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Gold-Höhenflug und Bankenbeben – vier Fragen und Antworten zur Finanzkrise

Published On: 20. März 2023 17:39

Was bedeutet die Erschütterung in der Finanzindustrie für Anleger, für Kreditkunden? Und für die Wirtschaft? Eine Analyse der aktuellen Lage.

Kommt jetzt die Gold-Rally?

Am Montag übersprang der Goldpreis pro Unze die wichtige Marke von 2000 Euro. Auch wenn er im Lauf des Tages wieder geringfügig nachgab, bewegt sich das Edelmetall immer noch ganz in der Nähe seines 10-Jahres-Hochs. Gold gilt als klassisches „Angst-Metall“, dessen Kurs in Krisen zuverlässig in die Höhe schießt. Es dient also in gewisser Weise auch als Indikator für die Verunsicherung, die seit dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank wie der Signature Bank in den USA und der Notfusion der schwer angeschlagenen Credit Suisse mit der USB bei professionellen Anlegern wie kleinen Sparern herrscht.

Eine flächendeckende Krise des Finanzsystems wie 2008 nach dem Crash von Lehman Brothers droht nach jetzigem Stand aus einer Reihe von Gründen nicht. Trotzdem weiß derzeit niemand genau, wie viele Banken durch die weltweite Zinswende jetzt in Schwierigkeiten geraten – und möglicherweise weitere Kreditinstitute mit sich reißen.

Im vergangenen Jahr hielten vor allem die Goldkäufe der Zentralbanken den Preis einigermaßen stabil – sie erwarben insgesamt 1 136 Tonnen, die größte Jahresmenge seit 1950. Auch im Januar deckten sich Zentralbanken mit weiteren 31 Tonnen ein. Der Goldpreis zog also nach der SVB-Pleite von einem schon soliden Niveau aus nach oben, als auch Profis und auch etliche kleine Sparer das taten, was sie regelmäßig tun, wenn Banken wackeln und Unsicherheit herrscht: sie stocken Goldreserven auf.

Interessant für Anleger dürften jetzt Aktien von Gold-Förderern sein, etwa Barrick Gold oder Sibanye Stillwater. Ihre Papiere, die zwischendurch seit der letzten Gold-Rally wieder abgesackt waren, gewannen in den vergangenen Tagen deutlich, sind aber noch weit von ihren historischen Höchstkursen entfernt.

Erleben wir eine Finanzkrise wie 2008?

Jedenfalls handelt es sich nicht um den gleichen Krisenmechanismus. Bisher sind die Auswirkungen auch sehr viel kleiner als 2008 nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers. Dieses Bankenbeben wurde durch die so genannten toxischen Papiere ausgelöst, Derivate, mit denen das Risiko von Immobilienkrediten verteilt werden sollte. Darunter befanden sich in den USA auch zahlreiche „Ninja-Kredite“. Ninja stand für „no income, no job, no assets“, also Hauskauf-Kredite auch für Kunden, die weder über Einkommen, Job noch Sicherheiten verfügten. Die stetig steigenden Immobilienpreise, so meinten viele Banker damals, würden ausreichen, um ein Darlehn auch bei eigentlich nicht kreditwürdigen Kunden zu besichern. Außerdem sollten Derivate das Risiko so weit streuen, dass es sich praktisch auflöste. Als die Immobilienblase in den USA dann platzte und die Preise in die Tiefe rauschten, saßen viele Institute nicht nur auf faulen Krediten. Auch Banken, die sich nicht oder kaum mit Immobilienkrediten befassten, hielten die Derivate in ihrer Bilanz, die nun ebenfalls rapide an Wert verloren. Was folgte, was eine Interbankenkrise, die von den USA schnell auf andere Staaten überschwappte: die Banken hörten auf, sich untereinander Geld zu leihen – aus Angst, ihre Kredite beim Kollaps eines anderen Finanzhauses nie wieder zu sehen. Dadurch gerieten viele Institute in eine gefährliche Geldklemme.

Die Regierung unter George Bush weigerte sich damals zwar, Lehman zu retten – musste dann allerdings zusammen mit der Fed aktiv werden, um einen Dominoeffekt im Bankensektor zu verhindern. Auch in der Eurozone sprang der Staat und damit der Steuerzahler massiv ein. In Deutschland etwa stieg der Bund mit 25 Prozent bei der Commerzbank ein.

Heute spielt der Interbankenmarkt keine systemerhaltende Rolle mehr. Zum einen, weil die Bankenaufsicht den Instituten nach 2008 deutlich höhere Kapitalpuffer verordnet hatte. Aber auch, weil heute die Staaten schneller dabei ist, Banken zu stützen und notfalls auch Einlagen zu garantieren, die nicht von der Einlagensicherung abgedeckt sind.

Bei der Silicon Valley Bank handelte es sich ein vergleichsweise kleines Unternehmen mit einer Bilanzsumme von 220 Milliarden Dollar – also etwa so groß wie die Helaba – das viele junge Unternehmen des Silicon Valley zu ihren Kunden zählte. Als durch die Zinswende Investoren lieber wieder in Anleihen investierten und ihre Positionen bei Risikokapital verringerten, schrumpften die Einlagen der SVB. Sie musste ältere, im Kurs stark gefallene Anleihen mit Verlust verkaufen, um liquide zu bleiben. Damit signalisierte sie: wir haben ein großes Problem. Als dann Anleger reihenweise ihre Einlagen abzogen, kollabierte sie. Obwohl sie unter der Grenze für systemkritische Banken lag, entschied sich die US-Regierung, alle Einlagen zu garantieren, um Bankkunden im Land zu beruhigen.

