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Schäden im Wirtschaftskrieg

Published On: 21. August 2022 0:01

Veröffentlicht am 21. August 2022 von RL.

Zunehmende schädliche Folgen des Sanktionskriegs gegen Russland für Deutschland lösen Warnungen vor weiteren Verlusten bei einer Eskalation des Machtkampfs gegen China aus. Aktuelle Quartalsbilanzen zeigen, dass deutsche Konzerne wegen ihres Rückzugs aus Russland Milliardensummen verlieren; zudem schädigen exzessive Energiepreise und der drohende Erdgasmangel auch Privatpersonen in wachsendem Mass.

Sollte es zu einem Wirtschaftskrieg auch gegen China kommen, dann müsse mit tiefen Einbrüchen in der deutschen Wirtschaftsleistung gerechnet werden, heisst es in einer aktuellen Studie des Münchener ifo-Instituts. Experten warnen zusätzlich vor Risiken, die sich daraus ergeben, dass Deutschland bei unverzichtbaren Rohstoffen wie Lithium oder auch bei Batterien noch stärker von China abhängig ist als bei Erdgas von Russland.

Die European Chamber of Commerce in China weist zudem darauf hin, dass zahlreiche deutsche Konzerne auch bei Forschung und Entwicklung kaum noch ohne schwere Einbussen auf die Volksrepublik verzichten können. Ökonomen warnen vor Wohlstandsverlust – und urteilen, der Westen könne Wirtschaftskriege auch verlieren.

Folgen der Sanktionen

Neue Quartalsbilanzen deutscher Konzerne, anhaltend exzessive Energiepreise und die Aussicht auf gravierenden Erdgasmangel im Winter belegen die schädlichen Auswirkungen des westlichen Sanktionskriegs gegen Russland für die Bundesrepublik. Zuletzt gaben etwa Siemens und der Anlagenbauer Linde massive Einbussen wegen des Rückzugs aus Russland bekannt; Siemens musste dafür bislang 1,1 Milliarden Euro aufwenden, Linde allein im zweiten Quartal 2022 fast eine Milliarde US-Dollar.

Bei Linde sind zudem mehrere hundert Arbeitsplätze in Gefahr. Vor allem die Erdgaspreise steigen zur Zeit ungebrochen – mit gravierenden Folgen nicht nur für die Industrie, sondern besonders auch für Privatpersonen: Experten rechnen damit, dass die Erdgaskosten für ein durchschnittliches Einfamilienhaus mit einem Verbrauch von rund 20’000 KWh von bislang rund 1000 auf etwa 5000 Euro im Jahr steigen könnten.

Die sozialen Folgen liegen auf der Hand. Hinzu kommt, dass die Erdgasversorgung für den Winter immer noch völlig ungesichert ist. Zwar sind die Speicher in der Bundesrepublik inzwischen zu 75 Prozent gefüllt. Allerdings ist ungewiss, ob sie in den kommenden Wochen und Monaten ausreichend gesättigt werden können, um in der Heizsaison nicht leerzulaufen. Geschieht Letzteres, dann stünden herbe industrielle Verluste und vor allem schwere gesellschaftliche Spannungen bevor.

Teure Handelskämpfe

Angesichts der Schädigungen, die der Sanktionskrieg gegen Russland der Bundesrepublik einzubrocken beginnt, werden in wachsendem Mass Stimmen laut, die vor noch viel gravierenderen Folgen einer weiteren Eskalation des Machtkampfs gegen China warnen. So hat unlängst das Münchner ifo-Institut eine Studie vorgelegt, die unterschiedliche Szenarien eines eskalierenden Wirtschaftskriegs durchrechnet.

Das Institut weist darauf hin, dass die Analyse auf einem statischen Modell beruht und allerlei Unwägbarkeiten nicht berücksichtigen kann; die Prognosen über die zu erwartenden Verluste müssten daher «als Untergrenze» für die realen Schäden gelten. Bei einem umfassenden Handelskrieg zwischen den westlichen Staaten und China müsste die Bundesrepublik demnach mit dem Einbruch ihrer Wirtschaftsleistung um mindestens 0,76 Prozent rechnen.

