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Frankreichs Wahlkampf kreist um die Ukraine: Welcher Präsident für die Welt von morgen?

Published On: 1. März 2022 19:06

In Frankreich behält man einen kühlen Blick auf die Ereignisse in Osteuropa. Zugleich ist man auf sich selbst konzentriert, steht doch eine Präsidentenwahl an. Vor allem der rechtskonservative Kandidat Éric Zemmour weiß die aktuelle Situation in eine Botschaft zu verwandeln.

IMAGO / PanoramiC

Die Präsidentschaftskandidaten Eric Zemmour und Valerie Pecressenach einem Treffen mit dem Premierminister am 28.02.2022 in Paris

Der ehemalige Premierminister Édouard Philippe (inzwischen wieder Bürgermeister von Le Havre und Gründer der eigenen Partei Horizons) glaubt, dass der Ukraine-Krieg einen prägenden Einfluss auf den französischen Wahlkampf um die Präsidentschaft haben wird und dass darin folglich Diplomatie, Außen- und Verteidigungspolitik eine ungewöhnlich große Rolle spielen könnten. Die kommende Wahl erlaube es, den Chef der Diplomatie und den obersten Befehlshaber zu bestimmen, denjenigen, der „die Bündnisse Frankreichs konstruiert“. Den amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron sieht Philippe dabei in der Pole-Position, denn er habe ebenso Bündnisse in Europa aufgebaut und den Dialog mit Moskau aufrechterhalten. Zudem habe er das militärische Gerät erneuert, denn man lebe in einer „gefährlichen Welt“. Das weiß man in Paris nicht erst seit gestern.

In den nächsten Tagen muss Macron seine Kandidatur für die Präsidentschaft auch offiziell verkünden. Die Frist endet am 4. März. Die 500 Patenschaften von diversen Amtsträgern, vor allem Bürgermeistern, konnte er bereits sammeln, wo sich zumal die Konkurrenten Éric Zemmour und Marine Le Pen derzeit noch schwertun. Auch die Nicht-Kandidaten François Hollande und Michel Barnier erhielten übrigens Patenschaften. 500 Patenschaften haben heute die folgenden Kandidaten: der Linkssozialist Jean-Luc Mélenchon (FI), die Konservative Valérie Pécresse (LR), die Sozialistin Anne Hidalgo, der Grüne Yannick Jadot (EELV), zwei sehr linke Kandidaten und der Paradiesvogel Jean Lassalle mit seiner relativ neuen Bewegung Résistons!, mit der er sich unter anderem für das ländliche Frankreich einsetzt. Keiner der Linkskandidaten hat dabei eine Chance, in die zweite Runde zu kommen. Einige wie die rot-grün gesinnte Pariser Bürgermeisterin Hidalgo schaffen vielleicht nicht mal jene fünf Prozent, die ihr eine Erstattung der Wahlkampfkosten einbrächten.

Ein Zentrist unterstützt Le Pen: Starkes Signal für die Meinungsfreiheit

Nun kündigte der Vorsitzende des zentristischen Mouvement démocrate (MoDem) François Bayrou an, die 365 von seiner Partei gesammelten Unterschriften anderen „legitimen“ Kandidaten wie Marine Le Pen und Zemmour zur Verfügung zu stellen. Ja, er vergab seine eigene Patenschaft an Marine Le Pen. Dieser unerhörte Schritt habe eine „tiefe demokratische Bedeutung“, werde doch so der „Pluralismus der Meinungsäußerung“ sichergestellt. Macron hatte unlängst gesagt, er habe noch Ambitionen, was Frankreich und Europa angeht. Seine offizielle Kandidatur hatte er auch mit Verweis auf die „Gesundheitskrise“ und nun die Ukraine-Krise nach hinten verschoben. Auch darin zeigt sich sein Wille, als Krisenmanager wahrgenommen zu werden, nicht als Parteimann oder Ehrgeizling. Diesen Plan verfolgt er auch weiter, und der Krieg in der Ukraine könnte ihm dabei helfen.

An dieser Stelle ist nun mit sicherem Gefühl für die sich bietenden Chancen der Konkurrent Zemmour vorgestoßen. Im savoyischen Chambéry hielt er eine Wahlkampfrede, die ausgehend von der Ukraine-Krise die Stellung Frankreichs in der Welt behandelte. Am Tag darauf schlug er vor, zwei „Emissäre Frankreichs für den Frieden“ zu benennen, nämlich den ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy und den Ex-Außenminister Hubert Védrine. Die beiden Politiker entstammen gegensätzlichen politischen Familien: Républicain der eine, Sozialist der andere. Sarkozy hatte 2008 den Friedensvertrag zwischen Russland und Georgien verhandelt, Védrine gilt als Fürsprecher eines Dialogs mit Russland, der jüngst auch von einer Mitschuld des Westens am „Putin von 2022“ sprach, jenem „Monster à la Frankenstein“, dessen Kriegsentscheidung er allerdings als nur taktisch kritisiert. Es mangele ihm an Strategie.

