Bellingcat-Blogger erachtet Mord an Donbas-Journalist als «legitim»

Veröffentlicht am 6. April 2023 von RL.

Vladlen Tatarsky, ein 40-jähriger Kriegsberichterstatter aus dem Donbas, wurde am Sonntag bei einer Explosion in einem Café in St. Petersburg getötet. Um die 30 Menschen wurden dabei verletzt, zehn von ihnen schwer (wir berichteten).

Die russische Regierung vermutet, dass die Regierung in Kiew hinter dem Anschlag steht. Christo Grozev hat jüngst den Terroranschlag in einem Interview mit Sky News verteidigt. Grozev ist leitender Russland-Rechercheur von Bellingcat, einer Organisation, die von der US-Regierung finanziert wird.

Grozev bezeichnete den Bombenanschlag als legitime ukrainische Operation im Rahmen der «hybriden Kriegsführung». Möglich ist in seinen Augen auch, dass es sich um eine russische Falschmeldung handle.

Tatarsky sei ein «legitimes Ziel», so Grozev. Der Bellingcat-Blogger rechtfertigte seine Aussage damit, dass der aus dem Donbas stammende Kriegsberichterstatter 2014 am Aufstand gegen die Kiewer Regierung teilgenommen hatte. Dies, nachdem Viktor Janukowitsch zuvor im Februar 2014 weggeputscht worden war und die neuen Machthaber in Kiew den Krieg gegen die Bevölkerung in der Ostukraine starteten.

Der Bellingcat-Blogger argumentierte zudem, dass es sich beim Café, in dem Grozev ermordet wurde, um ein Zentrum für «russische Cyberkrieger» handle – es sei keine «rein zivile» Location. «Er war ein legitimes Ziel. Er war ein Offizier und ein Propagandist zugleich», sagte Grozev gegenüber Sky News.

Auf die Frage des Moderators, warum die Ukraine ihre Operationen nicht auf militärische Einrichtungen beschränke, antwortete Grozev: «Das ist ein Krieg, der wenig Ähnlichkeit mit dem hat, was wir bisher gesehen haben. Es ist nicht nur ein heisser Krieg, sondern auch ein hybrider Krieg.»

Der Bellingcat-Autor rechtfertigte die Bombardierung des Cafés damit, dass es «regelmässig als eine Art Sammelpunkt für russische Cyber-Akteure, Cyber-Krieger, die in der Tat die ukrainische Infrastruktur ins Visier nehmen, genutzt wurde». Grozev: «Ob es sich also um einen rein zivilen Ort handelt oder nicht – darüber könnte man streiten.»

Laut Sky News selbst hatte sich Tatarsky zum Zeitpunkt des Angriffs mit «Mitgliedern der Öffentlichkeit» getroffen. Grozev machte im Interview jedoch keinen halt bei Tatarsky. Er verteidigte auch den Mordversuch der Ukrainer an dem russischen Philosophen Alexander Dugin, bei dem stattdessen seine Tochter Daria Dugina getötet wurde. Grozev beschrieb Dugina als «Propagandistin, aber in keiner Weise so einflussreich wie ihr Vater». Sie sei ein «legitimes Ziel» gewesen.

Folgt man der Logik von Grozevs Aussagen, dann wären umgekehrt auch zahlreiche westliche Kommentatoren und Journalisten im Allgemeinen und Bellingcat im Speziellen «legitime Ziele» aus Sicht Russlands.

Denn Grozev arbeitet für eine Organisation, die an einer verdeckten Initiative des britischen Aussenministeriums beteiligt war, die darauf abzielte, «den Einfluss des russischen Staates zu schwächen». Dies deckte das Online-Portal The Grayzone auf, das jüngst auch über die Aussagen von Grozev berichtete.

Unterstützt wird Bellingcat massgeblich durch die Denkfabrik National Endowment for Democracy (NED). Die NED wurde 1983 vom ehemaligen CIA-Chef William J. Casey ins Leben gerufen.

Bereits 1991 sagte der Gründer des NED, Allen Weinstein, in der Washington Post unverblümt: «Vieles von dem, was wir heute tun, wurde vor 25 Jahren von der CIA im Verborgenen getan.» Die NED wurde daher weltweit als «zweite CIA» bezeichnet.