studie-in-kindergaerten-in-spanien-zeigt-keinerlei-effekt-von-maskenStudie in Kindergärten in Spanien zeigt keinerlei Effekt von Masken
die-ukraine-als-neutraler-staat-wie-oesterreich?-eine-analyseDie Ukraine als neutraler Staat wie Österreich? Eine Analyse
mikrofaschismus-in-der-maske:-agent-smith-oder-neo?

Mikrofaschismus in der Maske: Agent Smith oder Neo?

Published On: 17. März 2022 12:25

Erleben wir das Aufkommen eines neuen Faschismus? Passt das Wort überhaupt noch? Mitnichten. Denn die Gesellschaft hat sich weiterentwickelt, die Begriffe des 20. Jahrhunderts sind nicht mehr hinreichend tauglich für das neue Zeitalter. Es gilt, ein altes Konzept aus der verstaubten Schublade der geistigen Vergangenheit hervorzuholen: Mikrofaschismus.

Erinnern Sie sich an „Agent Smith“ aus der Matrix? Im Mikrofaschismus sind wir alle potentielle Agenten Smith. Wie eben in der Matrix kann aus jedem einfachen Bürger in jeder Sekunde ein Agent des Staates und der sittlichen Ordnung werden. Sie tragen keine Maske? Jeder Mitbürger könnte die Abweichung von der Norm, das Nicht-Tragen der Maske, umgehend melden. Er wäre zum Agent Smith geworden.

Der möglicherweise Überwachte

Überwachungskameras an jeder Ecke tun ihr Übriges dazu. Auch diese funktionieren auf einer ähnlichen Ebene: Man weiß, man könnte überwacht werden. Man ist im Bild. Aber sieht auch jemand zu? Und wenn ja, handelt der Sicherheitsbeamte auch oder ist ihm meine Abweichung von der Norm schlicht egal, vielleicht, weil er selber die Maske nicht tragen will. Die herrschende Ordnung hat ihr Panoptikum installiert, und zwar gleich doppelt.

Bleiben wir beim Sicherheitsbeamten, der den unmaskierten Menschen auf der Überwachungskamera erblickt. Er will die Person eigentlich nicht aus dem Einkaufszentrum entfernen, denn er hasst die Maske selbst. Doch wenn es auffliegt, dass er „Maskenverweigerer“ ungestraft davonkommen lässt, fliegt er raus. Und zwar von seiner Arbeit. Lässt er den Abweichler davonkommen und missachtet er seinen Job, könnte im schlimmsten Fall sogar Existenznot drohen. Also macht er, was man als Offizier der öffentlichen Ordnung zu tun. Er schmeißt die Person raus.

Was ist Mikrofaschismus?

Jeder spielt seine eigene, spezielle Rolle in der spätkapitalistischen Gesellschaft, die einerseits so unscheinbar friedlich, doch auf dem zweiten Blick unfassbar brutal daherkommt. Der eine fliegt nur aus dem Laden, weil er die Maske nicht trägt, der andere fliegt aus dem Job, wenn er ihn nicht abserviert.

Der Begriff des „Mikrofaschismus“ kommt von zwei Querdenkern des 20. Jahrhunderts. Dem Philosoph Gilles Deleuze und dem Psychoanalytiker Felix Guttari. Die Bücher „Anti-Ödipus“ (1972) und „Tausend Plateaus“ (1980) verfassten die beiden Franzosen gemeinsam. In Letzterem, das den Untertitel „Kapitalismus und Schizophrenie“ trägt und auch zweifellos auch schizophren geschrieben ist, geht man unter anderem „Faschismus“ und „Mikrofaschismus“ an:

