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Oskar Lafontaine: Liebe deine Feinde

Published On: 7. November 2023 9:00

Nur wahres Mitgefühl führt zum Frieden. Doch selbst Kirchenführer haben sich manchmal nicht an diese Botschaft gehalten. Wer zu der vernünftigen Erkenntnis kommt, dass Sicherheit nur gemeinsam und nicht gegeneinander erreicht werden kann, wird erkennen, dass die aktuelle Politik weder in der Ukraine noch im Nahen Osten zum Frieden führen kann. Von Oskar Lafontaine.

Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Das ist die zentrale Botschaft des christlichen Glaubens, auf den sich viele in der westlichen Wertegemeinschaft berufen. Die Bibel geht noch weiter: „Liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und bittet für die, welche euch beleidigen und verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel seid.“ Nächsten- und Feindesliebe sind im Westen unterentwickelt. Selbst die Kirchenführer haben sich nicht an die Botschaft des Christentums gehalten. Als Hitler die Sowjetunion überfiel, sah der Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger in der Sowjetunion „einen Tummelplatz von Menschen, die durch ihre Gottesfeindlichkeit und durch ihren Christenhass fast zu Tieren entartet“ seien. Und der geistige Vertrauensrat der Deutschen Evangelischen Kirche schrieb: „Sie haben, mein Führer, die bolschewistische Gefahr im eigenen Land gebannt und rufen nun unser Volk und die Völker Europas zum entscheidenden Waffengang gegen die Todfeinde aller Ordnung und aller abendländisch-christlichen Kultur auf.“

Heute ist es unvorstellbar, dass sich die beiden christlichen Kirchen in ähnlicher Weise äußern würden. Aber sie unterstützen dennoch die Lieferung von Waffen in die Ukraine, mit denen wieder Russen getötet werden. In den USA, der führenden Macht des Westens, der „kriegerischsten Nation der Welt“ (Jimmy Carter), sind 41 Prozent der Bevölkerung Anhänger einer protestantischen Glaubensgemeinschaft. Im amerikanischen Kongress, der von der amerikanischen Waffenindustrie kontrolliert wird und jährlich den höchsten Militärhaushalt der Welt verabschiedet, bekennen sich 90 Prozent der Abgeordneten zum christlichen Glauben. Nun muss sich nicht jeder von der Nächsten- oder Feindesliebe leiten lassen, aber ohne ethische Grundsätze geht es nun einmal nicht. Ohne sie gibt es auch keine regelbasierte Ordnung, von der so oft in den westlichen Staaten die Rede ist. Es genügt schon, die in allen Weltreligionen gültige Regel zu beherzigen: „Was du nicht willst, das man dir tu’, das füge auch keinem anderen zu.“ Oder zu der vernunftgeleiteten Einsicht zu kommen, dass es Sicherheit nur gemeinsam und nicht gegeneinander geben kann. Dann wird man erkennen, dass die gegenwärtige Politik weder in der Ukraine noch im Nahen Osten zum Frieden führen kann. Ethik setzt Mitgefühl voraus, das Mitleid mit dem anderen. Mitleid ist unteilbar, es unterscheidet nicht zwischen Religionen und nationalen Zugehörigkeiten. Wenn man sich die Erklärungen und Berichte zum Ukraine-Krieg und zum Krieg im Nahen Osten vor Augen führt, dann erkennt man, dass viele Politiker und Diskussionsteilnehmer nicht fähig sind, mitzufühlen. Sie instrumentalisieren ihr vermeintliches Mitgefühl, um Hass und Aggressionen gegen eine Seite zu schüren. Und diejenigen, die Mitgefühl mit allen Opfern fordern, werden beschimpft und mit Vorwürfen überhäuft. Als die Schauspielerin und ehemalige Sondergesandte des UN-Flüchtlingskommissars, Angelina Jolie, sagte, die von ihr deutlich verurteilten Hamas-Terroranschläge in Israel rechtfertigten nicht die unschuldigen Opfer der Bombenangriffe im Gazastreifen: „Die Menschlichkeit verlangt einen sofortigen Waffenstillstand. Palästinensisches und israelisches Leben – und die Leben aller Menschen weltweit – sind gleichermaßen wichtig“, schrieb der Spiegel: „In den Kommentaren dazu gibt es nur wenig Verständnis für Jolies Bemühen um eine Position, die eine Eskalation verhindern möchte. Sowohl Unterstützer Israels als auch von Palästina werfen ihr vor, nicht genug Solidarität zu zeigen.“ Hier zeigt sich das weit verbreitete geheuchelte Mitgefühl, das auch zu den berühmten Doppelstandards bei der Beurteilung der Kriege und Kriegsverbrechen führt. Ein weiteres Beispiel: Vor mehreren 100.000 Teilnehmern sagte der türkische Präsident Erdogan an die Adresse des Westens: „Ihr habt um die getöteten Kinder in der Ukraine getrauert, warum schweigt ihr angesichts der getöteten Kinder im Gazastreifen?“ Den Terror der Hamas verurteilte er nicht. Vielmehr sieht er in der palästinensischen Terrororganisation „eine Gruppe von Befreiern“. Die Unfähigkeit zum wirklichen Mitgefühl kennzeichnete die deutsche Nachkriegszeit, wenn es darum ging, die Verbrechen der Nazizeit aufzuarbeiten. Die Erinnerung an den Holocaust, an die Ermordung von sechs Millionen Juden, war allgegenwärtig. Die Sicherheit Israels erklärte die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel zur deutschen Staatsraison; auch Bundeskanzler Olaf Scholz bekennt sich zu diesem Satz. Aber auch 25 Millionen Bürger der Sowjetunion, darunter viele Millionen Russen, verloren ihr Leben im Vernichtungskrieg Hitlers. Unzählige verhungerten in deutschen Gefangenenlagern. Verpflichten uns diese Toten zu nichts? So wie es undenkbar ist, dass wir eines Tages wieder Waffen liefern, mit denen Juden getötet werden, so sollte es undenkbar sein, dass wir Waffen liefern, mit denen wieder Russen getötet werden. Die Instrumentalisierung des Mitgefühls ist einer der größten Fehler der Weltpolitik. Sie führt zu Hass und Zerstörung und verhindert den Frieden. Oskar Lafontaine ist ehemaliger Vorsitzender der SPD und Finanzminister Deutschlands a. D. Dieser Artikel ist eine Übernahme von der „Weltwoche“ Nr. 44.23. Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele – aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe Leser, um Ihre Unterstützung. Herzlichen Dank!

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Oskar Lafontaine: Liebet eure Feinde

Nur echtes Mitleid führt zum Frieden. Doch selbst Kirchenfürsten hielten sich manches Mal nicht an diese Botschaft. Wer zu der vernunftgeleiteten Einsicht kommt, dass es Sicherheit nur gemeinsam und nicht gegeneinander geben kann, wird erkennen, dass die gegenwärtige Politik weder in der Ukraine noch in Nahost zum Frieden führen kann. Von Oskar Lafontaine. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Das ist die zentrale Botschaft des christlichen Glaubens, auf den sich viele in der westlichen Wertegemeinschaft berufen. Die Bibel geht noch weiter: „Liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und bittet für die, welche euch beleidigen und verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel seid.“ Nächsten- und Feindesliebe sind im Wertewesten unterentwickelt.

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