Absage der Küche: Saures Lüngerl

Innereien sind in der deutschen Küche nicht mehr so beliebt wie früher. Das ist bedauerlich, denn wir verpassen etwas. Im Gegensatz zu Frankreich hat die Innereienküche in Deutschland immer noch einen schweren Stand. Dabei gibt es berechtigte Forderungen aus der Öko- und Tierschützerszene, die darauf hinweisen, dass man die Verwertung des gesamten Tieres im Blick haben sollte. Nicht nur die edlen Stücke wie Filet und Keule, sondern auch das, was auf den ersten Blick nicht so attraktiv erscheint – von der Nase bis zum Schwanz. Fett ist auch kein Feind, das man zwanghaft wegschneiden muss, sondern ein wichtiger Geschmacksträger. Die Deutschen mögen am ehesten noch Kalbsleber, paniert und gebraten, serviert mit Kartoffelbrei und gedünsteten Apfelscheiben. Oder Fegato alla veneziana, mit gerösteten Zwiebeln und Polenta. Leider verbinden viele Menschen mit Leber zweifelhafte Kindheitserinnerungen. Bei Nieren scheiden sich die Geister schon deshalb, weil einmal Urin durch sie hindurchgeflossen ist. Bei Kalbsnieren ist ein Uringeschmack jedoch kaum wahrnehmbar. Auch Nierchen müssen äußerst schonend zubereitet und noch leicht rosa serviert werden. Wenn sie zu lange gegart werden, werden sie hart wie Gummi. Hirn und Herz sind noch stärker mit einem Tabu behaftet. Kutteln, auch Kaldaunen genannt, sind in Streifen geschnittener Pansen von Wiederkäuern. Sie können auf verschiedene Arten zubereitet werden. Kalbsbries ist hierzulande weitgehend unbekannt, obwohl es zu den größten Delikatessen gehört. Lunge hat in Süddeutschland und Österreich ein regionales Refugium gefunden. In Bayern spricht man von (saurem) Lüngerl, in Österreich von Beuschel. Eine besondere Spezialität ist das Altwiener Salonbeuschel, bei dem Lunge und Herz in einer sauren Soße mit verschiedenen Zutaten zubereitet werden. Sauer macht nicht nur lustig, sondern regt auch zum Trinken an. Deshalb gilt saures Lungenhaschee oder Salonbeuschel als ideales „Katerfrühstück“ nach einer durchzechten Nacht. Wer es am Aschermittwoch mit der traditionellen Fastenregel ernst meint, kann stattdessen sauer eingelegten „Bismarck-Hering“ genießen

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Cancel Cuisine: Saures Lüngerl

Jenseits von Leber und Nierchen sind Innereien in unserer Küche schon lange aus der Mode gekommen. Leider, muss man sagen, denn da entgeht uns was. Die Innereienküche hat es, im Gegensatz zu Frankreich, immer noch schwer in Deutschland. Und das angesichts in diesem Fall berechtigter Forderungen aus der Öko- und Tierschützerszene, dass man tunlichst die Verwertung ganzer Tiere im Blick haben solle. Also nicht nur die Gustostückerl wie Filet und Keule, sondern auch das, was auf den ersten Blick oder Bissen nicht so attraktiv erscheint – von der Nase bis zum Schwanz. Und dass Fett nichts ist, das man zwanghaft wegschneiden muss, sondern ein wichtiger Geschmacksträger. Am ehesten lassen sich die Deutschen noch Kalbsleber gefallen, in Mehl gewälzt und gebraten und

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