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«Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen»

Published On: 20. März 2023 0:05

Veröffentlicht am 20. März 2023 von RL.

Oskar Lafontaine gehört zu den grossen linken Politikern. Über Jahrzehnte prägte er die Politik in Deutschland. Von 1985 bis 1998 war er Ministerpräsident des Saarlands. Danach wurde er Finanzminister unter Kanzler Gerhard Schröder.

Doch bereits 1999 verliess er die damalige rot-grüne Bundesregierung wegen des NATO-Kriegs in Serbien. Später kehrte er auch der SPD den Rücken und wirkte innerhalb der Partei die Linke, als deren Fraktionschef er im Saarländischen Landtag bis 2022 amtete. Im selben Jahr gab er auch den Austritt aus der Linkspartei bekannt.

Auch deshalb, weil Lafontaine sich stets für Frieden und Pazifismus stark machte, bekam er innerhalb der linken Parteien Schwierigkeiten. Auch heute zeigt sich der ehemalige Politiker besorgt angesichts des Aufrüstens und der Kriegspropaganda hüben wie drüben.

Wiederholt hat sich Lafontaine im Rahmen des Ukraine-Krieges für Deeskalation und Verhandlungen ausgesprochen. Positionen, die er auch in seinem Buch «Ami, it’s Time to Go! – Plädoyer für die Selbstbehauptung Europas» zum Ausdruck bringt, das der Westend-Verlag Ende 2022 veröffentlicht hat.

Das Buch basiert auf Reden von Lafontaine – darunter der letzten Ansprache, die der Politiker am 16. März 2022 vor dem saarländischen Landtag gehalten hat. Sie erklären, weshalb Lafontaine sich schon früh zu einem radikalen Kriegsgegner entwickelt hat.

«Mein Onkel, dessen Vornamen mir meine Eltern gaben, ist 1941 200 Kilometer vor Moskau gefallen; mein Vater ist im April 1945, kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges, von einem US-Soldaten erschossen worden, als er auf dem Weg zu seiner Familie war», schreibt Lafontaine.

Bei dieser Familiengeschichte sei es ihm schon als Schüler nicht möglich gewesen, die These des Horaz anzunehmen. Die Kriegspropaganda erreichte ihn nämlich schon in der Schule.

«Da hiess es mit den Worten des Dichters Horaz: ‹Dulce et decorum est pro patria mori.› – ‹Süss und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben›.» Der Sinn dieses Sterbens konnte sich Lafontaine damals nicht erschliessen. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Schon immer hegte er Sympathien für Pazifisten.

«Ich habe daher auch immer Verständnis gehabt für diejenigen, die sich allen Kriegen oder dem Krieg an sich verweigert haben. Damals gab es ein berühmtes Lied von Boris Vian, ‹Le Déserteur›, welches ich in meiner Jugend gerne gehört habe. Es gab einen französischen Innenminister der Vierten Republik, der dieses Lied während des Algerien-Krieges verboten hatte, sein Name war François Mitterrand. Dennoch bin ich überzeugt, dass dieses Lied viele junge Leute zu Kriegsdienstverweigerern machte.»

Ein Held seiner Jugend war der ehemalige Boxweltmeister Mohammed Ali. Der Champion, der, als er in den Vietnamkrieg eingezogen wurde, schlicht und einfach gesagt hat: «Ich gehe da nicht hin, warum soll ich diese Menschen erschiessen, sie haben mir nichts getan.»

Der Vietnamkrieg prägte Lafontaines Einstellung zum Krieg nachhaltig. «Damals ging eine ganze Generation auf die Strasse, um gegen diesen Krieg zu protestieren! In diesem Zusammenhang drängte sich meiner Generation die Frage auf: Wer will denn eigentlich Krieg?»

Eine entscheidende Frage, die kaum aktueller sein könnte. Lafontaine: «Denn ich bin ganz sicher, dass kein sibirischer Bauer mit einem ukrainischen Bauern Krieg führen will – warum sollte er auch? Wir lernten schnell, dass es nicht die Völker der Welt sind, die Krieg wollen, sondern stets eine kleine Minderheit. Das gilt auch heute noch für den Ukraine-Krieg.»

Der Autor weist auf ein grosses Problem hin, das leider auch in der Gegenwart zu beobachten ist: Dass nämlich insbesondere die «aufgeklärten» Schichten, die Intellektuellen, auf die bellizistische Rhetorik der Kriegsmächte reinfallen und Kriegspropaganda betreiben.

«Es gelingt zwar hin und wieder über die Medien, eine Mehrheit der Bevölkerung für den Krieg aufzustacheln. Man denke zum Beispiel an das August-Ereignis des Ersten Weltkrieges, bei dem die Bevölkerung so aufgeputscht wurde, dass die Mehrheit freudig in den Krieg zog und selbst die Dichter und Denker den Krieg bejahten, Thomas Mann beispielsweise, der vom Krieg als einer ‹Reinigung› sprach und ihn einen ‹Ausstieg aus der satten Friedenswelt› nannte, oder Max Weber, der den Krieg ‹gross und wunderbar› fand und dass es ‹herrlich› sei, ihn noch zu erleben, aber ‹sehr bitter›, nicht mehr an die Front zu dürfen. Aber auch die haben nach einiger Zeit das Grauen des Krieges erkannt und anders geredet.»

Verantwortlich für das nicht enden wollende Gemetzel auf den Schlachtfeldern der Welt ist für Lafontaine der Kapitalismus. «Diese Wirtschaft tötet», das sagt auch Papst Franziskus.

«Ich halte diese Analyse des Papstes für richtig. Ich selbst beantworte die Frage so, dass wir in der Welt mehr und mehr Systeme des Oligarchen-Kapitalismus haben, also Staaten, in denen eine Minderheit grosse Vermögen anhäuft und die Politik in zunehmendem Masse prägt», so der einstige Politiker.

Oligarchen-Kapitalismus, in dem die Eroberung immer neuer Gebiete und potenzieller Absatzmärkte systemimmanent sei, führe «notwendigerweise zum Krieg», so Lafontaine.

Dies habe schon der französische Sozialist Jean Jaurès gewusst: «Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen.» Eine friedliche Koexistenz ist deshalb für ihn nur möglich mit einem gerechteren Wirtschaftssystem.

Nur dann sei ein friedliches Miteinander wieder eine Option, auf die wir in seinen Augen zwingend hinarbeiten müssen. Und gerade in der Ukraine, wo die Grossmächte sich gegenüberstehen und ein Atomkrieg drohe, sei dies heute wichtiger denn je.

«Wir sind uns hoffentlich alle einig, dass jetzt alles getan werden muss, dass die Waffen schweigen. Jeder Schritt, der zu einem Waffenstillstand führt, ist ein Schritt in die Richtung Frieden und somit wichtiger als alles andere, was derzeit gesagt und geredet wird. Der Waffenstillstand, der Frieden, hat höchste Priorität. Jeder sollte versuchen, dazu seinen Beitrag zu leisten.»

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Buch-Hinweis:

Oskar Lafontaine. Ami, it’sTime to Go! – Plädoyer für die Selbstbehauptung Europas, Westend Verlag 2022. 14,00 €. ISBN: 9783864894060

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