beispiel die nicht explodierten Bomben.

Das dürfte erklären, warum die Bundesregierung auf die kleine Anfrage von AfD-Abgeordneten nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung über die Ermittlungen die Beantwortung fast aller Fragen mit dem Verweis auf „Geheimhaltungsinteressen“ verweigert hat. Die Bundesregierung weiß, was passiert ist. Ob von den USA, oder ob sie die Informationen aus Schweden bekommen hat, das der Bundesregierung ja angeblich Informationen weitergegeben hat, ist fast schon unwichtig. Man kann es als sicher betrachten, dass die Bundesregierung genau weiß, was geschehen und wer die Pipelines gesprengt hat.

Das offene Geheimnis

Es war allgemein bekannt, dass die USA offen angekündigt hatten, Nord Stream zwei ein Ende zu setzen. Biden hat es offen gesagt und Nuland auch. Da niemand in der NATO so etwas ohne grünes Licht der USA getan hätte, war es klar, dass die USA zumindest der Auftraggeber waren. Von Hersh wissen wir nun, dass sie es auch selbst durchgeführt haben, unter anderem, weil sie den Kreis der Mitwisser so klein wie möglich halten wollten.

Trotzdem war es in der Gasbranche offenbar ein offenes Geheimnis, dass die USA dahinter stecken. Matthias Warnig, der frühere Geschäftsführer der Nord Stream AG, hatte schon zuvor in einem „Zeit“-Interview recht offen gesagt, dass er wisse, wer dahinter steckt, aber er wollte sich dazu nicht weiter äußern. Die „Zeit“ schrieb:

„Er glaube nicht, dass Russland für den Anschlag verantwortlich sei, sagt Warnig. Er war wieder in Moskau und hat Gespräche geführt. „Die Russen? Nein.“ Wer dann? Ein Nato-Land? Warnig nickt stumm. England? „Ist alles Spekulation. Aber denken Sie mal darüber nach.““

Und auch Hersh sagt in dem Interview:

„Die Menschen in Amerika und Europa, die Pipelines bauen, wissen, was passiert ist. Ich sage Ihnen etwas Wichtiges. Die Leute, denen Unternehmen gehören, die Pipelines bauen, kennen die Geschichte. Ich habe die Geschichte nicht von ihnen erfahren, aber ich habe schnell erfahren, dass sie es wissen.“

Die USA misstrauen Deutschland

Deutschland hatte russischem Gas zwar eine Absage erteilt, aber solange die Pipelines existierten, bestand aus amerikanischer Sicht die Gefahr, dass die Bundesregierung im Falle eines harten Winters mit Stromausfällen und abgeschalteten Heizungen schwach werden und die Pipelines doch wieder einschalten könnte. Darum wurde, so Hersh, nach einigem Hin und Her und fast drei Monate nach der Bombenlegung beschlossen, die Pipelines doch zu sprengen:

„Außenminister Antony Blinken sagte ein paar Tage nach der Sprengung der Pipelines auf einer Pressekonferenz, dass Putin ein wichtiger Machtfaktor genommen worden sei. Er sagte, die Zerstörung der Pipelines sei eine ungeheure Chance – eine Chance, Russland die Möglichkeit zu nehmen, die Pipelines als Waffe einzusetzen. Es ging darum, dass Russland Westeuropa nicht mehr unter Druck setzen konnte, die Unterstützung der USA im Ukraine-Krieg zu beenden. Die Befürchtung war, dass Westeuropa nicht mehr mitmachen würde.
Ich glaube, der Grund für diese Entscheidung war, dass der Krieg für den Westen nicht gut lief und sie Angst vor dem nahenden Winter hatten. Nord Stream 2 wurde von Deutschland selbst auf Eis gelegt, nicht durch internationale Sanktionen, und die USA hatten Angst, dass Deutschland die Sanktionen wegen eines kalten Winters aufheben würde.“

Und an anderer Stelle sagte Hersh noch:

