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Nicht-Geimpfte sind keine Nicht-Wähler

Published On: 11. August 2021 8:26

In gut sechs Wochen ist Bundestagswahl. Wir sollten uns also eigentlich im Wahlkampf befinden. In einer Zeit, in der die Bürger seit fast eineinhalb Jahren nicht mehr im vollen Besitz all ihrer verfassungsmäßigen Grundrechte sind, sollte es in einer funktionierenden Demokratie im Wahlkampf eigentlich genau darum zuerst gehen: Um Bestand und Zukunft einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die den Bürgern – und zwar allen Bürgern – die Wahrnehmung ihrer Grundrechte wirksam garantiert. Ein solcher Satz hätte vor nicht allzu langer Zeit als langweilige Binsenweisheit gegolten. Heute gilt er mancherorts schon als anrüchig.

Es geht im Wahlkampf nach eineinhalb Jahren Grundrechtseinschränkungen stattdessen kaum um Grundrechte. Ganz so, als hätte sich die deutsche Gesellschaft daran gewöhnt, dass die Regierenden Grundrechte nach Gutsherrenart entzieht oder zuteilt. Vielleicht im Glauben an eine wohlmeinende Gutsherrin?

Natürlich können Gerichte im Einzelfall in einem rechtsstaatlichen Verfahren Grundrechte einschränken, sowohl gegenüber Straftätern als auch im Rahmen einer bestellten Betreuung. Natürlich kann ein Staat auch den Notstand verhängen, wenn entsprechende Not herrscht. Doch wir erleben seit März 2020 ohne adäquaten Grund (auch eine neue ernste Krankheit ist kein adäquater Grund, solange es keine tödliche Seuche ist) Grundrechtseinschränkungen auf dem Verordnungsweg, während sich das Bundesverfassungsgericht mit Grundsatzentscheidungen dazu viel Zeit lässt.

Und nun – nach wochenlanger medialer Vorbereitung – haben die Länder-Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin gestern auch offiziell angekündigt, bei der Grundrechtszuteilung künftig danach zu unterscheiden, ob jemand gegen das Corona-Virus geimpft ist oder nicht. Während den Ungeimpften verschärfter Grundrechtsentzug angedroht wird, erklären die Regierenden von Bund und Ländern weiterhin treuherzig, dass es aber keine Impfpflicht geben würde.

Kein umwerbender, freundlicher Ton

Überlassen wir die juristische Bewertung der Grundrechtszuteilung nach Impfstatus den Juristen. Hier soll es um ein anderes erstaunliches Phänomen gehen. Die derzeit im Bund Regierenden gehören bekanntlich Parteien an, die sich – trotz dramatisch geschrumpfter Wahlergebnisse – immer noch als Volksparteien verstehen. Als sie das auch noch tatsächlich waren, war das mit dem Anspruch verbunden, möglichst in allen relevanten Bevölkerungsgruppen als potentieller Interessenvertreter präsent zu sein und dort um Mitglieder und Wähler zu werben.

Gestern nun haben Spitzenpolitiker von CDU, CSU und SPD auf der Pressekonferenz nach der Ministerpräsidentenkonferenz wieder einmal bewiesen, dass sie diesen Anspruch offenbar schon so lange beerdigt haben, dass sogar die Erinnerung an den Verblichenen scheinbar verflogen ist.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, der bayerische Ministerpräsident Söder und der Berliner Bürgermeister Müller (der einen schnell vergessen lässt, dass sein Amt offiziell als „Regierender Bürgermeister“ bezeichnet wird) beschäftigten sich auf besagtem Pressetermin vor allem mit den Ungeimpften und Impfunwilligen. Derer gibt es, so Müller aus Berlin, noch viel zu viele. Darin war sich die Runde einig und auch darin, dass mehr geimpft werden müsse. Reden wir jetzt einmal nicht von Sinn oder Unsinn der Impfung. Lassen wir es für den Augenblick dahingestellt, was die Damen und Herren der Regierung motiviert, so vehement um höhere Impfquoten zu kämpfen.

Doch egal wie man zu Impfung steht: Sechs Wochen vor einer entscheidenden Wahl würde man eigentlich gegenüber einem nicht ganz kleinen Teil der Bürger einen umwerbenden, freundlichen Ton erwarten, um niemanden zu verprellen. Keine der regierenden Parteien hat derzeit Umfragewerte, die nahelegen könnten, es käme auf ein paar Stimmen mehr oder weniger nicht an. Dennoch wurden die Ungeimpften nicht umworben, sondern sie sehen sich stattdessen mit massiven Drohungen zur Impfung genötigt.

Es wird ja wohl keinen Plan geben, Ungeimpfte an der Stimmabgabe zu hindern

Um wie Geimpfte Zutritt zu nahezu allen Innenräumen des öffentlichen Lebens zu erhalten, müssen sie sich künftig immer wieder testen lassen. Und obwohl sie der Staat zu diesen Tests verpflichtet, sollen sie selbige selbst bezahlen. Wenn ihnen das zu teuer wird, können sie sich ja einfach kostenlos impfen lassen, erklären die Regierenden.

Druck und Nötigung zur Impfung – das war die Botschaft für alle, die zögern, sich einen nur im Schnelldurchgang und kaum hinreichend geprüften Impfstoff injizieren zu lassen. Nicht nur die baldige Rechnung für Zwangstests wurde den Ungeimpften angedroht, sondern auch, dass ihnen selbst dieser Zugang zum öffentlichen und kulturellen Leben verbaut werden könnte, quasi durch einen Lockdown für Impfunwillige. Markus Söder sprach von der „Pandemie der Ungeimpften“.

Diese Ansprache wirkt – mitten in einer Wahlkampfzeit – so, als legten die regierenden Politiker auf die Stimmen von Ungeimpften keinen Wert. Oder haben sie im Eifer des Gefechts einfach nur vergessen, dass auch Nicht-Geimpfte wahlberechtigt und keinesfalls automatisch Nichtwähler sind? Es wird ja wohl kaum einen Plan geben, wie man Ungeimpfte an der Stimmabgabe hindert. So böse darf man von der Obrigkeit im Corona-Deutschland nun wirklich nicht denken. In den Parteispitzen der Regierungsparteien hat bestimmt einfach nur niemand daran gedacht, dass Nicht-Geimpfte auch Wähler sind. Spätestens jetzt dürften die regierenden Parteien auch jene unter den Impfunwilligen, die einfach nur selbst über ihren Körper bestimmen wollen, nachhaltig verloren haben. 

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