Die Credit Suisse war bereits stark angeschlagen, als sie nach dem SVB-Zusammenbruch in den Fokus geriet. Auch hier sprang der Staat und Schweizer Zentralbank mit einer Liquiditätsspritze von 200 Milliarden Franken ein. Die CS verschwindet nun unter das hoffentlich rettende Dach der USB.
Generell laborieren Banken durch die Zinswende an zwei Problemen: Zum einen investierten viele Häuser während der Tiefzinsphase in Staatsanleihen, die zwar kaum etwas abwarfen, aber Sicherheit boten. Nach der Zinswende in den USA, Großbritannien, Europa und selbst in Japan fiel der Kurs dieser Papiere – denn die neuen, höher verzinsten Anleihen sind attraktiver. Der Kursverfall stellt für Banken keine gravierende Bedrohung dar, wenn sie die oft langlaufenden Anleihen weiter halten können. Denn sinken die Zinsen in den kommenden Jahren wieder, steigen deren Kurse wieder. Ein Problem entsteht dann, wenn eine Bank unter Druck die Zinspapiere verkaufen und damit den Verlust realisieren muss wie SVB.

Zum zweiten leidet das Kreditgeschäft der Banken, da viele zögern, jetzt Geld für eine Immobile oder einen Konsumkredit aufzunehmen. Außerdem wurde es für Banken deutlich teurer, sich selbst mit Kapital zu versorgen. Schwache Institute, die über eine dünne Kapitaldecke verfügen, stark gefallene Papiere im Portfolio halten und vom Kreditgeschäft abhängen, könnten also in Schwierigkeiten geraten.

Wie stark wackelt das Bankensystem?

die Zentralbanken vor dem Dilemma

Insgesamt zeigt sich das Bankensystem heute stabiler als 2008, vor allem durch die strengeren Auflagen für das Eigenkapital. In den USA zeigt sich der Finanzmarkt allerdings krisenfester als in der EU. Denn nach 2008 fand in Amerika eine kräftige Marktbereinigung statt. Zählten die USA 2007 noch 7 290 Institute unter dem Schirm der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC), sind es heute nur noch 4 237. Viele schwache Geldhäuser verschwanden nach dem Lehman-Beben vom Markt – entweder durch Abwicklung, weil die die Eigenkapitalauflagen nicht erfüllen konnten, oder durch Fusion. Die Folge: weniger, aber stabilere Banken. In der Eurozone sank die Zahl der Geschäftsbanken signifikant weniger. Waren es 2008 insgesamt 8525, gehörten 2019 immer noch 5 981 zur Branche.

Ein Beispiel für die EU-Bankenproblem ist das eigentlich kleine Geldhaus Monte Paschi di Siena. Obwohl die EU-Regierungschefs versichert hatten, dass anders als 2008 und 2009 nicht wieder Steuerzahler für die Bankenrettung aufkommen müssten, wendete die Regierung im Rom 2017 mit 5,4 Milliarden Euro aus der Staatskasse mit Segen der EU den Zusammenbruch der Bank ab.
Das gerettete Institut blieb allerdings dauerkrank. Allein im 3. Quartal 2022 schrieb die Monte di Paschi einen Verlust von 388 Millionen Euro.

Wie entwickeln sich die Zinsen?

Die EZB hob den Hauptfinanzierungssatz am 16. März um 50 Basispunkte auf 3,5 Prozent. Damit liegt sie immer noch deutlich unter dem Zinsniveau der US-Notenbank, das derzeit zwischen 4,5 bis 4, 75 Prozent beträgt. Am Mittwoch erhöht die Fed voraussichtlich noch einmal moderat um 25 Basispunkte, also 0,25 Prozent. Mittlerweile drängen aber Investoren und auch Geschäftsbanken, die US-Geldpolitik nicht noch weiter zu straffen – auch deshalb, weil die Inflation nach den großen Zinsschritten 2022 und 2023 in den USA wieder merklich sinkt. Etliche Marktbeobachter rechnen damit, dass das Dollar-Zinsniveau 2024 zumindest nicht weiter steigt, oder sogar wieder leicht nach unten geht. Dafür besäße die Fed jedenfalls Spielraum. Auch in der Eurozone dürfte der Druck auf die EZB steigen, die Zinsen nicht weiter anzuheben. Hier allerdings drängen vor allem die hoch verschuldeten Staaten, die schon jetzt stark unter der Zinslast leiden. Gibt die EZB dem nach und beendet die Straffung, dann besteht allerdings die Wahrscheinlichkeit, dass die Inflation in der Eurozone sich für längere Zeit auf einem höheren Niveau einpendelt als in den USA.

Für Kreditkunden und die Wirtschaft allgemein wäre ein Stopp der Zinserhöhung bei den jetzigen 3,5 oder maximal 4 Prozent in der Eurozone zwar eine gute Nachricht – für Sparer aber eine schlechte. Denn die Geldentwertung würde dann vermutlich lange Zeit sehr deutlich über den angestrebten 2 Prozent liegen.

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