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Die Jahrhundertlüge repräsentative Demokratie

Published On: 27. April 2023 9:52

Erstes Kapitel

Demokratie ist eine despotische Idee par excellence

Ein Meinungsbeitrag von Friedemann Willemer.

Seit einigen Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema: Demokratie in Deutschland. Mein wenig schmeichelhaftes Resultat: Die repräsentative Demokratie – so von den Verfassern des Grundgesetzes für die Bundesrepublik vorgegeben – ist gescheitert. Ein Totalausfall.

Erste zaghafte Versuche, Demokratie zu wagen, gab es in der griechischen Antike im 5. Jahrhundert v. Chr. in Athen, die attische Demokratie. Demos, das Volk, und Kratos, die Macht, die Herrschaft, altgriechisch Demokratia bezeichnete in der Attischen Demokratie die Herrschaft des Volkes, das heißt Partizipation bzw. Teilhabe aller an der politischen Willensbildung.

Nun könnte man meinen, die Französische Revolution beeinflusst vom Zeitalter der Aufklärung mit dem Ziel der Überwindung des Feudalismus in seiner absolutistischen Gestalt, habe der Demokratie in Europa zum Sieg verholfen. Liberté, Egalité, Fraternité waren die Losungen der französischen Revolution 1789. Aber führten die Französische Revolution und die amerikanische Revolution 1776 die Völker zur Demokratie? Emmanuel Sieyes (1748 bis 1836), Haupttheoretiker der Französischen Revolution, stellte zur Demokratie fest: Nur ein repräsentatives System könne die Freiheit der Bürger garantieren. Demokratie sei eine despotische Idee par excellence.

Ausschließlich die Bürger des 3. Standes (Landwirtschaft, Industrie. Handel, freie Berufe, Lehrer, Beamte und sonstige Intellektuelle) hatten nach seinen Vorgaben ein Wahlrecht und konnten gewählt werden. Sie waren die letzte Instanz, um die Geschicke des Staates durch Erlass von Verfassung und Gesetzen zu bestimmen. Dies waren zwei bis drei Prozent der Männer in Frankreich. In England in dieser Zeit fünfzehn bis zwanzig Prozent.

Eine Epistokratie, eine Herrschaft der Weisen und Vernünftigen sollte entstehen, angelehnt an Platon‘s Schrift „Der Staat“. Ein Plädoyer für eine Herrschaft der Philosophen.

Die US-Verfassung, 1787 bis 1790 ratifiziert, ist ein Monument des elitären repräsentativen Systems. Maßgebliche Verfasser: Alexander Hamilton und James Madison. Diese sind die Autoren der „Federalist Paper“ 1797, das theoretische Fundament der US-Verfassung, ein Plädoyer für das repräsentative System. Der Staat gehöre in die Hände von Repräsentanten, deren Weisheit am besten „das wahre Interesse ihres Landes“ erkennen könne und deren Patriotismus und Gerechtigkeitsliebe es unwahrscheinlich mache, dass sie die Interessen ihres Landes zeitlichen oder parteilichen Erwägungen opferten.

Es besteht also eine Erleuchtungsdiskrepanz zwischen den wissenden Repräsentanten und dem gemeinen Volk. So Andreas Urs Sommer in seinem Buch: Eine Demokratie für das 21. Jahrhundert.

Diese Argumente ziehen sich seit 200 Jahren wie ein roter Faden durch die Geschichte der Demokratie: Sie mutiert in einen mit demokratischen Floskeln garnierten Absolutismus. So Bruno S. Frey & Oliver Zimmer in ihrem Buch: Mehr Demokratie wagen.

Mein Fazit:

Die Französische und amerikanische Revolution haben den Absolutismus des Feudalismus lediglich gewandelt in den Absolutismus des Repräsentativismus, mit dem Ergebnis einer totalitären Parteienherrschaft. Wie konnte das passieren?

Ich habe den Eindruck, so Karl Jaspers, Wohin treibt die Bundesrepublik?, dass die Völker sich selbst verraten, weil sie den Sinn der republikanischen Freiheit nicht verstehen, keine Opferbereitschaft haben und nicht den Wagemut, für die Freiheit und nur für sie auch alles einzusetzen. Die echte Revolution sei die Revolution der Denkungsart, die keine Gewalt will, sondern überzeugt.