„Der Faschismus wird durch seine mikro-politische oder molekulare Macht gefährlich, denn er ist eine Massenbewegung: eher ein krebsbefallener Körper als ein totalitärer Organismus. Das amerikanische Kino hat diese molekularen Unruheherde oft gezeigt, den Faschismus der Bande, der Gang, der Sekte, der Familie, des Dorfes, des Stadtteils und des Autos, der niemanden verschont. Nur der Mikro-Faschismus gibt eine Antwort auf die allgemeine Frage: Warum begehrt das Begehren seine eigene Unterdrückung, wie kann es seine eigene Unterdrückung wünschen? Sicher, die Massen beugen sich der Macht nicht passiv; sie „wollen“ auch nicht in einer Art von masochistischer Hysterie unterdrückt werden; vor allem aber fallen sie nicht auf ein ideologisches Täuschungsmanöver herein.“[1]

Es macht keinen Spaß, mit FFP2-Maske durch den Supermarkt zu laufen (geschweige, damit zu arbeiten) oder sich alle paar Monate eine fragwürdige Spritze in den Oberarm zu jagen. Die wenigsten finden das lustig und stimmen diesem Wahn zu, glauben Sie mir.

Aber auch ganz allgemein und vor 2020: ein Leben immer höchst gesittet, immer so, wie es von einem verlangt wird, Kaffee nur am Vormittag, Bier nur in Gesellschaft, Drogen nie, Sex nur mit dem Partner, immer frisch frisiert, Urlaub im Ausland höchstens zwei Wochen im Jahr, die Rechnungen immer im Voraus bezahlen, Pizza beim Italiener und Döner beim Türken – so zu leben, ist stoisch-trist und nicht epikureisch-hedonistisch. Zwischenzeitliche Feste machen da keinen Unterschied.

Konstruiertes Begehren

Aber wie lässt man sich dann aktiv unterdrücken, trotz dieser Unlust? Denken wir an den Sicherheitsmann von oben: Indem er die Ordnungswidrigkeit ahndet, unterdrückt er sich auch selbst, legitimiert den Job, den er hasst. Man müsse dies über „Mikro-Gebilde“, auf „molekularer Ebene“ versuchen, zu verstehen, „die bereits das Verhalten, die Einstellung, die Wahrnehmung, die Antizipationen prägen“, meinen Deleuze und Guttari. Unser Begehren ist nie „undifferenzierte Triebenergie“, sondern schon über „komplizierte Montagen“ vemittelt, die ganze Ordnung, die ganze Herrschaft, hat sich in unser schizophrenes Tun-Wollen hineinverlagert. Es ist social engineered. Deleuze und Guttari sagten 1980, das Begehren, sei gepärgt „aus einem engineering mit vielen Interaktionen: eine ganz geschmeidige Segmentarität, die mit molekularen Energien umgeht und das Begehren eventuell schon dazu determiniert, faschistisch zu sein.“

Das gefährliche am Faschismus sind seine Mikro-Faschismen konstatieren sie dann. Und warnen bereits vor einer gefährlichen Tendenz eines „moralischen Antifaschismus“:

„Die Organisationen der Linken sind nicht die letzten, die ihre Mikro-Faschismen absondern. Es ist allzu leicht, auf molarer Ebene ein Antifaschist zu sein, ohne den Faschisten zu sehen, der man selber ist, den man unterstützt und nährt und an dem man selbst mit persönlichen und kollektiven Molekülen liebevoll hängt. […] [D]er Faschismus ist gerade wegen seiner Mikro-Faschismen so gefährlich, und die feinen Segmentierungen sind ebenso schädlich wie die härtesten Segmente.“[2]

Mikrofaschismus ist nicht Faschismus

Faschismus ist ein großes Wort, man sollte es auch nicht vorschnell benutzen. Man sieht einen Führer, Mussolini, Hitler. Eine Volksmasse dahinter, brodelnd und euphorisiert und zu (aus eigener Sicht notwendiger) offener Gewalt bereit. Es braucht eine Minderheit, die als Feind im Kampf für die gemeinsame Sache identifiziert werden kann. Im entfesselten Faschismus kann man die Masse auf die Minderheit so weit aufhetzen, dass es zu Pogromen und im schlimmsten Fall zu Genoziden kommt.