Emmanuel Macron wird von Zemmour scharf kritisiert. Es sei dem amtierenden Präsidenten weder gelungen, eine Beziehung unter Gleichen mit Wladimir Putin aufzubauen, noch habe er es vermocht, der „Stimme Frankreichs“ Gehör zu verschaffen. Der Forderung Zemmours nach einer Entsendung Sarkozys schloss sich bald auch Valérie Pécresse an, die etwas abgesackte Kandidatin der konservativen Républicains. Sie wünscht sich den Ex-Präsidenten allerdings als „europäischen Vermittler für die Ukraine“. Ihre Forderungen gleichen denen Zemmours aufs Haar.

Zemmour: Sanktionen sind das falsche Mittel

In Chambéry erklärte Zemmour, warum er Wirtschaftssanktionen für das falsche Mittel hält. Sie behandelten nicht das grundlegende Problem: die Frage der Sicherheit in Europa. Zemmour verweist – hier Védrine aufnehmend – auf Henry Kissinger und Zbigniew Brzezinski, die beide seit Jahren eine zur Neutralität verpflichtete Ukraine vorschlagen.

Einen besonderen Spin verlieh Zemmour dem Geschehen im weiteren Verlauf seiner Rede, wenn er sagte: „Mit diesem Krieg werden die Grenzen schließlich als das wahrgenommen, was sie sind: unerlässliche Garanten der Freiheit, der Sicherheit und des Friedens.“ Er lässt keinen Zweifel daran, dass jedes Volk frei sei und seinen eigenen Weg wählen könne. Dazu müsse man allerdings die eigene Souveränität beschützen beziehungsweise wiederherstellen. Der nächste Präsident – hier ertönen Zwischenrufe: „c’est vous!“ („das sind Sie“) – müsse die Landesgrenzen wie einen „kostbaren Schatz“ beschützen und sowohl Armee als auch Polizei und Justiz stärken.

Die Welt, die auf uns zukommt, sei eine rauere als die bisher gekannte, eine Welt der starken Staaten und mächtigen Nationen. Zemmour sieht die Rückkehr der „von der Geschichte gedemütigten großen Reiche“: China, Russland, die Türkei. Sie alle verlangten ihre Revanche. Samuel Huntingtons Klarsicht habe über Francis Fukuyamas Illusionen obsiegt. Die ideologischen Rivalitäten, die religiösen Spannungen und die Kriege zwischen den Zivilisationen seien zurückgekehrt. Das sei auch die „Rückkehr der tragischen Geschichte“, erst auf dem Balkan, dann im Nahen Osten, nun in Osteuropa, morgen vielleicht in Taiwan, Kaschmir und Korea. Vor allem haben aber die westlichen Eliten, so Zemmour, diese Zeitenwende bisher verpasst. Sie passte nicht in ihre Denkgebäude.

Ihr geopolitischer Realismus eint Le Pen und Zemmour

Zemmour sieht vielfältige Krisen heraufkommen, vor allem solche der Migration, Wirtschafts- und Energiekrisen, und aus dieser Einsicht ergebe sich wiederum eine „Pflicht zur Macht“. Zemmour fordert, das Verteidigungsbudget bis zum Jahr 2030 auf 70 Milliarden Euro zu erhöhen. Er zitierte dazu eine alt-römische Weisheit: „Wenn wir den Frieden wollen, müssen wir unsere Armee stärken.“ Weder die Vereinigten Staaten von Amerika noch ein vereinigtes Europa – Buh-Rufe in Chambéry – könnten Frankreich in Zukunft schützen. Es gebe also auch eine „Pflicht zur Unabhängigkeit“.

Er kommt noch einmal auf den Ukraine-Konflikt zurück und fordert von einer französischen Regierung die Ablehnung der amerikanischen ebenso wie der russischen Hegemonie. In einem Friedensvertrag müssten ebenso die Grenzen der Ukraine als auch die Sicherheitsinteressen Russlands garantiert werden. Die fünf Mitglieder des UN-Sicherheitsrates müssten von Neuem miteinander sprechen. Die Selbstbezeichnung seiner Partei als „Lager des Friedens“ ist nicht ungeschickt, zumal wenn man bedenkt, dass Zemmour in Frankreich gerne als kampflustiger Polemiker angesprochen wird. Er hebt nun hervor, dass es ihm darum geht, friedlich leben zu können. Dazu seien ebenso Grenzen wie Armeen notwendig.

Auch Marine Le Pen rückte durch die Ukraine-Krise in den Mittelpunkt. Ähnlich wie Zemmour wurde sie für ihre vermeintliche Russland-Nähe gescholten. Doch sie mahnte auch, dass es nicht gut sein könne, einen bedeutenden Politiker oder gar ein ganzes Land zu verachten. 2017 hatte sie Putin getroffen, weil sie in ihm einen Alliierten gegen den Islamismus sah. Emmanuel Macron habe Ähnliches noch 2019 gesagt. Heute sieht sie Putin als „absolut rationalen“ Politiker, der jedoch Brutalität mit unerbittlicher Willenskraft verbinde. Bei Le Pen finden sich so Elemente jenes Realismus in geopolitischen Fragen, den auch Éric Zemmour anmahnt: Die verbliebenen oder neu aufsteigenden Weltmächte sieht sie als potenzielle Gefahren, aber auch als mögliche Verbündete.

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