Ich werde nun versuchen, Sie von meiner Revolution der Denkungsart zu überzeugen. Ich greife nicht den Staat an, sondern im Namen der Demokratie die Parteienherrschaft, die Zwangsgewalt von Despoten.

Den Deutschen fehlt die nötige politische Reife

Wolfgang Schäuble stellte im März 2016, damals Bundesfinanzminister, bei einer Berliner Podiumsdiskussion auf die Frage eines Journalisten der NZZ, ob Deutschland dem direktdemokratischen Modell der Schweiz folgen könne, kategorisch fest: Den Deutschen fehle noch immer die nötige politische Reife.

Die Verfasser des Grundgesetzes, Herr Schäuble, die anderen Parteien- und Medienvertreter befinden sich mit dieser Meinung in bester Gesellschaft mit Madison, Hamilton, Sieyes und Francois Guizot (1787 bis 1874), französischer Philosoph und strikter Vertreter der repräsentativen Regierungsform.

Francois Guizot: Die Idee der Demokratie gilt es auszurotten. Demokratie und Freiheit schließen sich aus. Demokratie führe zur allgemeinen Tyrannei und kann erst eingeführt werden, wenn alle Bürger mit jenen Ideen und Gefühlen ausgestattet seien wie die wissenden und weisen Repräsentanten.

  • Was haben die Parteien seit 1949 unternommen, damit die Bürger die nötige politische Reife erhalten? Offensichtlich siehe Schäuble nichts. Die Repräsentanten lieben die Unmündigkeit ihrer Untertanen, damit sie sie ihrem Volk immer wieder vorhalten können.
  • Wie sieht es mit dem Wissen und der Weisheit der Repräsentanten in den westlichen Demokratien aus? Regieren uns nicht eher Psychopathen, das heißt Personen mit einer schweren Persönlichkeitsstörung. Es fehlt ihnen jede Empathie für ihr Volk, sie übernehmen keine Verantwortung für ihr Tun und sie handeln gewissenlos.
  • Nach Noam Chomsky, (Wer beherrscht die Welt? 2016) sind die USA ein Schurkenstaat. Ihr geostrategischer Weg zur Weltherrschaft seit 1945 ist mit Millionen Toten gepflastert. Und Europa – die NATO-Vasallenstaaten – immer mit dabei.
  • Was passiert mit denen, die nach Weltherrschaft streben? „Nachdem sie die Keime des Guten ausgerottet haben, sind sie einem seelenlosen Despotismus verfallen“ (Immanuel Kant, Zum ewigen Frieden, 1795) den der Wertewesten „regelbasierte Ordnung“ nennt.
  • Was befähigt ein politisch unreifes Volk bei den Wahlen unter den Kandidaten der Parteien die Wissenden und Weisen zu erkennen, die zur Ausübung der Staatsgewalt und damit zur Wahrung des Staatswohls am besten geeignet sind? Die Kompetenz der Repräsentanten von Legislative und Exekutive kann das deutsche Volk doch nur erkennen, wenn es „die nötige politische Reife“ besitzt und so in der Lage ist, eine rationale Wahlentscheidung treffen zu können, das heißt das allgemeine, freie und gleiche Wahlrecht bedingt zwangsläufig eine politische Reife, anderenfalls ist siehe Sieyes und Guizot ein eingeschränktes Wahlrecht geboten. Ein Wahlrecht nur für die von den Repräsentanten Auserwählten.

Alexis de Tocqueville (1805 bis 1859) bewertete die Ideen von Francois Guizot schonungslos in seinen 1851 veröffentlichten Erinnerungen wie folgt:

„Und so spaltete sich das Land in zwei Hälften: Die obere Hälfte, die angeblich das gesamte politische Leben der Nation repräsentierte, war geprägt von Impotenz, Lethargie, Immobilität und Langeweile. Doch darunter, in der unteren Hälfte, (…) schlug sich das politische Leben allmählich eine Bahn.“

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Sven Hansche / Shutterstock.com

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