Dehnt sich der Handelskrieg auf andere «autoritäre» Staaten aus, dann würde die deutsche Wirtschaftsleistung um 1,69 Prozent oder mehr kollabieren. Müsse die Produktion wegen des Machtkampfs aus China in die EU und in deren nähere Umgebung (Türkei, Nordafrika) zurückverlagert werden («Nearshoring»), sei mit einem Einbruch der deutschen Wirtschaftsleistung um mindestens 4,17 Prozent zu rechnen. Bei einer Rückverlagerung in die Bundesrepublik («Reshoring») müsse man sogar von einem Minus von 9,68 Prozent ausgehen.

Klumpenrisiken

Rät das ifo-Institut dringend dazu, derlei Einbrüche zu verhindern und deshalb auf einen offenen Wirtschaftskrieg zwischen dem Westen und China zu verzichten, so weist der neue Direktor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Guntram Wolff, darauf hin, dass in der realen Wirtschaftsentwicklung die vom ifo-Institut berechneten, durchaus gravierenden «Makroeffekte eines Handelskriegs mit China» gar nicht «entscheidend» seien: «Viel relevanter» sei «das Klumpenrisiko in gewissen kritischen Bereichen». Wolff nennt Halbleiter, Batterien sowie spezielle Rohstoffe.

Tatsächlich sind zur Zeit grosse Teile der globalen Lithiumproduktion in China konzentriert; die Volksrepublik kontrolliert zumindest zwei Drittel des Weltmarkts (german-foreign-policy.com berichtete). Die deutsche Abhängigkeit bei dem Rohstoff, ohne den die Energiewende unmöglich ist, ist demnach grösser als die Abhängigkeit der Bundesrepublik von russischem Erdgas.

Ähnlich verhält es sich bei der Produktion von Elektroautobatterien: Sechs der zehn weltgrössten Hersteller haben ihren Hauptsitz in der Volksrepublik, darunter der Konzern CATL, der zur Zeit einen Weltmarktanteil von 34,8 Prozent hält. Fiele bei einer Eskalation des Konflikts zwischen Beijing und Taipeh der taiwanische Chiphersteller TSMC – Nummer eins weltweit – aus, dann kollabierte auch die Halbleiterversorgung im Westen.

«Wissens-Pipeline» aus China

Schliesslich kommt noch hinzu, dass der chinesische Markt für bedeutende Konzerne und Branchen unverzichtbar ist – und dies nicht nur wegen seiner Grösse. Volkswagen etwa setzt schon heute mehr als 40 Prozent seiner Autos in der Volksrepublik ab; auch Daimler und BMW verkaufen dort rund ein Drittel ihrer Neuwagen. Davon abgesehen nimmt auch die Bedeutung des Landes in Forschung und Entwicklung rasant zu.

Dies liegt daran, wie eine unlängst publizierte Untersuchung der European Chamber of Commerce in China sowie des Berliner Think-Tanks MERICS zeigt, dass es in der Volksrepublik nicht nur qualifiziertes Personal in grosser Zahl sowie viele High-Tech-Kooperationspartner gibt, sondern dass auch Forschungs- und Entwicklungsergebnisse in hohem Tempo angewandt und neue High-Tech-Produkte von einem äusserst innovationsfreudigen Publikum mit starkem Interesse aufgenommen werden.

Die Untersuchung belegt, dass 45 Prozent aller befragten Firmen ihre in China erzielten Forschungs- und Entwicklungsergebnisse in gewissem Masse für ihre globale Tätigkeit nutzen, 55 Prozent sogar in starkem Mass. Sei Deutschland mit Russland quasi durch «eine Energie-Pipeline» verbunden, so hänge es an China mittlerweile mit einer «Wissens-Pipeline», erläutert der Präsident der European Chamber of Commerce in China, Jörg Wuttke: «Wer sich aus dem chinesischen Markt herauszieht, schadet sich selbst.»

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