Noch ein paar andere Merkmale: uneingeschränkte Kontrolle über die Massenmedien und besessen von Sicherheitspolitik. Hat er sich letztlich durchgesetzt, gibt es keine Wahlen mehr, es kommt zur radikalen Verfolgung von Intellektuellen und Andersdenkenden, (gewerkschaftliche) Organisation werden verboten, Verbote und Strafen haben alle Bereiche des Lebens durchdrungen und werden schärfstens exekutiert.

Natürlich kommt einiges daran bekannt vor, doch im Faschismus leben wir hier (noch) nicht. Auch wenn die faschistische Ordnung in diesem Jahrhundert ohne große Führerfigur auskommen könnte.

Wo ist Neo?

Aber vielleicht ist es auch der Mikrofaschismus, um den wir uns sorgen müssen. Vielleicht hat der „freie Westen“, der sich Liberalismus und Demokratie auf die Fahnen schreibt, gerade ein mikrofaschistisches Problem und nicht so sehr ein Faschistisches. Vielleicht ist der Faschismus im System nicht so sehr in den Institutionen zu suchen, sondern in den Menschen selbst, die sich nicht nur unterdrücken lassen, sondern ihm oft auch noch „Bitte Vater Staat unterdrücke mich heftiger“ entgegenrufen.

Eine weniger bekannte Textstelle von Gilles Deleuze findet sich aus dem Jahr 1977. Er bespricht die Empörung und den öffentlichen Skandal rund um den Film „Schatten der Engel“, dem man Anti-Semitismus vorgeworfen hatte. Eine Debatte der „Cancel Culture“ in den 1970er-Jahre hatte sich entfacht. In seinem Kommentar zur Aufregung um den Film schreibt Deleuze dann zum „neuen Faschismus“ der Zukunft. Dort werde man aus uns allen Mikrofaschisten gemacht haben und nicht die „Politik und Ökonomie des Krieges“ wird die Ordnung stabilisieren, wie in früheren Zeiten, sondern „ein Friede, der genauso schrecklich wie der Krieg sein wird.“ Ein „globales Übereinkommen auf Sicherheit“ zum „Erhalt des Friedens“ wird den Krieg ersetzen. „Wir werden dazu aufgerufen werden, jedes verdächtige Gesicht, jede dissonante Stimme, in unseren Straßen, in unseren Nachbarschaften, in unseren örtlichen Theatern zu ersticken.[3]

Eine Welt, in der durch die Maskenpflicht jedes Gesicht verdächtig wurde, hat sich möglicherweise nicht einmal Deleuze ausmalen können. Ein fruchtbarer Boden für den Agenten Smith in uns. Deshalb braucht es Neo, den Superhelden der Matrix. Jedoch nicht nur einen, sondern viele davon.

Fußnoten:

[1] Gilles Deleuze / Félix Guattari: Tausend Plateaus. Kapitalismus und Schizophrenie. Berlin 1992, S. 293.

[2] Ebd.

[3] Gilles Deleuze: Der reiche Jude. Schizophrenie und Gesellschaft. Texte und Gespräche von 1975 bis 1995. Frankfurt/Main 2005.

Bild wikicommons

Thomas Oysmüller, Jahrgang 1990, ist freier Journalist arbeitete früher beim deutschen Onlineradio detektor.fm, einige Jahre bei zackzack.at und schrieb für kleinere Zeitungen.


Manifest gegen den Krieg

Anzeichen, dass der Krieg Teil des „Great Reset“ ist – Teil I


Categories: Peter F. MayerTags: , , , Daily Views: 1Total Views: 37
studie-in-kindergaerten-in-spanien-zeigt-keinerlei-effekt-von-maskenStudie in Kindergärten in Spanien zeigt keinerlei Effekt von Masken
die-ukraine-als-neutraler-staat-wie-oesterreich?-eine-analyseDie Ukraine als neutraler Staat wie Österreich? Eine Analyse