„Das Weiße Haus hatte die Befürchtung, dass es auf verlorenem Posten stehen könnte, dass Deutschland und Westeuropa die von uns gewünschten Waffen nicht mehr liefern würden und dass der deutsche Bundeskanzler die Pipeline wieder in Betrieb nehmen könnte – das war eine große Sorge in Washington. Ich würde Bundeskanzler Scholz eine Menge Fragen stellen. Ich würde ihn fragen, was er im Februar erfahren hat, als er beim Präsidenten war. Die Operation war streng geheim und der Präsident sollte niemandem von unserer Fähigkeit erzählen, aber er plaudert gern, er sagt manchmal Dinge, die er nicht sagen sollte.“

Unzufriedenheit hinter den Kulissen

Die Pipelinesprengung war und ist hinter den Kulissen in Washington offenbar sehr umstritten. Alleine die Tatsache, dass Biden im Februar 2022 neben Scholz stehend öffentlich gesagt hat, man werde den Pipelines ein Ende setzen, also offen über eine der geheimsten Operationen der USA gesprochen hat, hat in Washington viele an der Planung Beteiligte verärgert. Außerdem, so sagt Hersh in dem Interview der Berliner Zeitung, hat er den Eindruck, dass man die Sache im Weißen Haus nicht gut durchdacht hat, sondern voll und ganz mit der Frage der Wiederwahl von Biden beschäftigt ist, also nur kurzfristig denkt, die langfristigen Folgen des eigenen Handelns aber nicht berücksichtigt.

Daher sagt Hersh in dem Interview:

„Die Leute, die an der Operation beteiligt waren, sahen, dass der Präsident für seine kurzfristigen politischen Ziele Deutschland frieren lassen wollte, und das hat sie entsetzt. Ich spreche hier von Amerikanern, die den Vereinigten Staaten gegenüber sehr loyal sind. Bei der CIA ist es so, dass man, wie ich es in meinem Artikel formuliere, für die Macht arbeitet und nicht für die Verfassung.“

Es geht dabei nicht um Mitgefühl mit einem frierenden Deutschland, sondern es geht um den langfristigen Schaden, der entstehen könnte, wenn die Menschen in Deutschland frieren und erfahren, dass die USA an allem Schuld sind. Und da ganz Europa betroffen ist, könnte eine solche Aktion, also die faktische Kriegshandlung gegen einen angeblich mit den USA verbündeten Staat, für die USA durchaus unangenehme Folgen in der NATO haben, die den kurzfristigen Nutzen, Europa vom russischen Gas abzuschneiden, bei weitem überwiegen könnten.

Meiner Ansicht nach ist das unwahrscheinlich, denn die deutschen Medien sind der US-Regierung gegenüber gehorsam und greifen das Thema nicht auf und die Mehrheit der Deutschen weiß daher gar nicht, was passiert ist. Aber dass sich die Strategen in Washington diese Sorgen machen und dass sie mit dem, was im Weißen Haus entschieden wurde, sehr unzufrieden sind, ist verständlich.

Das ist laut Hersh übrigens auch der Grund, warum er so schnell so viel über die streng-geheime Operation erfahren konnte:

„Es handelt sich um Leute, die in Spitzenfunktionen bei den Geheimdiensten arbeiten und gut ausgebildet sind. Sie wendeten sich gegen das Projekt, sie hielten es für verrückt.
Kurze Zeit nach dem Anschlag, nachdem sie getan hatten, was ihnen befohlen worden war, gab es bei den Beteiligten eine Menge Zorn über die Operation und Ablehnung. Das ist einer der Gründe, warum ich so viel erfahren habe.“

Soweit die in meinen Augen wichtigsten Erkenntnisse aus dem Interview mit Seymour Hersh. Ich empfehle, das komplette Interview zu lesen und verlinke es daher hier noch einmal.


In meinem neuen Buch „„Putins Plan – Mit Europa und den USA endet die Welt nicht – Wie das westliche System gerade selbst zerstört ““ gehe ich der der Frage, worum es in dem Endkampf der Systeme – den wir gerade erleben – wirklich geht. Wir erleben nichts weniger als den Kampf zweier Systeme, in dem Vladimir Putin der Welt eine Alternative zum neoliberalen Globalismus anbietet. Wurden die Bürger im Westen gefragt, ob sie all das wollen, ob sie zu Gunsten des neoliberalen Globalismus auf ihren Wohlstand und ihre Freiheiten verzichten wollen?

Das Buch ist aktuell erschienen und ausschließlich hier direkt über den J.K. Fischer Verlag bestellbar.

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